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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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Selbstverlust gefürchtet wird. Sexuelle Ablehnung kann auch oral begründet sein, weil man sich pflegerisch für den Partner verausgabt hat und ihm nichts mehr zu geben vermag, oder anal, weil man den Partner durch Samenretention quälen will.
    Das Anliegen des Kollusionskonzeptes ist, einen Beitrag zur differenzierteren Sicht von Ehekonflikten zu leisten und nicht zu deren Schematisierung und Schablonisierung. Die Kollusionsmuster sollen Orientierungshilfen sein und nicht den Charakter eines Pflanzenbestimmungsbuches oder eines Kochbuches haben. Sie sollen helfen, in der Ehetherapie thematische und dynamische Akzente zu setzen.

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6. Das unbewusste Zusammenspiel in der Kollusion Zusammenspiel in Kollusion der Partner
    In den vorangegangenen Kapiteln versuchte ich das Zusammenwirken zweier Partner in der Ehe konkret anhand typischer Kollusionsmuster darzustellen. Im folgenden Kapitel möchte ich die diesen Konfliktthemen gemeinsamen psychodynamischen Prinzipien klarer herausarbeiten.

6.1. Die intraindividuelle und interindividuelle Balance Balance, intraindividuell, interindividuell
    Jedes der vier Kollusionsthemen, nämlich das Thema Liebe als Einssein, Liebe als Einander-Umsorgen, Liebe als sicherheitspendende Abhängigkeit oder Liebe als männliche Bestätigung, hat einen regressiven und einen progressiven Aspekt. Im Themenkreis der narzisstischen Kollusion bezeichne ich als das regressive Extrem die Vorstellung, dass man sich ganz für den Partner aufgeben und von ihm ein besseres Selbst entlehnen könne, und als das progressive Extrem die Vorstellung, dass der Partner sich ganz für einen aufgebe und man durch diesen Zuwachs in seinem Selbst erweitert und aufgewertet werde.
    Im Themenkreis der oralen Kollusion mit dem Thema Liebe als Einander-Umsorgen bezeichne ich als regressives Extrem die Vorstellung, dass man sich vom Partner ohne Gegenleistung verwöhnen, stützen und pflegen lassen könne, und als progressives Extrem die Vorstellung, dass man im Pflegen des Partners zur aufopfernden Mutter und zum heilenden Retter werde.
    Im Themenkreis der anal-sadistischen Kollusion mit dem Thema Liebe als sicherheitspendende Abhängigkeit sehe ich das regressive Extrem in der Vorstellung, sich der Führung des Partners passiv zu unterziehen und sich ganz von ihm abhängig zu machen, und das progressive Extrem in der Vorstellung, den Partner ganz von sich abhängig zu machen und ihn zu führen.
    Im Themenkreis der phallischen Kollusion mit dem Thema Liebe als männliche Bestätigung liegt die progressive Phantasie in der Vorstellung, der Mann habe sich überall als Held zu bewähren, die Frau dagegen habe ihn – regressiv – in seinen Leistungen zu bewundern.
    In einer Partnerschaft ist jedes Individuum von diesen Themenkreisen berührt, und zwar sowohl vom regressiven wie vom progressiven Aspekt.
    Der gesunde Zustand liegt im freien Nebeneinander von regressiven und progressiven Phantasien und Strebungen. Jeder möchte mal verwöhnt und umsorgt werden, sich passiv führen lassen, sich in verantwortungsfreier Abhängigkeit einem Partner anvertrauen und sich stolz mit ihm identifizieren können. Bei jedem sind die Vorstellungen passiv regressiver Befriedigung auch mit Ängsten vor Unterlegenheit und Frustration verbunden. Jeder möchte andererseits durch die Partnerschaft in seiner Autonomie, Selbstentfaltung und Identität gefördert und bestätigt werden. Jeder ängstigt sich aber auch, sich mit der Verfolgung dieser Ziele zu übernehmen.
    Nun kann es sein, dass ein Individuum aufgrund unbewältigter Konflikte in seiner früheren Lebensentwicklung von gewissen Aspekten dieser Themenkreise in besonderem Maße belastet ist, sodass es – konfrontiert mit einer konkreten Partnerbeziehung – für sich nur die Verhaltensmöglichkeit des einen Aspektes anstrebt und die des Gegenaspektes ablehnt und meidet. Es kann zum Beispiel sein, dass ein Mann sich als Kind dauernd von den Wünschen seiner Mutter bestimmt fühlte, sodass er sich eine Partnerschaft nur unter der Bedingung vorstellen kann, dass er sich dem Partner überhaupt nicht anzupassen hätte und sich der Partner ganz nach ihm richten und sich für ihn aufgeben müsste.
    Oder ein früheres Heimkind wurde in seiner Kindheit in seinen Bedürfnissen so stark frustriert, dass es in die Partnerschaft mit einem großen Nachholbedarf eintritt, sich verwöhnen lassen möchte, ohne selbst dem Partner irgendetwas geben zu müssen. Oder ein Mann,

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