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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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auf den Abschied seiner Familie beunruhigte ihn so sehr, daß er sich vom Fenster abwandte und wütend sagte: »Verdammt, was ist bloß los mit mir?«
    Schließlich gingen die Mädchen nur zur Schule und Paige ins Büro, wo sie fast jeden Tag hingingen. Sie folgten einem Tagesablauf, der bis jetzt noch nie gefährlich gewesen war, und er hatte keinen logischen Grund zu der Annahme, daß er heute gefährlich werden würde – oder überhaupt jemals.
    Er sah auf die Armbanduhr. 7:48.
    Sein Termin bei Dr. Guthridge war nur noch etwas mehr als fünf Stunden entfernt, aber das schien eine unendlich lange Zeitspanne zu sein. In fünf Stunden konnte alles passieren.
    Needles – Ludlow – Daggett.
    Weiter, weiter, weiter.
    9:04 Pacific Standard Zeit.
    Barstow. Trockene, ausgebleichte Stadt in einem harten, trockenen Land. Vor gar nicht so langer Zeit haben Postkutschen hier gehalten. Eisenbahnschienen. Ausgetrocknete Flüsse. Rissiger Stuck, abblätternde Farbe. Das Grün der Bäume wegen einer ewigen Staubschicht auf den Blättern verblaßt. Motels, Schnellimbisse, mehr Motels.
    Eine Tankstelle. Benzin. Herrentoilette. Schokoriegel. Zwei Dosen kalte Cola.
    Inhaber zu freundlich. Geschwätzig. Langsam mit dem Wechselgeld. Kleine Schweinsaugen. Feiste Wangen. Hasse ihn. Halt den Mund, halt den Mund, halt den Mund.
    Sollte ihn erschießen. Sollte ihm den Kopf wegpusten. Befriedigend. Kann es nicht riskieren. Zu viele Leute in der Nähe.
    Wieder auf der Straße. Interstate 15. Westwärts. Schokoriegel und Coke bei achtzig Meilen pro Stunde. Einsame Ebenen. Sanddünen, Schiefer. Vulkangestein. Joshuabäume mit vielen Armen stehen Wache.
    Als Pilger ins Heilige Land, als Lemming auf dem Weg zum Meer, als Komet auf seinem ewigen Kurs, westwärts, westwärts im Versuch, die Sonne zu überholen, die das Meer sucht.
    Marty besaß fünf Schußwaffen.
    Er sammelte sie nicht und war auch kein Jäger. Er schoß nicht auf Tontauben oder Zielscheiben, weil er Spaß daran hatte. Im Gegensatz zu einigen Menschen, die er kannte, hatte er sich nicht aus Angst vor einem gesellschaftlichen Kollaps bewaffnet – auch wenn er manchmal überall Spuren davon sah. Er konnte nicht einmal sagen, daß er Waffen mochte , aber er sah ein, daß sie in einer aus den Fugen geratenen Welt notwendig waren.
    Er hatte die Waffen eine nach der anderen zu Studienzwecken gekauft. Als Kriminalschriftsteller, der über Polizisten und Mörder schrieb, glaubte er, er müsse wissen, wovon er schrieb. Da er kein Hobbyschütze war und ihm nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung stand, die verschiedenen Hintergrundinformationen zu recherchieren, die für jeden Roman wichtig waren, ließen sich kleinere Fehler hin und wieder leider nicht vermeiden, aber er fühlte sich wohl, wenn er über eine Waffe schrieb, mit der er schon einmal geschossen hatte.
    Im Nachttisch bewahrte er einen nicht geladenen .38er Revolver von Korth und eine Schachtel Munition auf. Der Korth war eine handgefertigte Waffe allerhöchster Qualität, in Deutschland hergestellt. Nachdem er für einen Roman mit dem Titel Tödliche Dämmerung gelernt hatte, wie man ihn gebrauchte, hatte er ihn zur Sicherheit zu Hause behalten.
    Er und Paige hatten die Mädchen mehrmals auf einen über dachten Schießstand mitgenommen, wo sie Scheibenschießen sehen konnten, und sie hatten ihnen einen tiefempfundenen Respekt vor dem Revolver beigebracht.
    Wenn Charlotte und Emily alt genug wären, würde er ihnen beibringen, wie man mit einer Schußwaffe umging, allerdings einer mit einem kleineren Kaliber und weniger Rückstoß als die Korth. Unfälle mit Schußwaffen waren fast immer die Folge von Unwissenheit. In der Schweiz, wo jeder erwachsene Mann verpflichtet war, eine Waffe zur Verteidigung des Landes in Notzeiten zu besitzen, gehörte Waffenunterricht zur Allgemeinbildung, und tragische Unfälle kamen ausgesprochen selten vor.
    Er holte den .38er aus dem Nachttisch, lud ihn und nahm ihn mit in die Garage, wo er ihn im Handschuhfach ihres Zweitwagens verstaute, eines grünen Ford Taurus. Er wollte ihn auf seine Fahrt zum Termin mit Dr. Guthridge um ein Uhr mitnehmen.
    Eine Mossberg-Schrotflinte Kaliber 20, ein Gewehr Colt M16 A2 und zwei Pistolen – eine Beretta Modell 92 und eine Smith & Wesson 5904 – wurden noch in den Originalverpackungen in einem abgeschlossenen Metallspind in einer Ecke der Garage aufbewahrt. Dazu Schachteln voll Munition für jedes benötigte Kaliber.
    Er packte alle Waffen aus, die vor dem

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