Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Eva gekannt ...“
Wolf öffnete seinen Mund, brachte aber nichts hinaus.
„Nun ja“, fügte Anke hinzu, „komisch ist es schon. Irgendwie merkwürdig. Wir sollten es deshalb nicht vergessen. Ich ruf Bender nachher an. Wenn es eine Anzeige gegeben hat, muss es auch eine Akte bei der Staatsanwaltschaft geben – und die wird noch nicht im Reißwolf gelandet sein.“
Wolf hatte während ihrer Vermutungen immer wieder den Kopf geschüttelt. Am Ende sagte er.
„Kein Wort hat sie von alledem in der letzten Stunde erwähnt, und kein Wort, dass ihre Mutter Haffner umgebracht hat, obwohl wir über ihre Mutter gesprochen haben.
„ Vielleicht hat sie es komplett verdrängt.“
„ Möglich.“ Wolf holte Luft und fuhr gleich weiter fort mit seinen Gedanken. „Und von ihrem Suizidversuch hat sie auch nichts gesagt, nur mal indirekt erwähnt, dass sie schon als Kind lieber gestorben wäre, so hat sie sich ausgedrückt. Da habe ich mir schon so was gedacht. Wer weiß, vielleicht waren es auch schon mehrere Versuche. Bei ihrer Geschichte würde mich das nicht wundern. Aber dann müsste sie folglich auch eine Therapie hinter sich haben, die lassen sie ohne doch gar nicht laufen.“
„ Und?“, Anke hob die Schultern, „daher könnte ihr unbeschreiblicher Hass auf Therapeuten herkommen. Wer weiß, an wen sie da geraten ist?“
Er erzählte ihr, wie seine Stunde gestern an dem grauen Montag ausgegangen war. „Ich habe keine Ahnung, ob ich sie nochmals sehen werde.“
„Heißt das, die Sache ist beendet?“
Das Telefon läutete. Wolf nahm ab.
„Ah, guten Morgen, Herr ...“
Er brach ab und lauschte eine Weile. Anke sah ihm gespannt zu. Als Wolf auflegte, lag ein schelmisches Lächeln um seinen Mund.
„Das war der Professor. Stell dir vor, ich zitiere: ‚Herr Kollege, Frau Seitz möchte Sie heute zur gewohnten Zeit sehen, sie hat ausschließlich darum gebeten, ich gratuliere Ihnen’.“
„ Sie scheint einen Narren an dir gefressen zu haben“, schmunzelte Anke und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich bin jedenfalls erleichtert, dass dein Einsatz nicht umsonst war.“
„ Und ich weiß nicht, wie ich weiter vorgehen soll. Diese ganzen Informationen irritieren mich. Ich weiß manchmal nicht mehr, was ich fragen kann und was ich noch gar nicht wissen kann. Einerseits sind die Infos gut und andererseits … Ich muss richtig aufpassen, nichts zu erwähnen, was sie mir noch nicht gesagt hat. Das ist anstrengend. Ich fühle mich schlecht dabei. Als würde ich sie hintergehen. Verstehst du das?“
„ In etwa, aber du schnüffelst doch nicht in ihrem Leben herum. Ich bin das, und wenn ich dir davon erzähle, kann sie dir doch nichts vorwerfen. Nur ein Tipp für den Fall, dass du dich mal verplapperst. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben.“
Wolf sagte nichts darauf. Anke nahm ihn in den Arm und küsste seinen Schnauz.
„Du musst sie eben zum Sprechen bringen. Eine Andeutung über den Mord an Claudius Haffner reicht unter Umständen schon aus. Sag, dass du es eben irgendwo gelesen hast. Vielleicht erzählt sie dir dann, wo ihre Mutter zuletzt gelebt hat, dann brauche ich keinen Bewährungshelfer mehr ausfindig machen.“
„ Du meinst Bender braucht das dann nicht mehr.“
„ Lassen wir das.“
„ Der Fall macht mir zu schaffen, Anke, und irgendwie ist das unfair meinen anderen Patienten gegenüber, auch sie wollen meine volle Aufmerksamkeit.“
Anke ließ von ihm ab. „Und du würdest dich am liebsten nur noch mit Eva Seitz beschäftigen. Ich möchte mal wissen, wieso die Bischoffs nicht an einen Unfall glauben?, folgerte sie übergangslos. „Es ist ja wohl ziemlich auszuschließen, dass Eva ihren Vater kennt – aber – wie ich schon andeutete, könnte es aber umgekehrt der Fall sein. Er hatte doch Kontakt mit ihrer Mutter, jedenfalls finanziellen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Eva nicht gekannt hat, wenigstens vom Foto. Und wenn das so ist ...“
„Dann musste er stillschweigend zusehen, wie sie den Mann ehelichte, der vorher mit seiner anderen Tochter verheiratet gewesen war?“, brachte Wolf den Satz zu Ende.
„ Mein Gott“, murmelte Anke, „das wäre wirklich makaber.“
Wolf schüttelte bedächtig seinen Kopf, ehe er fragte. „Könnte es sein, dass er mit der Anzeige eine Spur setzen wollte?“
„Auf wen?“
Wolf schwieg.
„Wenn er eine Spur setzen wollte“, resümierte Anke, „dann ist ihm das bisher nicht gelungen, so wie es aussieht.“
Wolf sah Anke mit
Weitere Kostenlose Bücher