Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
fotografierst und die Bilder an alte Böcke verscherbelst.
Richtig, Engelchen.
Nenn mich nicht Engelchen, da wird mir schlecht.
Ganz ehrlich, ich habe wirklich für einen Moment überlegt, ob ich das Geld nehmen und auf meine Seele pfeifen sollte. Aber ich habe es nicht fertiggebracht. Wenn ich ihn ansah, roch es moderig und mir wurde übel. Wir stritten uns. Erst, als ich drohte, ihn anzuzeigen trollte er sich. Ab da sah ich ihn lange nicht mehr. In der nachfolgenden Zeit lernte ich, meine Abneigung gegen das andere Geschlecht dahin gehend zu bezwingen, um bestimmte Dinge zu erreichen. Zum Beispiel, dass sie mir kauften, was ich mir nicht selbst leisten konnte, mich zu Kurzurlauben einluden und so einiges mehr. Claudius Haffner hatte einmal zu mir gesagt. Weißt du mein kleines süßes Engelchen, wenn du willst, dass dir ein Mann verfällt und alles für dich tut, dann lutsch ihm den Schwanz.
***
Wolf schaltete seinen PC aus, nahm seine Brille ab und rieb sich die brennenden Augen. Er überlegte, ob er seine Niederschrift über Eva Seitz ausdrucken oder noch warten sollte, bis er weitere Gedanken über sie hinzugefügt hatte. Nichts da, kurz entschlossen schaltete er den Computer aus und verfluchte sich dabei, seinem Prinzip, sonntags nicht zu arbeiten, untreu geworden zu sein.
Die alte Wohnzimmerstanduhr im Stockwerk über ihm gongte zwei Mal. In einer Stunde sollte er Anke vom Schießstand Bad Neuenahrs abholen, auf dem sie heute zusammen mit Peter Bender trainierte, Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft Bonn. Bender war schon eine gefühlte Ewigkeit ein guter Freund seiner Frau. Er hatte ihr seinerzeit den Schießsport schmackhaft gemacht. Seitdem war Anke wie er Mitglied im Sportschießclub. Wolf gestand sich erneut seine immer noch wühlende Eifersucht auf diesen Bender ein. Wenn er nur Anke nicht ständig so schmachtend ansehen würde.
Als Dr. Heinzgen den Waldweg hochfuhr, hörte er Schüsse durch die Luft peitschen, die den nahen Schießplatz ankündigten. In Gedanken richtete er sich einen Zeitplan ein. Sie wollten erst zum Friedhof und dann weiter nach Wesseling, Ankes Eltern besuchen. Er bog auf den Schotterparkplatz ein. Anke stand im Gespräch mit Peter Bender an seinem Auto, während Bender sie mit einem Blick bedachte, als würde er vor Sehnsucht dahinwelken.
„ Justizfuzzi“, murmelte Wolf und musste über sich grinsen.
Anke blickte ihm entgegen und winkte. Wolf parkte seinen Porsche scharf neben den beiden, stieg aus und schwang seinen Arm zur Begrüßung.
„Sie wird immer besser“, rief Bender ihm zu. Er war ganz in Jeans gekleidet und hatte seine braunen Haare unter einer sportlichen Schirmmütze versteckt. Man müsste noch mal dreißig sein, dachte Wolf unverhohlen neidisch.
„ Ja!“, bestätigte Anke übermütig und rieb sich protzend die Brust. „Ich schieße wie eine junge Göttin – genau in die winzig kleine schwarze Mitte.“
„ Pass auf“, scherzte Wolf, „Hochmut kommt vor dem Fall.“
Anke winkte ab. Sie schüttelte Peter Bender die Hand. „Bis Morgen dann.“
Bender nickte und lechzte seine Frau an, dass Wolf Stiche in der Brust fühlte und sein Magen krampfte. Schnell stieg er zurück ins Auto und startete. Anke sprang in den Wagen, als er schon anfuhr.
„ Hast du sie noch alle!?“, herrschte sie ihn aufgebracht an.
Schmollend warf sie ihre Tasche mit der Smiss & Wesson auf den Rücksitz.
„Sei vorsichtig, ich habe einen Waffenschein, das berechtigt mich zum Besitz einer Waffe.“
„ Aber nicht zum Schießen“, konterte Wolf.
„ Und wenn schon! Ich könnte in Versuchung geraten, sie doch zu benutzen, wenn du dich weiter so aufführst.“
„ Dieser Justizheini.“
„ Wortschatz Eva Seitz, was?“
Wolf schwieg. Der Wagen hoppelte den unebenen Waldweg entlang bis zur Straße, die auf die Autobahn führte.
„Wir machen einen kleinen Umweg“, beschloss Anke kurz vor der Ausfahrt Tannenbusch. „Fahr mal hier runter. Ganz in der Nähe hat Irmgard Maron gewohnt. Lass uns das Haus mal anschauen.“
Wolf stöhnte.
„Jetzt hab dich nicht so. Ich habe extra gewichtig über die Zeitung beim Einwohnermeldeamt angerufen, außerdem hätte ich gerne ein Foto von dem Haus.“
Wolf war sofort klar, dass der Sonntag nun anders verlaufen würde, als sie geplant hatten. Er schenkte es sich, ihr zu widersprechen, meinte stattdessen.
„Eva scheint komplett verdrängt zu haben, was mit ihrer Mutter passiert ist, sonst hätte sie nicht
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