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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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erst recht euer Glaube sind uns gleichgültig. Von jetzt an bestimmen wir die Regeln ...
    »Euer Gott ist seiner Wege gegangen«, hatte der Himmelblaue folgerichtig anstelle einer Begrüßung verkündet und herausfordernd in die Runde g eschaut. Benedict hatte die Zurückhaltung der Patres bewundert, die keinerlei Regung zeigten und es ihrem Abt überließen, auf die Provokation zu reagieren.
    »Das, lieber Herr Rose, dürfte sich Ihrer Beurte ilung entziehen«, hatte Abt Anselm mit seiner leisen, kultivierten Stimme geantwortet. »Was Sie aber nicht davon abhalten sollte, uns Ihr Anliegen vorzutragen.«
    »Wir haben kein Anliegen an euch«, versetzte der Besucher kühl. »Und wir neigen auch nicht dazu, leichtfertige Behauptungen aufzustellen. Unsere Recherchen haben zweifelsfrei ergeben, dass euer Schöpfer, dessen vormalige Existenz wir weder ausschließen noch bestätigen können, seit mehreren Tausend Standardjahren keinerlei aktiven Einfluss auf diesen Teil des Universums und die Geschicke der Menschheit genommen hat. Anderslautende Berichte beruhen im besten Fall auf Irrtümern und Missverständnissen. Das ist im übrigen kein Vorwurf an wen auch immer, sondern eine aus unserer Sicht überfällige Richtigstellung.«
    Die Mienen der Patres blieben auch angesichts di eses neuerlichen Affronts undurchdringlich, einzig Abt Anselm gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln, bevor er antwortete: »Das scheint mir eine arg materialistische Sicht der Dinge zu sein, die zudem einige der wichtigsten Aspekte unseres Glaubens ignoriert. Ihre Ausführungen, lieber Herr Rose, werden uns also ebenso wenig überzeugen, wie wir uns Hoffnungen machen dürfen, Sie im Sinne der Grundsätze unseres Ordens zu bekehren. Deshalb möchte ich vorschlagen, dass wir uns nunmehr dem eigentlichen Anlass dieser Zusammenkunft zuwenden.«
    »Wie Ihr wünscht, Euer Gnaden.« Der Himme lblaue bedachte die Runde mit einem strahlenden Lächeln, das perlweiße, etwas zu regelmäßige Zähne offenbarte. »Lassen wir also die Historie einstweilen außen vor und widmen uns dem Zukünftigen. Auf das Wesentliche reduziert lautet unser Angebot wie folgt: Wir geben den Menschen einen Gott, dessen Präsenz und Wirken sich auf das Jenseitige beschränken, mit einem einzigen, aber entscheidenden Unterschied zu den religiösen Angeboten aller Zeiten, dass unser Jenseits keine Fiktion sein wird.«
    »Das ist kein geringer Anspruch, Herr Rose«, erw iderte der Abt mit einem gezwungenen Lächeln. Abt Anselm war ein kluger, seine Worte sorgsam abwägender Mann, aber Benedict konnte sehen, welche Überwindung ihn die Antwort kostete. »Und welcher Art ist dieses nicht-fiktive Jenseits?«
    »Was wir der Menschheit anbieten, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als das von den meisten der alten Religionen versprochene ewige Leben«, erw iderte der Besucher herablassend. »Ob Ihr den entsprechenden Ort nun als Jenseits, Paradies, Himmel oder Land der Verheißung bezeichnet, ist im Grunde ohne Belang. Als Mann des Glaubens sollte Euch allerdings klar sein, dass das Paradies ohne sein Gegenteil nicht zu haben ist. Folglich muss es eine Instanz geben, die die notwendigen Entscheidungen trifft – eine unabhängige, allwissende und gerechte Instanz, mit einem Wort: Gott.«
    »Und diesen Gott repräsentieren Sie und Ihre Freu nde, Herr Rose?«, erkundigte sich der Abt mit sanftem Spott. »Und ganz sicher erwarten Sie dafür nichts als ein wenig Dankbarkeit, oder sollte ich sagen: Anbetung?«
    Die Patres lächelten, ein wenig voreilig, wie es Benedict erschien. Der Spiegelbrillenmann hatte g ewiss noch einen Trumpf im Ärmel ...
    »Wir haben keine Freunde, Generalabt Anselm di Torino, erwiderte der Abgesandte und nahm die Sonnenbrille ab. Seine dichten Augenbrauen waren dunkel wie sein Haar, aber noch dunkler waren seine Augen mit Pupillen, die wie schwarze Perlen glän zten, kalt und leblos. »Und für Dankbarkeit haben wir ebenso wenig Verwendung wie für andere menschliche Emotionen.« Nach einer kleinen, wohl kalkulierten Pause fuhr er betont sachlich fort: »Dennoch erwarten wir uns natürlich Vorteile von der Umsetzung dieses Projektes. Anderenfalls hätten wir diesen Aufwand kaum getrieben.«
    »Welche Art Vorteil?« Der Abt musterte sein G egenüber mit sichtlichem Unbehagen.
    »Die Umkehr bestimmter Entwicklungen inne rhalb der Föderation, die man durchaus als ‚dekadent« bezeichnen könnte, erwiderte der Besucher ernst. »Auch wenn wir in gewisser Hinsicht

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