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Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Titel: Die zweite Fahrt zur Schatzinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Leeson
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Ring herumzukommen und zurück zu meinen Freunden
zu gelangen. Rundherum wurden Wetten abgeschlossen.
    All die Rivalitäten vom Morgen
in der Halle der Kaufleute waren wieder lebendig geworden. Wer für den Squire
war, setzte sein Geld auf Daniel, wer für Argent war, setzte seine Guineen auf
Jem. Ich begann zu verstehen, warum Squire so liebenswürdig zu Argent gewesen
war. Er gedachte, seinen Einsatz zurückzubekommen. Alles gut und schön, dachte
ich, wenn Daniel die Strapaze aushalten kann.
    Ein Brüllen antwortete, als Jem
Daniel mit einem rechten Kinnhaken ins Wanken brachte, aber als er den nächsten
Schlag zu schnell folgen ließ, bekam er Knöchelsalat zu schmecken und spuckte
Blut. Das rief ein Gellen der Wut von seinen Anhängern hervor, doch die
Bravorufe für beide Männer waren lauter. Drei Runden vergingen, vier, fünf, und
in der Halbzeit kämpften sie weiter. Das Gras war zertrampelt und glitschig,
und sie rutschten wie auf Eis. Beiden standen Schweiß und Blut auf den
Schultern. In jedem stillen Augenblick hörte man ihren harten, schnellen Atem.
    Runde zehn kam und verging mit
dem Ruf „Kämpft weiter!“ Sie kämpften weiter, obwohl ich nicht glaube, daß sie
es hörten oder sich darum kümmerten.
    Inzwischen schlugen sie
einander fast bewußtlos. Aber sie droschen dennoch weiter, Fuß an Fuß gepreßt
umschlangen sie einander wie ein Liebespaar, das Kinn auf der Schulter des
Partners, den Mund mit Speichel und Blut verschmiert.
    Es muß in der einundzwanzigsten
oder zweiundzwanzigsten Runde gewesen sein, daß die beiden zur Wut und
Überraschung der Menge voneinander wegtraten und drei Schritte voneinander
entfernt standen, beim Atmen ächzten, hin und her schaukelten und auf den Füßen
schwankten. Hätte ein Kind sie angestoßen, wären sie wie Säcke umgefallen. Ein
Unentschieden in wortlosem Einverständnis. Ich dachte, sie würden beide Beifall
ernten. Sie hatten heldenhaft gekämpft, kein Augenausdrücken, kein Treten,
keine Nierenschläge. Aber nein, jemand in der Menge warf einen Erdklumpen, und
die Buhrufe begannen wieder.
    Mit mehr Mut, als ich ihm
zugetraut hätte, sprang der Grünbejackte auf und rief: „Ein Unentschieden, ein
guter Kampf. Zwei große Boxer, die einander ebenbürtig sind.“
    Dafür gab es Bravorufe, aber
auch Stimmen „Nein, Jem ist besser!“
    Doch Jem und Daniel hörten das
nicht. Aneinander gelehnt wankten sie auf die Seile zu und kletterten hinaus,
während ein Schauer von Erdklumpen und jetzt auch einige Steine innerhalb der Seile
niedergingen. Die Menge begann, wie Meereswellen hin und her zu wogen und den
Hügel hinabzuströmen. Ich hörte Mr. Argent dem Grünbejackten etwas zurufen, und
dieser Herr, der zweifellos innerlich zitterte, kletterte noch einmal durch die
Seile. Neben ihm war diesmal eine Frau, lang und dünn, nur mit einem langen
Unterrock bekleidet, den sie in der Taille wie ein Mann zusammengebunden hatte.
    „Molly Brindle, Molly Brindle!“
wurde gebrüllt.
    „Molly Brindle!“ gellte der
Grünbejackte mit gebrochener Stimme.
    „Molly Brindle fordert jeden
heraus, der mitmachen will.“
    Jetzt marschierte Molly Brindle
mit erhobenen Armen um den Ring, unter den frechen Bemerkungen derer, die am
nächsten standen, worauf sie mit passenden Gesten antwortete. Sie hielt die
Hände wie einen Trichter vor den Mund und rief: „Wer wagt es, Mann, Frau oder
Weder-Noch? Der arme alte Jem ist fertig. Aber so leicht schlagt ihr Molly
nicht!“
    Das Abschließen der Wetten, das
nachgelassen hatte, als Jem und Daniel sich zurückzogen, setzte jetzt wieder
ein, aber hitziger und mit höheren Summen. Aber wo war ein Herausforderer?
    Die hagere Molly ging noch
einmal langsam um den Ring und gestikulierte wilder, als hoffte sie, jemanden
in der Menge so in Harnisch zu bringen, daß er heraufkäme und kämpfte.
    „Nein!“
    Dieser Schrei kam, ohne daß ich
es wußte, von mir. Ich sah das Häubchen durch die Luft segeln und Molly mitten
im Fluchen treffen. Und ich wußte, was wenige um mich herum wußten, wem es
gehörte.
    „Nein — tu’s nicht!“
    Doch im nächsten Augenblick
hatte Betsy sich bis auf ihr langes rotes Unterkleid ausgezogen, durch die
Seile gezwängt und stand mit den Händen auf den Hüften vor Molly.
    „Wer bist du?“ fragte der
Grünbejackte.
    „Ich heiße Betsy!“
    „Wem gehörst du?“
    „Mir selbst.“
    „Oho, dir selbst?“
    Molly spuckte aus. „Geh nach
Hause, Mädchen, deine Mutter braucht dich.“
    Betsy spuckte

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