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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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resultiert aus einer partner- und situationsgebundenen Umstrukturierung, in der bisher Latentes manifest und zuvor Manifestes in den Hintergrund tritt.
    In der sozialpsychologischen Forschung (zitiert nach Argyle) wurde mit anderen Experimenten nachgewiesen, dass das Verhalten je nach Beziehungsperson beträchtlich variiert. Jeder Mensch hat verschiedene Verhaltensstile oder Unterpersönlichkeiten. Zwei Menschen können auf mehr als eine Weise Beziehungen zueinander aufnehmen. Das Problem, kompatible, passende Interaktionsstile zu finden, hat durch die verfügbaren Unterpersönlichkeiten mehrere Lösungen. Aber auch für die Dyade gibt es je nach Situation mehrere verschiedene Gleichgewichtszustände. Dyaden können in manchen Situationen kompatibler sein als in anderen. Die Untersuchungen von HEIDER und von NEWCOMB (zit. WIENOLD ) ergeben, dass zwei Personen dazu neigen, sich in ihrem Verhalten und in ihrer Orientierung und Einstellung einander anzugleichen, was ihnen ein positives Freundschaftsgefühl gibt. Abweichungen in Einstellungen und Wahrnehmungen setzen die Dyade unter Stress. Nach WIENOLD wird sich ein Individuum zu einem anderen Individuum umso mehr hingezogen fühlen, je mehr es in seiner Selbsteinschätzung durch das andere bestärkt und erhöht wird.
    Vergegenwärtigen wir uns, was abläuft, wenn wir in eine neue Umgebung eintreten und dort ein neues Beziehungsnetz aufbauen. Es setzt ein intensiver Anpassungsvorgang ein, in dem wir die neue Umgebung abtasten, welche Definition unseres Selbst sie zulässt und welche sie ausschließt, und in dem die Umgebung darauf achtet, welche Definitionen ihres Selbst wir ihr erteilen. L AING (1973) sagt: «Jede Beziehung bedeutet eine Definition des Selbst durch den Anderen und des Anderen durch das Selbst» (S. 88). So kann es zum Beispiel sein, dass man in einem Haus zu Gast ist, wo die Frau einen unter die Fittiche nimmt und einem keine andere Verhaltensweise zugesteht als diejenige eines passiven unselbständigen Kindes. Vielleicht wird man es genießen, sich einmal so verwöhnen und umsorgen zu lassen, auch wenn man diese Haltung sonst im Leben nicht einnimmt. Wehrt man diese Beziehungsform aber ab, so wird man sich nur für eine begrenzte Zeit und in begrenztem Maße diese Rolle auferlegen lassen.
    Am wohlsten wird man sich in einer Umgebung fühlen, wo man sich so gesehen und akzeptiert fühlt, wie man sich selbst sieht oder gerne sehen möchte.
    Bei der Partnerwahl laufen nun dieselben Vorgänge auf Gegenseitigkeit ab. Wenn sich zwei Partner erstmals treffen, so setzt ein intensiver Prozess gegenseitiger Selbstdefinitionen ein. Meist spürt man schon auf den ersten Blick, ob eine nähere Begegnung überhaupt infrage käme. Man kann diesen Vorgang gemäß W ATZLAWICK , B EAVIN und J ACKSON als einen Austausch von Ich-Du-Definitionen betrachten.
    Dieses gegenseitige Abtasten auf Ansprechbarkeit findet in großer Dichte statt, während man scheinbar über irgendwelche Belanglosigkeiten wie Wetter, Ferienerlebnisse oder Äußerlichkeiten spricht. Der Inhalt des Gespräches mutet als Vorwand an, um eine Fülle von paraverbalen und nichtverbalen Ich-Du-Definitionen auszutauschen.
    So etwa in folgenden (konstruierten) Partygesprächen:
    A: Welch ein Wetter!
    B: Tatsächlich, da müsste es herrlich sein in den Bergen.
    A: O ja, die Berge, phantastisch! Sind Sie Bergsteiger?
    B: Ich bin passionierter Kletterer.
    A: Kletterer – puh, da wird mir ganz angst. Ja sind Sie schwindelfrei?
    B: Ach, das ist leicht zu überwinden, das hat man nur am Anfang.
    A: Das finde ich großartig, Klettern ist ganz prima. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich es auch tun.
    B: Wissen Sie, mit einiger Übung ist das ganz ungefährlich.
    A: Das muss faszinierend sein. Ehrlich gestanden – schon seit vielen Jahren hätte ich Lust zu einer Hochgebirgstour, aber eben, man müsste dazu einen Führer haben, dem man sich ganz anvertrauen kann. Glauben Sie, dass auch Frauen ihre Angst dabei verlieren?
     
    Es findet also bereits in diesem kurzen Gespräch eine Rollenpolarisierung zwischen «männlichem» Führer und haltsuchender Gefolgin statt.
    Anders verhält es sich in folgendem Gespräch:
    A: Welch ein Wetter!
    B: Tatsächlich, da müsste es herrlich sein in den Bergen.
    A: Sind Sie Bergsteiger? Ich gehe lieber reiten. Für mich gibt es nichts Schöneres, als so allein auf dem Pferd durch die Landschaft zu preschen …
     
    Hier ist die Frau eine Amazone und zeigt keinerlei Bedürfnis

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