Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
Vom Netzwerk:
Kapitäns mit einem virtuellen Kondolenzbesuch in New Derry, wo er Sally McCabe, einer verblühten Schönheit mit blauen Vergissmeinnicht-Augen, mitteilen musste, dass sie Jimmy nie wieder sehen würde ...
    Das war vielleicht voreilig gewesen, aber die Erinnerung schmerzte dennoch. Es gab keine Worte für die Veränderung, die im Augenblick des Begreifens mit Sallys Gesicht vorgegangen war. Es war buchstäblich erloschen, als hätte jemand einen unsichtbaren Draht durchtrennt, der es bis dahin mit Energie und Spannkraft versorgte hatte. Vermutlich hatte Sally die Beileidsbekundungen des Kapitäns gar nicht mehr bewusst wahrgenommen, die er sich so sorgsam zurechtgelegt hatte. Seine Worte waren ihm selbst so schal und unpassend erschienen, dass er sich beeilt hatte, das Gespräch zu beenden.
    Vor dem Hintergrund dieser Erinn erungen musste ihm das Auftauchen des Betrauerten fast wie ein Sakrileg erscheinen, der im nächsten Moment quicklebendig und einen Sixpack schwenkend in der Tür stand. Vermutlich hatte er sogar angeklopft, und der Kapitän hatte es überhört.
    »N’Abend, Cap’n. Ich hoffe, ich stör’ nich allzu sehr«, plauderte der kleine Mann sofort drauflos und streckte dem Kapitän die Rechte zur Begrüßung en tgegen. Dem blieb gar nichts anderes übrig, als den kräftigen Händedruck des Besuchers zu erwidern. Dessen Hand war zweifellos real, ebenso wie der Sixpack, den er soeben schwungvoll auf der Computerkonsole platzierte. Rector ließ die Schmach jedoch unkommentiert über sich ergehen.
    »Hab’ Ihnen was zur Stärkung mitg ebracht, Cap’n«, palaverte der Eindringling munter weiter. »Sie seh’n ein bisschen mitgenommen aus, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Lieber nicht, Jimmy«, erwiderte der Kapitän mit einem gequälten L ächeln. »Mir genügt schon der Blick in den Spiegel.« Dass er selbst den schon seit geraumer Zeit ängstlich vermied, musste er dem Zwerg ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Seitdem sie hier festlagen, hatte er sich auch nicht mehr rasiert – nicht aus Nachlässigkeit, sondern weil die Notwendigkeit entfallen war. Seine Barthaare wuchsen nicht mehr, ebenso wie seine Finger- und Zehennägel oder sein Haupthaar. An diesem seltsamen Ort standen offenbar nicht nur die Sterne still ...
    »Fühlen Sie sich ruhig wie zu Ha use, Jimmy«, fügte er resigniert hinzu, während der kleine Mann die ersten beiden Flaschen geschickt von ihren Kronverschlüssen befreite, »die Gläser stehen dort drüben.«
    Es war fast beängstigend, wie schnell er sich b ereitgefunden hatte, das Unmögliche zu akzeptieren. Jimmy McCabe war seit ...zig Jahren tot. Der Kapitän war selbst dabei gewesen, als Doktor Loewen den blutüberströmten Körper des Lademeisters untersucht und schließlich bedauernd den Kopf geschüttelt hatte, bevor er dem Toten die Augen verschloss. Und er hatte persönlich dafür gesorgt, dass der Sarg mit Jimmys sterblichen Überresten auf ein Kurierschiff gebracht und auf Kosten der Gesellschaft nach New Derry überführt worden war.
    Jetzt aber saß er hier in seiner Kabine und trank mit eben jenem J ames McCabe irisches Bier, das nicht nur überzeugend echt aussah, sondern – wie er sich mittels eines ersten kräftigen Schlucks überzeugte – auch geschmacklich keine Wünsche offenließ.
    Der Kapitän wusste, das Bier konnte nicht real sein, aber seine Sinne, angefangen von den Nerven seiner Hand, die das Glas hielt, bis hin zu den G eschmacksknospen und Thermorezeptoren seines Gaumens, suggerierten ihm das Gegenteil. Das Dilemma war unauflöslich und wurde noch durch die Tatsache vertieft, dass selbst eine unbestechliche Instanz wie Rector die Besucher als menschliche Wesen einstufte, ohne allerdings erklären zu können, auf welche Weise sie an Bord gelangt waren. Die Besucher kamen stets aus Richtung Transferschleuse, als hätten sie tatsächlich die übliche Prozedur absolviert. Dagegen sprachen nicht nur die Aufnahmen der Überwachungskamera, sondern auch der fehlende Druckausgleich – ganz abgesehen davon, dass die Hermetisierung der »Orpheus« zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden war. Sämtliche Luken waren und blieben verschlossen, und es gab es auch keinerlei Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen.
    Die Besucher kamen buchstäblich aus dem Nichts, waren jedoch zweifellos materiell, wenn sie in der Kabine des Kapitäns auftauchten. Natürlich hatte der Kapitän versucht, Rector zu einer Stellungnahme zu bewegen, aber die blieb erstaunlich

Weitere Kostenlose Bücher