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Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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geachtet und wertgeschätzt zu werden um
    Ihretwillen.“
    Eva blitzte ihn an. Wolf befürchtete einen Schwall ihrer üblichen Bezeichnungen für ihn. Um dem möglichst entgegenzuwirken, blickte er sie offen und fest an. Eva verzog die Lippen. Nun schien es für Sekunden, als würde sie losweinen. Doch dann atmete sie tief durch und hob den Kopf etwas höher, als sie sagte.
    „ Dass ich überhaupt fähig bin, dies alles mit Ihnen zu besprechen, ist schon ungeheuerlich für mich. Ich versuche, Sie als Neutrum zu sehen, wenn ich mir nämlich bewusst mache, dass Sie ein Mann sind, könnte ich kein Wort mehr mit Ihnen über mich sprechen.“ 
    „ Wenn Ihnen das hilft, ist es in Ordnung.“
    Eva fuhr sich nachdenklich durchs Haar und sah aus dem vergitterten Fenster. Der Himmel war grau an diesem Sommerdienstag im August. Wolf wollte auf keinen Fall das Gespräch einschlafen lassen, wenn er auch sonst seinen Patienten immer Zeit gab, sich zu besinnen, nachzudenken oder auch mal zu schweigen. Er wusste, dass er sich selbst unter Druck setzte.
    „Es gibt eine Ursache, einen Beweggrund, warum Sie Ihren Mann umgebracht haben. Ebenfalls gibt es ein Motiv, das Sie daran hindern, es mit mir zusammen herauszufinden. Möglicherweise unbewusst. Meine Vermutung“, Wolf legte eine Pause ein, weil er spürte, wie seine Patientin sich emotional anspannte.
    „ Und?“, fragte sie angespitzt. Spucken Sie es schon aus.“
    „ Weil Sie sich dabei vielleicht an Dinge erinnern, die Sie für immer begraben haben. Begebenheiten, die zu schmerzhaft für Sie sind und womöglich auch niemand wissen soll oder darf.“
    Ihr Augen wurden dunkel, ihr Gesicht fahl. Wolf dachte, das war’ s, jetzt hast du es doch verbockt, deswegen räumte er sofort ein: „Sie wollten es doch wissen.“
    Eva öffnete den Mund, als wolle sie etwas erwidern. Wolf blickte sie an und wartete gespannt, was kommen würde. Aber Eva bot ihm ein ulkiges Bild. Hölzern, mit geöffneten Lippen, die keine Silbe herausbrachten, saß sie ihm gegenüber und schaute ihn dermaßen konsterniert an, dass er beinahe innerlich geschmunzelt hätte, wäre die Situation nicht so ernst. Er schien ins Schwarze getroffen zu haben. Das hatte sie wahrscheinlich nicht erwartet. Einen Moment zwang er sich, erst einmal weiterhin zu schweigen. Zum ersten Mal wünschte er sich während einer Therapie hellseherische Fähigkeit. Unerwartet entspannte sie sich und lehnte sich zurück. Also entschloss er sich, doch fortzufahren.
    „ Mutter“, sagte er spontan.
    „ Treppe“, antwortete Eva sofort und riss für einen Moment ungläubig die Augen auf.
    „ Claudius.“
    „ Fliegen.“
    Eva begann, heftig zu atmen. Ihr Gesicht bekam kleine rote Flecken.
    „Bleiben wir bei Claudius. Hängt er auch mit dem Wort Schuppen zusammen?“
    Eva setzte sich aufrecht, starrte aus dem Fenster. Ihre Augen verloren sich da draußen in der Ferne.
    „Wer ist Claudius?“, wiederholte Wolf seine Frage ruhig und mit sanfter, aber eindringlicher Stimme.
    Eva neigte ihm langsam ihren Kopf zu und sah ihn an. Wolf spürte, dass eine Veränderung in ihr vorging.
    „Claudius?“, flüsterte sie mit plötzlich kindlicher Stimme. „Der hat immer mit mir gespielt. Fangen und so, um den Tisch herum, durch die Wohnung.“
    „ Wie alt waren Sie da, Eva?“
    „ Sieben, sechs, ungefähr. Und wenn er mich dann gefangen hatte, hat er mich furchtbar gekitzelt. Überall hat er mich gekitzelt. Es war lustig. Ich habe immer vor Spaß geschrien. Manchmal blieb mir regelrecht die Luft weg und ich dachte, ich müsste ersticken, dann habe ich Angst bekommen. Aber ich habe nicht geweint.“
    „ Waren Sie da mit ihm alleine, wenn ihr gespielt habt?“
    „ Ja, wenn meine Mutter da war, hat er sich nicht so um mich gekümmert.“
    „ Haben Sie Claudius gemocht?“
    „ Anfangs schon.“ Sie schien sich einen Augenblick zu besinnen. „Ja, ja, sehr sogar.“
    „ Und später – Eva?“
    „ Bis zum Schuppen.“
    Sie wurde erneut unruhig und begann, heftiger zu atmen.
    „Was war mit dem Schuppen?“
    „ Es riecht moderig hier“, sie schnüffelte und rutschte vor bis zur Stuhlkante. „Riechen Sie das nicht? Es riecht moderig hier.“
    Wolf bemerkte, wie sich ihre Gesichtsfarbe ins Grünliche veränderte. Plötzlich sprang Eva auf und stürzte ins Bad. Erschrocken folgte Wolf ihr bis zur angelehnten Tür. Er hörte würgende Geräusche und sie sich mehrmals übergeben. Er trat ein. Rasch füllte er ein Glas mit Wasser und reichte es

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