Die Zweierbeziehung
abrisshafte Darstellung der Entwicklungsphasen der Ehe, wie er häufig vorkommt. Selbstverständlich gibt es viele Abweichungen davon. Auch habe ich die eheliche Untreue so behandelt, als ob sie beim Mann die Regel wäre, bei der Frau dagegen nicht vorkäme. Die Vielfalt des Lebens lässt sich nicht in so wenigen Seiten einfangen. Die Darstellung soll lediglich darauf hinweisen, wie die Ehe ein Drama in verschiedenen Akten ist, ein Drama voller Spannung, voller Glück und Unglück, voller Hoffnung und Enttäuschung, kurz, dass die Ehe Leben ist und somit notwendig und unumgänglich mit Konflikten, Spannungen, Krisen und Auseinandersetzungen verbunden. Jede Lebensphase und damit auch jede Ehephase schafft neue äußere und innere Bedingungen, an die sich anzupassen schwierig ist. Manche erfahren diese Krisen als Bereicherung, manche sind davon überfordert. Wenn die Partner aufgrund früherer, meist bis in die Kindheit zurückreichender Beziehungsstörungen in der Verarbeitung solcher Konflikte behindert sind, können diese Probleme zu tiefen, vom Paar nicht zu bewältigenden Ehekrisen führen. Mit solchen tieferliegenden Ehestörungen befassen sich die folgenden Kapitel.
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4. Einführung in das Konzept der Kollusion
Ehe- und Partnerkonflikte gehören zu den häufigsten Anlässen, die zur psychotherapeutischen Behandlung führen. Sie beanspruchen einen Großteil der alltäglichen psychotherapeutischen Arbeit. Erstaunlicherweise wurde aber erst in den letzten Jahrzehnten in den angelsächsischen Ländern und in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum begonnen, Ehekonflikte umfassender zu erforschen und zu behandeln. Manche Therapeuten glauben sich von der Durchführung einer Ehetherapie überfordert, die von ihnen verlangen würde, ins Unbewusste nicht nur eines, sondern gleich zweier Individuen einzudringen. Dieses Unternehmen strapaziert tatsächlich das Fassungsvermögen des Therapeuten. Ich glaube aber, dass die Situation durch folgende Beobachtung wesentlich vereinfacht wird: Das Paar trägt seine Konflikte meist in der unablässigen Variation eines gleichbleibenden Themas vor. Die alltäglichen Begebenheiten, die zum Streit führen, drehen sich fortwährend um ähnliche «Grundmelodien». Wenn wir von den akzidentiellen Umständen abstrahieren, so ergibt sich für den Paarkonflikt eine meist engumschriebene Grundthematik, die das betreffende Paar beunruhigt. Diese den Partnern gemeinsame Grundthematik bildet ein
gemeinsames Unbewusstes.
Die Vereinfachung unserer Arbeit in der Paartherapie liegt darin, dass wir uns für die Ehetherapie auf diesen gemeinsamen Nenner beschränken und viele Bereiche des Unbewussten, die nicht in den Paarkonflikt verwoben sind, außer Betracht lassen können. Das Zusammenspiel der Partner aufgrund dieses gemeinsamen Unbewussten bezeichne ich – in Anlehnung an H. D ICKS (s. S. 76) – als
Kollusion.
Es wird im Wesentlichen das Thema dieses Buches bilden.
Es gibt ganz verschiedene therapeutische Zugangswege zu Paarproblemen. Ich möchte in etwas vereinfachter Weise darstellen, was die Psychoanalyse bis vor kurzem, die Familientherapie in ihrem Anfangsstadium und die moderne Kommunikationstheorie von einem Eheproblem in erster Linie herausarbeiten und was mit dem Konzept der Kollusion von einem Ehekonflikt erfasst werden kann.
Die
Psychoanalyse
ging lange Zeit fast ausschließlich vom Individuum als Gegenstand ihrer Untersuchungen aus. Man vertiefte sich in dessen unbewusste Vorgänge. Äußere Konflikte und als solche konkrete Partnerkonflikte wurden fast nur insofern als relevant betrachtet, als sie vorgebildete, verinnerlichte Konflikte zu aktivieren vermochten. Die Beziehungen zu konkreten Partnern wurden von den inneren Objekten her untersucht, das heißt von den in früheren Erfahrungen und Erinnerungen gebildeten individuellen Beziehungsmustern. Das Subjekt oder Individuum sei aufgrund belastender Erfahrungen in der frühen Kindheit in konflikthafte Beziehung mit den äußeren Objekten, das heißt Partnern, geraten. Den Psychoanalytiker beschäftigte dabei wenig, wie dieser Partner wirklich sei. Die realen Beziehungen mit der Umgebung wurden nicht als das Determinierende gesehen. Die Objektbeziehungen sollten vielmehr hauptsächlich auf der Ebene der Phantasien untersucht werden, da man davon ausging, dass die Phantasien das Erfassen des Realen und die Handlungen, die daran knüpfen, bestimmen.
Die psychologische Einbahnstraße des Subjektes in
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