Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)
nicht meine Leute«, stellte Jerry klar. »Soviel ich weiß, sind sie hinter irgendwelchen Tieren her, die sich angeblich verwandeln können.«
Wieder glitt ein Schatten über das Gesicht des Mädchens, doch diesmal kehrte das Lächeln nicht zurück. Leona wurde bleich, starrte ihn an wie ein G espenst.
»He, was ist denn los mit dir?«, fragte Jerry e rschrocken. »Das sind Wissenschaftler, keine Jäger. Sie tun niemandem etwas.«
»Sie werden sterben«, flüsterte das Mädchen mit bebenden Lippen. »Du musst sie warnen.«
»Warnen? Vor wem denn?«, wollte Jerry wissen. Die Geräusche des Dschungels, die er eben noch inspirierend gefunden hatte, erschienen ihm plötzlich bedrohlich wie das Grollen eines herannahenden Gewitters. »Und woher willst du das wissen?«
»Weil es schon einmal passiert ist«, erwiderte das Mädchen leise. »Mama hat mir davon erzählt.«
»Sie werden mir nicht glauben«, wandte Jerry ein. »Selbst, wenn ich rechtzeitig zurück wäre.« Er erinnerte sich nur zu gut an das Gespräch kurz vor der Landung. Professor Yushawi war viel zu sehr von sich eingenommen, als auf bloße Vermutungen hin seine Pläne zu ändern.
Das Mädchen nickte, als hätte es genau diese An twort erwartet. Dann sprang es plötzlich auf und stieß einen durchdringen Schrei aus. Es war kein menschlicher Schrei, eher ein Heulen, gemischt mit heiseren Kehllauten.
Für einen Moment verstummten die Geräusche des Dschungels, dann antwortete aus der Ferne ein tiefes Gebrüll, das Jerry einen Schauer über den R ücken trieb.
»Mama«, verkündete das Mädchen mit einem sto lzen Lächeln. »Sie kommt her.«
Jerry begriff nicht sofort, doch dann setzte sich das Puzzle wie von selbst zusammen: ein Planet, dessen Bewohner ihre Gestalt verändern konnten, ein Mädchen mit grünen Augen und Mama, die J ägerin. Das Unmögliche war hier Realität...
Er lauschte in die Richtung, aus der das Brüllen gekommen war, und glaubte, Zweige brechen zu h ören. Das war natürlich Unsinn. Leonas Mutter war eine Raubkatze, kein Elefant oder Nashorn. Dennoch musste er gegen den Impuls ankämpfen, davonzulaufen, erst recht, als sich der Raubtierschrei – diesmal in unmittelbarer Nähe – wiederholte. Er klang hungrig und gereizt.
Aber es war ohnehin zu spät. Im nächsten Auge nblick brach etwas aus dem Gebüsch, ein riesiger gelbschwarzer Schatten wirbelte durch die Luft und landete geräuschlos kaum zwei Meter von ihm entfernt auf den Felsen.
Es war ein Tiger, groß wie ein Kalb, und in seiner animalischen Präsenz so furchterregend, das Jerry instinktiv zwei Schritte zurückwich. Das Tier fixie rte ihn mit grün leuchtenden Augen und schien bereit, sich bei der geringsten Bewegung auf ihn zu stürzen.
Jerry stand wie erstarrt und atmete sehr vorsichtig.
Leona bewegte sich dagegen völlig unbefangen und kicherte vergnügt, als sie einem spielerischen Tatzenhieb »Mamas« auswich. Als sie Jerrys Verlegenheit bemerkte, flüsterte sie dem Tier etwas ins Ohr, das es offensichtlich besänftigte. Die Tigerdame ließ Jerry zwar nicht aus den Augen, aber ihr Körper entspannte sich sichtlich, als sie sich auf die Pfoten niederließ. Dabei gab sie ein heiseres Knurren von sich, das Jerry als Friedensangebot deutete.
Doch die Harmonie währte nur kurz.
Der Tiger hob lauschend den Kopf und war einen Augenblick später auf den Beinen. Auch das Mädchen wirkte verängstigt.
»Komm schnell!«, rief es Jerry zu. »Wir müssen hier weg!«
Bevor Jerry reagieren konnte, war der Tiger schon losgesprungen. Leona folgte ihm hangaufwärts in Richtung Waldrand. Nach ein paar Schritten drehte sie sich um und rief ungeduldig: »Nun mach schon, schnell!«
Obwohl Jerry noch immer nicht wusste, worum es überhaupt ging, eilte er den beiden hinterher. De nnoch vergrößerte sich der Abstand zwischen ihnen zusehends. Als er den Waldrand erreichte, waren Mädchen und Tiger verschwunden.
Gleichzeitig drang ein seltsames Geräusch an sein Ohr, ein Rauschen wie von Vogelschwingen, das rasch lauter wurde. Etwas großes Dunkles schob sich wie eine Wolke vor die Sonne. Das Rauschen wurde zu einem zornigen Röhren, und Jerry rannte los, tiefer in den Wald hinein. Er wurde erst langs amer, als das furchteinflößende Geräusch an Intensität verlor und sich entfernte. Nach Atem ringend hielt er inne.
Was war das? Etwa ein weiteres Raumschiff im Landeanflug? Das war zu unwahrscheinlich an einen so abgelegenen Ort. Es war auch noch nicht zu Ende, denn anstelle
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