Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
gestoßen worden?“, erkundigte sich Anke vorsichtig.
Frau Hanßen zuckte die Schultern.
„Vielleicht“, warf Wolf ein, „konnten sie einfach nicht verwinden, was passiert war und haben deshalb mit einer Anzeige gegen Unbekannt reagiert.“
„ Möglich“, meinte Frau Hanßen, „wer weiß, was in den Menschen vor sich geht, wenn das Schicksal zuschlägt. “
„ Es müsste doch Zeugen geben“, so Anke. Der Bahnhof war doch sicherlich brechend voll an dem Tag.“
Frau Hanßen hob die Schultern. „Die Polizei ist der Sache nachgegangen, ohne Erfolg.“
„Die Familie Bischoff“, erkundigte Anke sich, „wohnt hier in Bonn, oder?“
„ In Mehlem, da haben Sie damals gebaut, ganz in der Nähe, wo auch der Seniordoktor Seitz sein Haus hat.“ Frau Hanßen fuhr sich mit einer hastigen Geste über das Gesicht und stellte bedrückt fest. „Und jetzt hat es die Familie Seitz auch noch so schlimm getroffen. Jetzt ist auch ihr Kind tot. Wenn man bedenkt, zwei Familien, die schon ewig miteinander verbunden sind, erleiden auch beide noch das gleiche Schicksal, den tragischen Tod der Kinder.“ Frau Hanßen erhob sich. „Entschuldigen Sie, ich ... Es wird Zeit für mich, ich sollte jetzt gehen.“ Sie wandte sich Anke zu.„Wenn Sie noch was wissen möchten, rufen Sie mich einfach an – auch, wenn Ihr Artikel rauskommt.“
Bei dem Stichwort Artikel warf Wolf Anke einen missbilligenden Blick zu. Anke erhob sich ebenfalls.
„Darf ich noch ein Foto von Ihnen machen?
Frau Hanßen willigte ein und lächelte verkrampft in Ankes Camera.
„Ich bringe Sie nach Hause“, erklärte Anke.
Frau Hanßen winkte ab.
„Nein, nein, ich steige hier vorne in die Straßenbahn, sie fährt fast bis zu meiner Wohnung.“ Sie drehte sich zu Wolf. Er griff ihre Hand und schüttelte sie.
„ Vielen Dank, dass Sie uns...“.
„ Ja, ja, das ist schon in Ordnung, nur, was ich noch sagen wollte, die zweite Frau des Arztes, ich hoffe, sie bekommt ihre gerechte Strafe.“
Wolf blickte ihr regungslos nach, als sie die Straße entlang eilte. Er spürte Anke hinter sich und schloss die Haustür.
„Was dein Artikel betrifft ...“
„ Ist schon gut, ich habe nicht vor, ihn morgen raus zu bringen. Ich musste ihr doch irgendwas erklären, warum ich sie überhaupt aufgesucht habe“ Sie sah Wolf ärgerlich an. „Liegt doch auf der Hand oder?“
Wolfs Miene blieb versteinert. Anke neigte den Kopf, sah ihn keck an.
„Wirklich, erst wenn du dein o.k. gibst, versprochen.“
Wolf legte den Arm um ihre Schulter und führte sie schweigend zurück ins Zimmer. Anke atmete laut durch.
„Und, was sagst du zu all dem?“, fragte sie dann, während sie das Geschirr einsammelte. Wolf zuckte die Schultern, ging ihr zur Hand, lief hinter ihr her in die Küche mit nur einem Teller beladen und starrte dort aus dem Fenster. Anke nahm ihm kopfschüttelnd den Teller ab. Unversehens meinte Wolf.
„ Vielleicht hat Eva deswegen nie von ihrer Vorgängerin Elke gesprochen?“
„ Du meinst, wegen des Unfalls oder weil sie ihre Halbschwester war? Wenn sie überhaupt von ihr wusste.“
„ Hmm ..., oder es war ihr peinlich, weil sie sich ihren Witwer geschnappt hat.“
„ Wie meinst du das? Hat sie denn gewusst, dass er Witwer ist, als sie ihn kennenlernte?“
„ Ja, sie hat es gewusst.“
„ Hat sie dir das etwa gesagt?“
„ Nein, aber geschrieben. Sie hat mir einen langen Brief geschrieben.“
„ Da fällt mir ein“, sagte Anke plötzlich beton ruhig, „etwas stimmt mit dem Datum nicht.“
Wolf warf ihr einen verständnislosen Blick zu. Anke begann hin und her zu laufen und untermalte ihre Ausführungen mit hektischen Bewegungen beider Hände.
„Am 23. Dezember kam Elke Seitz, geborene Bischoff, ums Leben, Moment mal. Wo ist deine Akte Seitz?“
„ Wohnzimmertisch.“
Anke kam gleich darauf mit der aufgeschlagenen Akte zurück.
„Hier“, sie tippte mit dem Finger energisch auf eine Stelle. „Evas Geburtsdatum, der 23. Dezember – und auch der Todestag von Elke Seitz.“
„ Also, ich bitte dich, Anke. Das kann nun wirklich ein Zufall sein und lässt auf nichts schließen,“ leierte Wolf zunächst zum Küchenfenster heraus, ehe er sich unvermittelt umdrehte. „Was willst du überhaupt damit andeuten?“
Anke schwieg zunächst. Dann zuckte sie mehrmals die Schultern.
„Tja, hmm, weiß ich auch nicht genau, nur so eine Intuition wegen der Bischoffanzeige – nehmen wir mal an, der alte Bischoff hat seine uneheliche Tochter
Weitere Kostenlose Bücher