Die zweite Todsuende
Tod würden die Preise raketenhaft steigen - genauso, wie es dann ja auch gekommen ist. J. Julian Simon und Saul Geltman haben das Ganze sehr, sehr sorgfältig geplant. Und zur Belohnung hat Geltman, wie ich annehme, ein Arrangement mit Dora und Emily getroffen. Nach Victor Maitlands Tod sollten die eingelagerten Bilder nach und nach verkauft werden, zehn oder zwanzig pro Jahr, damit der Preis oben blieb. Um den Verkauf würde sich Geltman kümmern, alles völlig legitim abwickeln, und dafür so um die fünfzig Prozent kassieren.»
«Von denen er wiederum J. Julian Simon einen Anteil geben mußte, weil der das Ganze ausgetüftelt hatte.»
«Genauso stelle ich es mir vor.»
«Es kann gar nicht anders sein», bekräftigte Boone.
«Gewiß», sagte Delaney. «Bleibt nur noch die Frage: Wer hat Victor Maitland erstochen?»
16
Jason T. Jason fühlte sich endlich als Kriminalist, wenngleich er nicht den Rang eines Kriminalbeamten hatte. Wie die meisten jungen Männer und Frauen, die zur Polizei gehen, hatte er geglaubt, Polizeiarbeit bestünde vor allem darin, in Zivil Ermittlungen anzustellen und Straftaten, vor allem Morde, aufzuklären. Drei Jahre Streifendienst hatten diesen Wunschtraum korrigiert, jedoch nicht ganz ausgelöscht. Und jetzt wurde er wahr.
Auf Vorschlag von Sergeant Boone und mit Hilfe seiner Frau verwandelte Jason sich in eine jener Typen, denen man in den ärmeren Vierteln häufig begegnet. Zu einem alten braunen Schlapphut, in dessen einseitig hochgeklappter breiter Krempe eine Feder steckte, die von einem klotzigen Schmuckstein aus Glas gehalten wurde, trug er ein lila Rüschenhemd, das bis zum Nabel offenstand, eine fransenbesetzte Lederjacke und um den Hals an einer Holzperlenkette ein enormes Silbermedaillon. Seine hautengen Jeans bestanden aus schwarzschimmerndem, lederähnlichem Stoff, und seine gelben Stiefel hatten Plateausohlen mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen.
Seine Frau behauptete, in dieser Verkleidung sehe Jason T. Jason aus wie der König der Zuhälter von New York, und er mußte versprechen, beim Verlassen ihres Hauses in Hicksville, Long Island, einen Regenmantel überzuziehen. Die beiden Söhne gerieten über seine Aufmachung völlig aus dem Häuschen, und er mußte sie mehrmals kräftig anbrüllen, ehe sie aufhörten zu grölen: «Hey, Ma, der Superhengst ist da!»
Jason T. Jason genoß jeden Augenblick seines neuen Dienstes. Er mochte Menschen, fand es leicht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sich mit ihren Problemen zu beschäftigen. Er hatte keinerlei Hemmungen, was seine enorme Größe betraf, und merkte bald, daß viele Leute, vielleicht gerade deswegen, es gern hatten, wenn man sie mit ihm reden oder trinken sah. Sie fühlten sich geehrt, als wären sie mit einer Berühmtheit zusammen.
Er machte zwar einen Zwölf-Stunden-Tag aus diesem neuen Job, manchmal sogar noch mehr, doch seine Frau Juanita fand ebenfalls, er solle am Ball bleiben. Immerhin war es eine Gelegenheit, für die jeder Streifenpolizist mit Freude sein linkes Ei hergegeben hätte, und wenn Jason dazu beitrug, den Fall zu klären, sprang mindestens eine öffentliche Belobigung für ihn heraus, womöglich gar eine außerplanmäßige Beförderung.
Er hatte die übliche Ausbildung an der Polizeischule genossen und dann in drei Jahren Streifendienst eine Menge Erfahrungen gesammelt, doch auf diese neue Aufgabe hatte seine Ausbildung ihn nicht vorbereitet.
Er sagte zu Juanita, wahrscheinlich würde er alles verpatzen, wenn nicht Boone ihm mit Rat und Tat zur Seite stünde. Der Sergeant brachte ihm bei, was ihm fehlte.
So erklärte Boone ihm zum Beispiel, wie man den Namen von jemand herausbekommt, den man beschattet. Man sieht zum Beispiel, wie der Mann sich mit einem anderen unterhält und nach einer Weile weitergeht; man macht sich an den anderen heran, zieht aber nicht etwa die Dienstmarke und fragt ihn rundheraus: «Wie heißt der Mann, mit dem du da gerade geredet hast?», denn dann könnte man ziemlich sicher sein, daß der Angeredete einem komisch kommt oder schwindelt. Tritt man jedoch lächelnd auf ihn zu und sagt: «Hey, Mann, war das nicht Billy Smith, mit dem du da gerade gequatscht hast?», stünden die Chancen ziemlich gut, daß der Bursche antwortet: «Billy Smith? Nix da, das war Jack Jones.»
Ähnlich, so erklärte Boone, müsse man es in Kneipen machen. Keinesfalls solle er hineinmarschieren, beim Bartender mit seiner Dienstmarke rumfuchteln, ihm die Zeichnung der spanisch
Weitere Kostenlose Bücher