Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)
ohne offizielle Aktivierung zu nutzen. Vincent konnte das Orakel also befragen, ohne dass sein Besuch von der Schiffsintelligenz registriert wurde. Das war natürlich illegal, aber solange er nicht stundenlang unterwegs war, blieb das Risiko einer Entdeckung gering. Außerdem hatte er inzwischen eine Sicherheitsschaltung installiert, die im Falle eines Notrufs oder Alarms die Verbindung zum Implantat automatisch unterbrach.
Letztlich blieb ihm ohnehin keine andere Wahl. Wenn er vor dem Transfer überhaupt noch etwas über diesen ominösen Planeten herausfinden wollte, musste er das Orakel befragen.
Vincent vergewisserte sich noch einmal, dass das Schiff auf Kurs war und die Bordsysteme störung sfrei arbeiteten, und aktivierte dann den Sensewaremodul. Der Skip war unspektakulär und dauerte nur Sekundenbruchteile. Obwohl es erst sein dritter Kontakt mit dem Orakel war, empfand Vincent ein eigenartiges Déjà-vu-Gefühl, als sei ihm das Szenario schon seit Jahren vertraut. Es war der gleiche Raum, die gleiche dampfende Erdspalte vor ihm und – natürlich – die gleiche, nur verschwommen wahrnehmbare Gestalt der Pythia im Hintergrund. Nicht einmal der Einfallswinkel des Sonnenlichts und somit der Ort des hellen Lichtvierecks am Boden hatte sich verändert.
»Stell deine Frage«, hallte es in seinem Bewuss tsein wider, als er einen Schritt nach vorn trat, um die Priesterin deutlicher zu erkennen. Einen Augenblick lang spielte er mit dem Gedanken, seine Frage nur in Gedanken zu formulieren, entschied sich dann aber dagegen.
»Ich bin auf dem Weg zu einem Planeten namens Stamfani, um dort einen gewissen Mr. Echo aufz usuchen. Was erwartet mich vor Ort, und werde ich den Gesuchten dort finden?«
»Das sind zwei Fragen!«, wies ihn die Stimme in seinem Kopf umgehend zurecht. »Da aber die An tworten einander bedingen, lautet der Spruch wie folgt: Du wirst dort die Niedrigsten der Niedrigen in ihrem Blute vorfinden, niedergestreckt von einem Streich, der einem anderen galt. Geh jetzt, ich bin müde.«
Die Stimme des Orakels klang jedoch weniger e rschöpft als abweisend. Entweder verübelte es ihm die Art der Fragestellung, oder es hegte sogar Vorbehalte gegen seine Absicht, den seltsamen Planeten aufzusuchen.
Weitere Fragen würde es unter diesen Umständen gewiss nicht beantworten, und so blieb Vincent nur der Return, der ihn diesmal mit einem heftigen Schwindelgefühl überraschte, dessen Nachwirku ngen er auch nach seiner Rückkehr in die gewohnte Umgebung weiter spürte. Aber vielleicht hing das flaue Gefühl in seinem Magen auch mit den Befürchtungen zusammen, die der Orakelspruch in ihm ausgelöst hatte.
Dennoch, er hatte einen Auftrag zu erfüllen, und so blieb ihm keine andere Wahl, als weiter den A nweisungen der Zentrale zu folgen. Mit welcher Begründung hätte er sie auch in Frage stellen sollen? Auf Grund eines Orakelspruchs?
Wenn die Zentrale der Auffassung gewesen wäre, dass er zur Erfüllung seines Auftrags Hintergrundi nformationen über den Planeten und seine Bewohner benötigte, hätte sie ihm ein entsprechendes Dossier übermittelt. Dass sie darauf verzichtet hatte, konnte unterschiedliche Gründe haben: Entweder man traute ihm zu, die Zielperson auch ohne zusätzliche Informationen zur Strecke zu bringen, oder man wollte verhindern, dass er allzu viel über den Planeten und die Vorgänge dort erfuhr. Der äußerst knapp gehaltene Eintrag in der Datenbank der »Diana« sprach eher für letzteres.
Außer den Koordinaten und den üblichen Ang aben zu Größe und Umlaufbahn enthielt der Eintrag nur die lapidare Information, dass der Planet zu 90% von Wasser bedeckt war und sich die Landmasse auf zwei unfruchtbare Felseninseln verteilte. Interessant war allenfalls der Vermerk, dass Stamfani als Naturschutz-Reservat ausgewiesen war und von Stalive- Aktivisten überwacht und betreut wurde. Ob diese Überwachung durch eine bemannte Station oder elektronisch über Satelliten erfolgte, blieb offen.
Das war schon alles, was Vincent in der Kürze der Zeit herausfinden konnte, denn im nächsten Moment signalisierte das Bordsystem den Beginn der B eschleunigungsphase im Anflug auf den Transferpunkt.
Mit einem resignierten Kopfschütteln marschierte Vincent ins Bad und schluckte gehorsam den Tra nquilizer-Cocktail, den das Medcenter für ihn bereitgestellt hatte. Der N-Raum-Transfer ließ sich zwar auch bei vollem Bewusstsein bewältigen, aber das war eine Erfahrung, die er bereits während seiner
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