Die Zweierbeziehung
als eine eventuell notwendige und sinnvolle Durchgangsphase akzeptieren. Wichtig scheint mir aber, dass sie dem Partner klarmacht, dass sie bei allem Verständnis und aller Nachsicht auf der Einhaltung oder Wiederherstellung einer klaren ehelichen Struktur bestehen wird, sonst werde sie die Ehe als gegenstandslos auflösen. Der Versuch, sich mit der außerehelichen Beziehung einzurichten und sich abzufinden, führt meist zu Konfusionen, Überforderung, verleugneter Eifersucht, Selbstzweifel und Degeneration der Ehe. Es wird damit die eheliche Strukturregel verletzt, was im Allgemeinen nicht mit einer einigermaßen glücklichen Ehe vereinbar ist. Ich werde aber unter ehelichen Dreiecksbeziehungen Fälle beschreiben, wo die Einbeziehung einer Geliebten die für alle Beteiligten akzeptabelste Lösung bildet.
Oft kommt es aus der beiderseitigen Ambivalenz, ob man sich trennen soll oder beieinanderbleiben will, zur Eifersuchts-Untreue-Kollusion, wo jedes das andere zu Reaktionen provoziert, die trennen und gleichzeitig zusammenhalten.
Für die Frau ist diese Phase in mancher Hinsicht schwieriger als für den Mann. Die Kinder entwachsen ihr, sie sieht keine lohnende Aufgabe mehr vor sich, sie kann sich zwar wieder einer Berufstätigkeit zuwenden, die aber oft eher den Charakter einer Beschäftigung hat, da sie darin bei weitem nicht denselben Status erringen kann wie der Mann, der seine Karriere über 20 bis 30 Jahre systematisch aufbauen konnte. Oder sie beginnt eine berufliche Aus- und Weiterbildung und muss dabei ganz unten anfangen, in Kursen, deren Teilnehmer altersmäßig eventuell ihre Kinder sein könnten. Dazu kommt, dass sie körperlich in dieser Phase als weniger attraktiv betrachtet wird als der Mann und auch die körperlichen Veränderungen des Klimakteriums, insbesondere der Verlust der Menstruation, ihr ein Gefühl des Verblühens geben. Es besteht die Gefahr, dass sie verbittert feststellen wird, ihre besten Jahre der Familie geopfert zu haben, die sich jetzt auflöst. Die Kinder verlassen sie, der Mann missachtet sie, sie fühlt sich allein. Manche Frauen allerdings empfinden in dieser Lebensphase eine Belebung: Endlich können sie sich frei zu Tätigkeiten fühlen, die ihnen durch die Auferziehung von Kindern versagt waren. Beglückt über die gewonnene Freiheit engagieren sie sich in einer Berufsarbeit.
Die Gleichwertigkeitsregel ist in dieser Phase extrem gestört. Der Mann steht im Zenit seines Erfolges, während die Frau oft mit leeren Händen dasteht und sich aller Dinge beraubt fühlt, die ihr zuvor Inhalt und Status verliehen haben. Die eheliche Beziehung wird schief und droht zu degenerieren, weil die Frau in der dyadischen Dynamik nicht mehr als ebenbürtiger Partner mitspielen kann. In ihrer benachteiligten Position wird sie es schwer über sich bringen, ihren Mann in seinem Glanz neidlos zu bestätigen. Vielmehr möchte sie ihrer Wut und Enttäuschung ein Ventil schaffen, gerade dazu fehlen ihr aber alle Möglichkeiten, weil es dem Mann in diesem Alter meist ein Leichtes ist, auf eine Geliebte auszuweichen, die ihn wegen seiner «bösen und unverständigen» Frau bemitleidet.
Der Stellenwert des «gemeinsamen Selbst» reduziert sich. Gleichgeschlechtliche Freundschaften werden wieder wichtiger. Der Männerkreis wird stark durch die verbindende Thematik der unglücklichen Ehe zusammengehalten. Man klagt sich gegenseitig über die saure Alte, die man zu Hause hat, und schwärmt von der Geliebten, die frischen Wind ins Leben bringt, man schmort in Selbstmitleid und Nostalgie, in Tragik und Weltschmerz, vermischt mit zynischem und lausbübischem Humor. Man hat eine gewisse distanzierte Weisheit gewonnen, sieht die Komplexität des Lebens, die Fragwürdigkeit des geraden, zielgerichteten Weges, man ist melancholisch und gleichgültig, gerät ins Trinken, eventuell in berufliche Fehlschläge. Auch die Suizidrate nimmt in diesem Alter deutlich zu.
Frauen treffen sich ebenso vermehrt untereinander, um sich ihr Leid zu klagen. Sie sind meist echter verzweifelt und verbittert, da sie mehr unter dem Ehezerwürfnis leiden, in ihrer äußeren Abhängigkeit durch das drohende soziale Abgleiten des Mannes stärker tangiert werden und sich häufig vom Mann Rücksichtslosigkeiten gefallen lassen müssen, die sie sich nicht leisten könnten.
Häufig wird in dieser Situation auf Betreiben der Frau ein Eheberater oder Psychotherapeut aufgesucht. Die Frau hofft, damit den Mann in den ehelichen Hafen
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