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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Ist dies das Problem? Gut, ich gebe zu, diese Vereinigung ist eine grausame Sache für die Shkeen, aber es ist ihre Angelegenheit. Ihre Religion ist nicht schlimmer als der rituelle Kannibalismus der Hranganer, oder?“
    Valcarenghi leerte sein Glas, stand auf, und ging zur Bar hinüber. Als er sich nachschenkte, sagte er fast beiläufig: „Soviel ich weiß, hat der hranganische Kannibalismus aber keine menschlichen Konvertiten aufzuweisen.“
    Lya sah erschrocken auf. Ich war erschrocken. Ich setzte mich aufrecht und starrte ihn an. „Was?“
    Valcarenghi ging zu seinem Sessel zurück, das Glas in der Hand. „Menschliche Konvertiten sind dem Kult der Vereinigung beigetreten. Dutzende von ihnen sind bereits gebunden. Bisher hat noch keiner den Grad der vollen Vereinigung erreicht, aber das ist nur eine Frage der Zeit.“ Er setzte sich und blickte Gourlay an. Wir ebenfalls.
    Der schlaksige blonde Adjutant setzte den Bericht fort. „Die erste Bekehrung gab es vor rund sieben Jahren. Knapp ein Jahr, bevor ich hierherkam, zweieinhalb Jahre nach der Entdeckung Shkeas und dem Bau der Niederlassung. Ein Bursche namens Magly. Ein Psi-Psycher, der sehr intensiv mit den Shkeen zusammengearbeitet hat. Er war es zwei Jahre lang. Dann ein anderer, ’08, und weitere im nächsten Jahr. Und seither steigt die Rate beständig. Auch ein großes Tier war dabei. Phil Gustaffson.“
    In Lyas Augen blitzte es auf. „Der Planetare Administrator?“
    „Genau der“, sagte Gourlay. „Wir haben eine Menge Administratoren gehabt. Gustaffson kam, als es Rockwood nicht mehr aushielt. Er war ein großer, knurriger alter Bursche. Jedermann hatte ihn gern. Er hatte seine Frau und seine Kinder während seiner letzten Verwendung verloren, aber das hat er niemanden wissen lassen. Er war immer herzlich, gutgelaunt. Nun, er hat sich für die Shkeen-Religion zu interessieren begonnen, hat mit ihnen darüber geredet. Auch mit Magly und einigen der anderen Konvertiten hat er sich unterhalten. Er ging sich sogar einen Greeshka ansehen. Das hat ihn für eine Weile ganz schön schlimm aufgerüttelt. Aber schließlich hat er es überwunden und machte sich wieder an seine Forschungen. Ich hab’ mit ihm zusammengearbeitet, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was er vorhatte. Vor etwas mehr als einem Jahr hat er sich zum Shkeen-Kult bekehrt. Mittlerweile ist er gebunden. Bisher ist noch niemand so schnell anerkannt worden. Ich habe in Shkeenstadt Gerüchte gehört, daß er möglicherweise sogar zur Letzten Vereinigung zugelassen wird, sehr, sehr bald schon. Nun, Phil war hier länger Administrator als jeder andere. Die Leute hatten ihn gern, und als er übergetreten ist, sind ihm eine Menge seiner Freunde gefolgt. Die Rate steigt jetzt.“
    „Nicht ganz ein Prozent; und Tendenz steigend“, sagte Valcarenghi. „Das scheint wenig zu sein, aber bedenken Sie, was es bedeutet. Ein Prozent der Leute meiner Niederlassung entscheiden sich für eine Religion, die eine verdammt widerwärtige Form von Selbstmord verlangt.“
    Lya sah von ihm zu Gourlay und wieder zurück. „Warum ist das nicht gemeldet worden?“
    „Es hätte gemeldet werden müssen“, sagte Valcarenghi. „Aber Gustaffsons Nachfolger war Stuart, und der hatte eine Heidenangst vor einem Skandal. Es gibt kein Gesetz, das verbietet, daß Menschen eine fremde Religion annehmen, deshalb ignorierte Stuart das Problem ganz einfach. Er meldete die Bekehrungsrate in seinen Routineberichten, und niemand weiter oben machte sich die Mühe und forschte nach, zu was sich all diese Leute bekehrten.“
    Ich trank mein Glas leer; stellte es ab. „Erzählen Sie weiter“, sagte ich zu Valcarenghi.
    „Ich sage, diese Situation ist ein Problem“, sagte er. „Es ist mir egal, wie wenig Leute betroffen sind, der Gedanke daran, daß sich menschliche Wesen freiwillig den Greeshka stellen und sich von ihnen auffressen lassen, bestürzt mich. Unmittelbar nach meiner Übernahme hier habe ich ein Psycho-Team darauf angesetzt, aber sie kommen nicht weiter. Ich habe Talente gebraucht. Ich will, daß Sie beide herausfinden, warum diese Menschen konvertieren. Dann werde ich mit der Situation schon fertig werden.“
    Das Problem war ungewöhnlich, aber der Auftrag schien einfach genug. Ich las Valcarenghi, um sicher zu sein. Seine Emotionen waren jetzt ein bißchen komplexer, aber nicht wesentlich. Zuversicht, vor allem: Er war sicher, daß wir mit diesem Problem fertig werden konnten. Dann gab es da noch

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