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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Entsprechung gibt, und sie haben sich sogar daran gewöhnt, dass ihnen gelegentlich Dinge vorhergesagt werden, wie die Wiederkehr des verwirrten Mario Sciutto. Und was geschieht? Versuchen sie, die Dinge zu hinterfragen, die Rätsel aufzuklären? Nein, abgesehen von ein paar als Narren verschrienen Außenseitern unternehmen sie gar nichts. Dabei handelt es sich bei den uns Anvertrauten keineswegs um irgendwelche Hinterwäldler, sondern um die direkten Nachfahren von Menschen des fünfundzwanzigsten Jahrhunderts.«
    »Das alles ist uns nicht unbekannt, Bruder Fra nziskus«, stellte Alexandro mit einem unbehaglichen Lächeln fest. Wie die meisten in der Runde ahnte er, dass der sonst eher zurückhaltende Jesuitenpater nicht ohne Grund so weit ausholte. »Was ist es also, das du uns mitteilen möchtest?«
    »Nichts, was sich hier und heute beweisen ließe«, gab Franziskus zu. »Aber ist euch niemals der G edanke gekommen, dass die Welt, wie wir sie zu kennen glauben, auch nur eine Art Archipel sein könnte – vielleicht an Bord eines Schiffes, das sich nur in der Dimension von unserer ›Bona Spes‹ unterscheidet?«
    Die Patres schwiegen betreten, und der eine oder andere seufzte innerlich auf, als Pater Sixtus, Beau ftragter der Congregatio pro doctrina fidei, zu einer Erwiderung ansetzte: »Dieser Gedanke, lieber Bruder, ist uns natürlich gekommen, und zwar keineswegs zufällig wie ein vom Wind herbeigewehtes Laubblatt, sondern als Teil des Fundaments, auf dem unser Glauben ruht. Natürlich existiert dieses Schiff, dessen Name ›Ewigkeit‹ lautet; und der Archipel, den wir ›Weltall‹ nennen oder treffender ›Schöpfung‹, ist jener Teil des Schiffes, der uns Sterblichen dank Seiner Gnade als Heimstatt dient – heute und bis ans Ende aller Tage. Amen!«
    »Amen«, murmelten die Patres, ohne den Blick zu heben oder gar Partei zu ergreifen, denn sie ahnten, dass beide auf ihre Art recht hatten. Nur hatte Pater Franziskus den Finger in eine Wunde gelegt, die auch der glaubensfeste Sixtus nicht hatte schließen können: Den Menschen, den lebendigen Menschen an Bord der »Bona Spes« mussten sie wie Götter erscheinen – unsterblich, unfassbar und doch Tag und Nacht über ihr Schicksal wachend. Das war zweifellos ein Irrtum, den man korrigieren konnte, spätestens, wenn das Ziel der Mission erreicht war. Franziskus war jedoch noch einen Schritt weiter gegangen, in dem er seinen – und jetzt auch ihren – Geist für eine Vision geöffnet hatte, die weitaus beängstigender war: Was, wenn ihr Weltall auch nur ein Reservat war auf einem Schiff, das nicht »Ewigkeit« hieß, sondern »Gute Hoffnung« in der Sprache der Älteren, das auf der Suche nach einer neuen Heimat wiederum durch ein Universum eilte, das seinerseits nicht mehr als ein geschützter Raum war in einer noch größeren, unbegreiflichen Welt? Und wo – um Christi Willen – war dann noch Platz für Ihn?
    Das Verstörende an dieser Vorstellung war, dass sie jenen recht zu geben schien, die ihren Glauben bel ächelten und als archaisch abtaten. Abtrünnige hatte es zu allen Zeiten gegeben, denen Sein vermeintliches Schweigen Anlass genug war, sich abzuwenden. Niemals aber war ihre Zahl so hoch gewesen wie unmittelbar nach dem Schock, den die Berechnungen der Astronomen auf der Erde ausgelöst hatten. Die Zweifel an einem Gott, der Derartiges zuließ, hatten auch unter Seinen Dienern ihren Tribut gefordert. Dennoch waren Kirche und Apostolischer Stuhl handlungsfähig geblieben und hatten das bedeutendste Projekt ihrer Geschichte in Angriff genommen: den Bau einer neuen Arche. Sie, die man auserwählt hatte, hatten ihre Aufgabe in der Gewissheit übernommen, Seinen Willen zu erfüllen, – eine Aufgabe, im Verlauf derer sie sogar ihr Menschsein geopfert hatten. Gebete und Exerzitien hatten ihnen geholfen, diese Last zu tragen, indem sie ihnen das Gefühl gaben, Ihm nahe zu sein und sich im Abglanz Seines Lichtes zu wärmen.
    Franziskus‘ Worte hatten all diese tröstlichen G ewissheiten in Frage gestellt, dennoch konnten sie ihm nicht gram sein. Wie einsam musste er sich gefühlt haben, angesichts der Tragweite seiner Schlussfolgerungen? Und wie viel Mut gehörte dazu, die eigenen Zweifel zu offenbaren? Er war es, der ihres Zuspruchs bedurfte, auch wenn seine Miene im Moment so abwesend erschien, als sei er in Gedanken weit weg.
    Doch ihre Verwunderung darüber währte nicht lange, dann hatte die Information der Schiffsintell igenz auch sie erreicht:

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