Die Zweierbeziehung
Hysterophilen, selbstbestätigende Projektionen auf sich zu lenken, komplementär. Mit ihren Projektionen pumpt die Hysterika den Mann auf. Sie behält das Ventil jedoch dauernd in der Hand im Bedürfnis, seine Größe jederzeit regulieren und nötigenfalls auch wieder zusammenschrumpfen lassen zu können. Der aufgeblasene Mann als Projektionsträger fühlt sich gehoben in seinem gewonnenen Volumen.
Meist geht dieser Glückszustand der hysterischen Ehe aber in Enttäuschung über. Der Selbstwertzuwachs des Mannes ist projektiv hochgespielt. Seine früheren Selbstzweifel machen sich wieder bemerkbar. Gebieterisch meldet sich sein früheres Bedürfnis nach passiver kindlicher Geborgenheit bei einer schützenden Mutter. Solche Regressionsansprüche werden von ihm verdrängt und von der Frau mit Entschiedenheit abgewiesen. Sie kann und will dem Mann gegenüber keinerlei mütterliche Funktionen übernehmen. Sie hat sich nun mal für die kindlich schwache und schonungsbedürftige Position entschieden. Wie aber der Mann unter seinem Anspruch nach ritterlicher Größe zusammenbricht, wird er zum Anlass von Spott und zorniger Verachtung der Frau. Sie ist enttäuscht und überschüttet den Mann mit Vorhaltungen. Er aber setzt sich dagegen nicht zur Wehr, sondern unterstützt und bestärkt die Frau in ihren Vorwürfen. Er schämt sich seiner Schwäche und empfindet die Verachtung der Frau als gerechte Strafe für sein Versagen. Aus seinem Zwiespalt, eine unerschöpfliche, anspruchslose Mutter zu sein, und dem Bedürfnis, sich passiv bemuttern zu lassen, resultiert häufig tölpelhaftes Benehmen. Er ist zwar willig, weiterhin ritterliche und helfende Funktionen zu übernehmen, aber in einer Weise, die gleichzeitig die Frau zwingt, den Mann wie ein Kind zu überwachen und ihn seinem Strafbedürfnis entsprechend zu schelten. Die schmarotzerhafte Lebensart der Frau beginnt ihn zunehmend auszulaugen. Er verfällt lähmender Lethargie und Passivität. Alles ist auf Vermeiden von Auseinandersetzungen und auf Ausweichen vor Konflikten ausgerichtet.
Dieses Verhalten des Mannes ist nun aber das Schlimmste, was der hysterischen Frau passieren kann. Sie ist in ihrem Selbstgefühl auf die pausenlose Auseinandersetzung mit der Umgebung angewiesen. Temperamentvollen Hass und Ablehnung erträgt sie leichter als Nichtbeachtung und Reaktionslosigkeit. Um den Mann in Bewegung zu bringen, beschimpft sie ihn, stellt ihn öffentlich bloß, versucht ihn zu Eifersuchtsreaktionen zu reizen usw.
Der Mann wird wohl eifersüchtig, aber dadurch keineswegs aktiviert. In steter Verteidigungshaltung pocht er darauf, im Recht zu sein, und versucht der Frau in langatmigen Belehrungen seinen Standpunkt darzulegen. Gerade ihre Beziehung zu Liebhabern beweist ihm, dass sie ohne ihn moralisch verkommen würde. Seine «Heiligenhaltung» bringt die Frau oftmals in Wut. Der Mann quält sie mit seiner unendlichen Duldsamkeit und erzeugt damit in ihr nicht nur Schuldgefühle, sondern lässt sie letztlich mit ihrem Konflikt an sich abprallen und ihre Ohnmacht spüren. Seine Haltung ist: «Schaut mal, was ich alles aushalten kann.» Die Umgebung und damit auch viele Ärzte und Psychotherapeuten stellen sich meist auf die Seite des Mannes, den sie wegen des schweren Schicksals, das ihm von seiner Frau bereitet wird, bemitleiden. Die Behauptungen der Frau, der Mann sei ein gemeiner, heuchlerischer Sadist, werden kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen. Der genauere Einblick in die Verhältnisse bestätigt jedoch häufig den ausgesprochenen Masochismus und verkappten Sadismus dieser passiv-femininen Männer.
Sexuell leben diese Paare meist wie in einer Geschwisterehe. Die Frau äußert Ekel vor den täppisch-linkischen Annäherungen ihres Mannes. Meist schaudert sie überhaupt bei jeder Berührung durch ihn zusammen. Wenn sie sexuelle Beziehungen über sich ergehen lässt, fühlt sie sich als Dirne, weil sie keinerlei Liebe für den Mann empfinden könne. Sie beklagt sich auch über die mangelnde sexuelle Aggressivität des Mannes, dabei hat das Gefühl, die sexuelle Funktionsfähigkeit des Mannes beliebig manipulieren zu können, eine wichtige Rolle bei ihrer Partnerwahl gespielt. Der hysterophile Mann erträgt die oft totale Frustration, ohne zu klagen. Häufig beginnt er an Potenzstörungen zu leiden. Er wird nicht selten deswegen von seiner primär frigiden Frau verspottet und verhöhnt, was sein Selbstvertrauen in seine Potenz vollends erschüttert. Die Frau verhält
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