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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Vertrauen auf eure Standhaftigkeit gefehlt hat ... Ich fürchte, eine derartige Offenbarung würde von der Priesterschaft übel aufgenommen werden, sofern sie ihr überhaupt Glauben schenken würde.«
    Die Patres nickten. Sie wussten, dass Alexandro recht hatte.
    »Dann sollten wir wenigstens unsere Anstrengungen auf dem Gebiet der telesuggestiven Beeinflussung verstärken«, brummte Pater Zacharias in seinen üppigen Vollbart. »Die Reaktion der Rivaner hat doch gezeigt, dass zumindest einfache Botschaften bei häufiger Wiederholung von einer Mehrheit verstanden werden.«
    »Die Mission der ›Bona Spes‹ ist aber nun einmal nicht in wenigen Sätzen vermittelbar«, gab Pater Martin zu bedenken. »Zumal sie allem widerspricht, woran die Menschen im Archipel bis heute geglaubt haben, ganz abgesehen davon, dass sie ohne die Ta tsache der Vernichtung der Erde kaum erklärbar wäre.«
    » Falls die Erde überhaupt vernichtet wurde ...«, warf Pater Franziskus halblaut ein. Sein Gesicht wirkte noch blasser und angespannter als sonst. Fast meinte man, die Knochen durch die pergamentdünne weiße Haut durchscheinen zu sehen, aber natürlich war auch das eine Fiktion. Pater Franziskus‘ Erscheinungsbild hatte sich in den knapp sechshundert Jahren seiner virtuellen Existenz um kein einziges Pixel geändert. Dass sich dennoch alle Blicke auf den schmächtigen Jesuiten richteten, hatte einzig mit seinem unerwarteten Einwurf zu tun.
    »Woran leider kein vernünftiger Zweifel bestehen kann«, stellte Pater Laurentius mit sanftem Tadel klar. »Sind die Dirac-Signale aus der Heimat nicht exakt zum berechneten Zeitpunkt verstummt? Und haben wir nicht gemeinsam für das Seelenheil jener Ungezählten gebetet, für die keine Rettung mehr möglich war?«
    »Das haben wir, Bruder Laurentius«, gab der Angesprochene mit gesenktem Blick zurück. »Und wir glauben auch zu wissen, dass unsere Sonne nur deswegen noch am Himmelszelt steht, weil ihr Licht tausende Jahre zu uns unterwegs ist. Wir glauben das, weil wir gelernt haben, der Wissenschaft zu vertrauen. Aber es ist menschliche Wissenschaft, und wer sagt uns, dass ihre Gesetze auch innerhalb einer Singularität noch Geltung besitzen? Was, wenn es sich bei diesem Phänomen gar nicht um eine todbringende Gravitationsfalle handelt, sondern um einen Transfermechanismus, eine Art Fahrstuhl in ein anderes Universum? Würde das das Verstummen der Dirac-Signale nicht ebenfalls erklären?«
    Schweigen füllte den Raum, während die Patres über Franziskus‘ Vermutung nachdachten. Nur zu gern hätten sie seinen Worten Glauben geschenkt, ve rhießen sie doch Hoffnung für die Heimat und all jene, die sie hatten zurücklassen müssen. Doch dagegen sprachen nicht nur die Aussagen der Wissenschaftler, die das sternverschlingende Monstrum hundertfach vermessen und analysiert hatten, sondern etwas, das in ihren Augen noch schwerer wog: Konnte es einen Ort, nein, ein ganzes Universum geben, das einem anderen Willen als Seinem unterworfen war? Allein die Vorstellung ließ sie erschauern. Und falls dieses hypothetische Universum tatsächlich Teil der Schöpfung war, weshalb hatte Er es dann zugelassen, dass sie sich und jene, die ihnen anvertraut waren, ihrer Bestimmung entzogen? Nein, was Bruder Franziskus da postulierte, war zu unwahrscheinlich, zu sehr den eigenen Wünschen geschuldet, als dass sie es hätten ernst nehmen können.
    »Gibt es irgendwelche konkreten Belege für das, was du da beschreibst, Bruder Franziskus?«, wollte Pater Martin wissen. Auf Grund seiner exzellenten Ausbildung und zahlreicher Veröffentlichungen galt er als die wissenschaftliche Kapazität an Bord. »Oder handelt es sich um eine reine Hypothese?«
    »Zurzeit ist es nicht mehr als ein Gedankenexp eriment«, gab Franziskus zu. »Aber ich wollte noch auf etwas anderes hinaus.«
    »Und das wäre?« In Pater Laurentius‘ Stimme schwang Ungeduld mit.
    »Habt ihr nie darüber nachgedacht, wie sehr wir Menschen dazu neigen, Dinge als gegeben anzunehmen?«, fragte Franziskus in die Runde und erntete Schweigen und nachdenkliche Blicke.
    »Seit nunmehr sechs Jahrhunderten leben die Me nschen hier an Bord auf einer Fläche von ein paar Dutzend Quadratmeilen unter dem Licht einer künstlichen Sonne und der Projektion nächtlicher Sternbilder, die jedes zweitklassige Planetarium plausibler darstellen könnte. Sie ahnen, nein wissen sogar, dass es ein Draußen gibt, sie erinnern sich an Begriffe, für die es in ihrer Welt keine

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