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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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geleert, und Valcarenghi bezahlte die gesamte Rechnung. Dann erhob er sich. „Auf geht’s“, rief er. „Die Nacht ist jung, und wir haben noch eine Menge Besuche zu machen.“
    Und so machten wir Besuche. Keine Holo-Shows oder etwas derart Stumpfsinniges, obwohl die Stadt eine ganze Reihe Theater aufzuweisen hatte. Ein Casino stand als nächstes auf dem Programm. Natürlich waren Glücksspiele auf Shkea legal, und wäre das nicht der Fall gewesen – Valcarenghi hätte sie wohl schnellstens legalisiert. Er versorgte uns alle mit Chips, und ich verlor einige an ihn; Laurie ebenfalls. Lya war vom Spiel ausgeschlossen; ihr Talent war zu stark. Valcarenghi gewann ziemlich oft – er war ein blendender Gedankenrad-Spieler und auch in den traditionellen Spielarten ziemlich gut.
    Dann ging es an die Bar. Wieder Drinks, dazu einheimisches Entertainment, das besser war, als ich erwartet hatte.
    Es war stockdunkel, als wir herauskamen, und ich nahm an, daß sich unser Ausflug seinem Ende näherte. Valcarenghi überraschte uns. Als wir wieder im Wagen saßen, griff er unter die Armaturentafel, holte eine Schachtel Ernüchterer hervor und reichte sie herum.
    „Hey“, sagte ich. „Sie fahren doch. Wozu brauch’ ich das? Ich bin doch kaum hier oben angelangt.“
    „Ich werde Sie zu einem echten kulturellen Shkeen-Ereignis mitnehmen, Robb“, sagte er. „Ich will nicht, daß Sie dämliche Bemerkungen von sich geben oder gar die Eingeborenen vollkotzen. Nehmen Sie die Tablette.“
    Ich nahm meine Tablette, und das Brummen in meinem Schädel begann nachzulassen. Valcarenghi hatte den Wagen bereits in die Luft gebracht. Ich lehnte mich zurück und legte meinen Arm um Lya, und sie schmiegte den Kopf an meine Schulter. „Wohin gehen wir?“ fragte ich.
    „Shkeenstadt“, antwortete er, ohne sich umzusehen, „in ihre Große Halle. Dort ist heute nacht eine Versammlung, und ich dachte mir, es würde Sie interessieren.“
    „Es wird natürlich Shkeen gesprochen“, sagte Laurie, „aber Dino kann für Sie übersetzen. Ich beherrsche die Sprache auch ein bißchen, und ich werde das einflicken, was ihm entgeht.“
    Lya wirkte aufgeregt. Wir hatten natürlich von den Versammlungen gelesen, jedoch kaum erwartet, an unserem ersten Tag auf Shkea eine zu sehen zu bekommen. Die Versammlungen waren eine Art spezieller religiöser Ritus; eine Massenbeichte all jener Pilger, die bereit waren, in die Reihen der Gebundenen aufgenommen zu werden. Die Pilger überschwemmten die Hügelstadt Tag für Tag, aber Versammlungen wurden nur drei- oder viermal im Jahr abgehalten, wenn die Zahl Derer-die-bereit-sind-gebunden-zu-werden groß genug war.
    Das Luftauto strich fast lautlos über die hell erleuchtete Niederlassung hinweg, über riesige Springbrunnen, die in Dutzenden von Farben glitzerten, und hübsch verzierte Bögen, die sich wie flüssiges Feuer in die Nacht emporschwangen. Ein paar andere Wagen waren ebenfalls in der Luft, und hier und dort flogen wir über Spaziergänger hinweg, die durch die weiten, eleganten Straßen der Stadt schlenderten. Aber die meisten Leute waren im Innern der Gebäude, und Licht und Musik strömten aus zahlreichen Häusern, die wir passierten.
    Dann, unvermittelt, begann sich der Charakter der Stadt zu ändern. Der ebene Boden wellte sich, stieg an, Hügel erhoben sich vor uns und hinter uns, und die Lichter versanken. Unter uns wichen die breiten Boulevards unbeleuchteten Schotterstraßen, und die Glas- und Metallkuppeln in dem modernen Pseudo-Shkeen-Stil wurden von ihren älteren Brüdern aus Ziegelstein abgelöst. Die Shkeen-Stadt war ruhiger als ihr menschliches Gegenstück; die meisten Häuser waren still und dunkel.
    Dann tauchte vor uns eine Kuppel auf, die größer war als alle anderen – beinahe selbst ein Hügel, mit einem großen Torbogen und einer Reihe spaltartiger Fenster. Und aus dieser Kuppel sickerte Licht heraus und Lärm, und außerhalb standen Shkeen.
    Plötzlich wurde es mir bewußt: Obwohl ich schon fast einen Tag auf Shkea war – dies hier war das erste Mal, daß ich die Shkeen zu Gesicht bekam. Nicht, daß ich sie hätte sonderlich deutlich sehen können, schließlich saß ich in einem Luftauto, und es war Nacht. Aber ich sah sie. Sie waren kleiner als Menschen – der größte maß etwa fünf Fuß –, mit großen Augen und langen Armen. Das war alles, was ich von hier oben feststellen konnte.
    Valcarenghi landete den Wagen neben der Großen Halle, und wir stiegen aus. Shkeen eilten

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