Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
erzählte ihm von Alberto Di Lucca in Little Italy, und wie es dem gelungen war, den Einbruch ins Lagerhaus aufzuklären, indem er einen Verdächtigen gegen den anderen ausspielte.
    «In abgewandelter Form habe ich diese Technik immer wieder angewandt», erklärte er Boone. «Und keineswegs mit schlechten Resultaten. Ich hätte es bei Mrs. Maitland noch weiter treiben können, aber für den Anfang hat sie mir Munition genug geliefert. Jetzt werde ich Geltman fragen, was er von ihr hält. Schließlich bringen wir die beiden so weit, daß sie sich die Augen auskratzen möchten; die lachenden Dritten sind dann wir. Wie fanden Sie das Bild, das Maitland von ihr gemalt hat?»
    «Hübscher Hintern.»
    «Richtig», sagte Chief Delaney. «Aber ihr Gesicht hat er nicht gemalt. Warum wohl nicht?»
    «Weiß ich nicht, Chief. Sie ist eine wirklich schöne Frau.»
    «Hmm.»
    «Und kräftig.»
    «Ach, das ist Ihnen also aufgefallen? Jawohl, eine große, starke Frau. Meinen Sie, sie könnte ihn ermordet haben?»
    «Wer könnte das nicht?» gab Sergeant Boone zu bedenken.
    Sie aßen bei Moriarty's in der Third Avenue zu Mittag. Boone betrachtete die Lampenschirme aus Seidenflor und ließ den Blick auf der langen Mahagoni-Bar ruhen.
    «Hübsch hier, Chief», sagte er.
    «Kein Chi-chi», sagte Delaney. «Anständiges Essen, Drinks, die nicht verwässert sind. Bestellen Sie, was Sie mögen; zahlen tut die Behörde.»
    Beide bestellten Steak-Sandwiches mit Bratkartoffeln. Delaney trank Ale, Boone Eistee. «Sie ist die einzige, deren Alibi sich nicht so recht nachprüfen läßt», meinte der Sergeant beiläufig und rieb das Gesicht mit den Handflächen.
    «Wo waren Sie gestern abend?» fragte Delaney.
    «Wie bitte?»
    «Wo Sie gestern abend waren», wiederholte Delaney geduldig.
    «Warum?»
    «Antworten Sie einfach.»
    «Ich war zu Hause, Sir.»
    «Allein?»
    «Was sonst?»
    «Was haben Sie getan?»
    «Schecks ausgeschrieben, ferngesehen, in Illustrierten geblättert.»
    Boone zog eine Grimasse.
    «Okay, Chief», sagte er, «ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.»
    «Alibis sind wie Fingerabdrücke», sagte Delaney. «Gibt es welche, kann man sie überprüfen. Schön und gut. Aber meistens bekommt man nur Teilabdrücke, und die sind weder Fleisch noch Fisch. Vielleicht ist Alma Maitland wirklich einkaufen gewesen. Bloß - Frauen verabreden sich gewöhnlich zum Einkaufen und gehen anschließend essen. Oder sie treffen sich zum Lunch und gehen hinterher zusammen einkaufen. Sie behauptet, sie sei allein einkaufen gegangen, habe sich dann mit ihrer Freundin zum Lunch getroffen und sei von da nach Hause gefahren. Das gefällt mir nicht so recht. Ich hab Namen und Adresse dieser Freundin in meinen Unterlagen. Ob Sie sich wohl noch mal um die kümmern? Fragen Sie einfach, warum sie an diesem Freitagvormittag nicht mir Mrs. Maitland einkaufen war.»
    «Mach ich, Chief. Oh, da kommt unser Essen …»
    Sie aßen in aller Ruhe, tauschten Polizeiklatsch aus und sprachen über Fälle, an denen sie gearbeitet hatten.
    «Wer kassiert eigentlich im Fall Maitland, Sir?» erkundigte sich der Sergeant.
    «Gute Frage. Er hat kein Testament hinterlassen. Ich muß mich bei unseren Juristen umhören. Vermutlich fällt nach Abzug der Steuern alles der Witwe zu. Zumindest hat sie Anspruch auf die Hälfte, das steht fest. Ob der Sohn ebenfalls erbt, muß ich erst noch herausbekommen.»
    «Sie wissen ja, daß wir Kopien von Maitlands Kontoauszügen haben», sagte Boone, «und daß nicht viel drauf war. Ein Schließfach haben wir nicht gefunden. Und die einzigen unverkauften Bilder scheint Geltman in seiner Galerie zu haben.»
    «Apropos Galerie», sagte Delaney, «wir machen uns besser auf die Socken. Wir können zu Fuß hin; es ist ganz nahe.»
    Die Galerie Geltman nahm das Erdgeschoß eines modernen Bürohauses an der Madison Avenue ein. Enorme Spiegelglasscheiben, vom Bürgersteig etwas zurückgesetzt, schlossen einen langgestreckten Raum zur Straße hin ab, der hoch genug war, eine Empore aufzunehmen, die über eine eiserne Wendeltreppe zu betreten war. Büro und Depot lagen nach hinten hinaus. Man trat von der Straße unmittelbar in den Ausstellungsraum.
    Delaney und Boone sahen, daß die großen Scheiben von innen mit Vorhängen aus Rupfen verhängt waren. Ein Plakat verriet, daß die Galerie Geltman zwecks Vorbereitung der Victor Mait-land-Gedächtnisausstellung mit den bisher nicht gezeigten letzten Bildern des Künsders vorübergehend geschlossen sei.

Weitere Kostenlose Bücher