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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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widersprüchlich, beinahe schizophren: kein fremdes Raumschiff oder Habitat im Ortungsbereich, kein ungenehmigtes oder gar gewaltsames Durchbrechen der Hermetisierung, aber dennoch eine stochastisch auftretende Präsenz definitiv humanoider Entitäten an Bord. Für ein streng logisch operierendes Computergehirn war eine derartige Verlautbarung nahe an der intellektuellen Bankrotterklärung, andererseits war es ein tröstlicher Gedanke, dass selbst die ansonsten so zuverlässig agierende KI mit der Situation überfordert schien.
     
    Sie saßen, tranken und plauderten über die gute alte Zeit wie in Ehren ergraute Fahrensleute, die sich zufällig in einer Kneipe am Ende der Welt begegneten. Nur war die Kabine der »Orpheus« keine besonders typische Kneipe, und ergraut war allein der Kapitän, während sein Gast keinen Tag älter erschien als damals auf der »Liberian Star«.
    Die Toten bleiben jung , dachte der Kapitän in einem Anflug von Groll, der weniger seinem alkoholseligen Gegenüber galt als vielmehr einem Schicksal, das ihn dazu verurteilt hatte, all jene zu überleben, die ihm einst etwas bedeutet hatten.
    War die »Orpheus« vielleicht gar nicht zufällig hier gestrandet, sondern infolge des Wirkens einer wie auch immer gearteten höheren Gerechtigkeit?
    Der Kapitän zweifelte daran und schämte sich seiner Feigheit, die ihn hinderte, den Wortschwall des toten Lademeisters zu unterbrechen und ihm die richtigen Fragen zu stellen: Wo bist du die ganze Zeit über gewesen, Jimmy McCabe, und was treibst du, wenn du dich nicht gerade in meiner Kabine betrinkst? Bis du wirklich der Jimmy, den ich einmal gekannt habe, oder etwas anderes, das du mit deinem Lachen und deiner Geschwätzigkeit vor mir verbirgst?
    Vielleicht war der kleine Mann ja gar nicht i mstande, wahrheitsgemäß zu antworten, aber was, wenn doch? Würde er die Antworten ertragen können, die ja nicht nur Jimmy, Simon und die anderen Besucher betrafen, sondern auch und vor allem Helen?
    Nein, das Risiko war zu groß, und deshalb schwieg der Kapitän und l ächelte gequält, während Jimmy eine Anekdote nach der anderen zum besten gab und dabei die nunmehr vierte Flasche Guinness in sich hineinschüttete. Der alte Mann hatte nach Glas Nummer zwei aufgehört zu trinken, erinnerte er sich doch nur zu gut an die Nachwirkungen ihres letzten Treffens und der dabei gemeinsam vertilgten Flasche Jameson-Whiskey. Das bedurfte keiner Wiederholung ...
    Schließlich war auch die letzte Flasche Bier g eleert, der letzte abgestandene Witz erzählt, und selbst Jimmy schien eingesehen zu haben, dass die Party für heute zu Ende war.
    »Nichts für ungut, Cap’n«, nuschelte er beim Au fstehen. »Muss mich wohl wieder auf die Socken machen. Bis irgendwann später also ... Machen Sie’s gut und passen Sie bloß auf sich auf ...«
    »Auf Wiedersehen, Jimmy«, erwiderte der Kap itän freundlich und stand seinerseits auf, um seinen Gast zur Tür zu bringen.
    »Nur keine Umstände, Cap’n«, wehrte der trin kfeste Ire ab. »Ich find schon alleine raus.«
    Das glaube ich dir aufs Wort, James McCabe , dachte der Kapitän, als die Kabinentür hinter dem Besucher ins Schloss gefallen war. Du gehst ja sogar durch Wände, wenn es sein muss ...
    »Rector!«, wandte er sich im näch sten Moment der Konsole zu. »Kannst du unseren Gast orten?«
    »Ich bedaure, Sir. Ihr Freund Jimmy hat das Schiff vor genau 3,24 Standardsekunden mit unb ekanntem Ziel verlassen. Es steht mir natürlich nicht zu, Ihnen Ratschläge zu erteilen, Sir, aber warum fragen Sie Ihren Bekannten nicht selbst, wie er das bewerkstelligt?«
    Der Kapitän hatte bereits eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, besann sich dann aber eines Bess eren. Rector war eine Maschine, und den leicht impertinenten Unterton seiner akustischen Verlautbarungen hatte er selbst vorgegeben. Was wusste ein Computer schon von menschlichen Ängsten?
    Das brachte ihn auf eine Idee.
    »Glaubst du, dass wir hier jemals wieder wegkommen, oder wird uns dieses ... Ding einfach verschlucken?« ... wie der Wal eine Fliege , fügte er in Gedanken hinzu.
    »Ich bitte um Nachsicht, Sir«, ließ sich die KI nach einer für ihre Verhältnisse ungewöhnlich la ngen Bedenkpause vernehmen, »aber diese Frage ist logisch nicht seriös zu beantworten ...«
    »Das weiß ich, Rector«, fiel ihm der Kapitän u ngeduldig ins Wort. »Ich möchte nur wissen, was du glaubst.«
    »Leider verfüge ich nicht über die Fähigkeit, ohne ausreichende Datenbasis

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