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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Interessenten wurden gebeten, nach dem 10 Juli wiederzukommen. «Es wird uns eine Ehre sein, Ihnen dann die letzten "Werke des bedeutendsten amerikanischen Malers zu zeigen.»
    Der Haupteingang war also geschlossen. Ein Zettel wies Lieferanten auf einen Seiteneingang hin. Delaney und Boone fanden diesen unverschlossen. Arbeiter mit Rigipsplatten, Kabeln für die Beleuchtung und Kartons mit schwarzen und weißen Vinylplatten gingen ein und aus. Sie traten ein und blickten sich in dem emsigen Durcheinander um; Rufe, hämmernde Männer, ein junger Mann mit einem Tuch um den Hals rannte aufgeregt mit Blaupausen umher. Als sie noch etwas ratlos in diesem Gewimmel standen, trat eine überschlanke junge Frau heran.
    «Wir haben geschlossen», erklärte sie atemlos. «Die Ausstellung wird erst am …»

    «Ich bin mit Mr. Geltman verabredet», fiel Delaney ihr ins Wort. «Mein Name ist…»
    «Bitte, keine Interviews mehr!» Sie runzelte die Stirn. «Und keine Fotos. Absolut keine! Eine Pressekonferenz mit anschließendem Empfang findet…»
    «Edward X. Delaney», beendete er mit Nachdruck seinen Satz. «Chief der Kriminalpolizei. Ich bin auf ein Uhr mit Saul Geltman verabredet.»
    «Oh», sagte sie. «Oh! Warten Sie hier, bitte!»
    Sie verschwand in dem Durcheinander. Die Wände, bisher in einem Delfter Blau gehalten, wurden schlicht weiß gestrichen, der Boden mit schwarzen und weißen Platten belegt. Leichte Stellwände gliederten den riesigen Raum in Abteilungen unterschiedlicher Größe, Leuchtkörper aus mattpoliertem Stahl in Tropfenform wurden an den Wänden angebracht.
    «Das muß ja ein Vermögen kosten», sagte Boone.
    Delaney nickte.
    Nach ein paar Minuten kam die junge Frau zurück.
    «Hier entlang, wenn ich bitten darf», sagte sie nervös. «Mr. Geltman erwartet Sie. Bitte, Vorsicht! Es liegt alles so …»
    Sie führte die Herren nach hinten. Beide setzten ihre Schritte behutsam und gelangten ohne Zwischenfall zum Büro. Der Mann hinterm Schreibtisch telefonierte; er lächelte ihnen zu und winkte ihnen, näher zu treten. Dabei redete er weiter und deutete auf Sessel ohne Armlehnen vor seinem Schreibtisch. Die Sessel - schwarzes Leder über Stahlrahmen - sahen aus wie Schleudersitze eines Düsenjägers, erwiesen sich beim Sitzen jedoch als überraschend bequem.
    «Ja, meine Teure», sagte Saul Geltman gerade. «Das kann ich Ihnen nur nachdrücklich empfehlen! … Ja … Schreiben Sie sich das in Ihr kleines lila Notizbuch … 9. Juni, von acht Uhr an … Selbstverständlich … Ich darf Sie also erwarten? Wunderbar!» Er schmatzte Küßchen ins Telefon.
    Die beiden Kriminalisten sahen sich um. Ein taubengrau gehaltener quadratischer Raum. Hinter Geltmans Schreibtisch ein Fenster mit dem Blick aufs Meer, dessen Wellen sich an einer felsigen Küste brachen. Ein atemberaubender Anblick, ein wahres Wunder von trompe l'oeil. In die Wand war ein echter Fensterrahmen eingelassen. Auch die Scheiben waren echt. Gardinen aus feinstem Nylongewebe hingen davor. Die Küste war ein riesiges, durchsichtiges Foto, von hinten beleuchtet. Die Wirkung war unglaublich realistisch. Gleichsam als Tüpfelchen aufs I war die untere Hälfte des Fensters etwas hochgeschoben, und ein unsichtbarer Ventilator blähte die Gardinen.
    Beide Männer lächelten; ein glänzender Einfall, vortrefflich gemacht. Die Wände des Büros zeigten weder Bilder noch Radierungen oder Stiche. Das gesamte Mobiliar bestand aus weißem und schwarzem Leder, Vinyl auf Chrom und rostfreiem Stahl. Die Schreibtischplatte offenbar Zinn (über Holz?) auf einem gußeisernen Gestell. Die Schreibtischgarnitur - Löscher, Federhalterständer, Brieföffner usw. - antik und aus Perlmut. In einer Ecke des Raums ein altmodischer Safe auf gewaltigen Rollen, bestimmt über hundert Jahre alt, schwarz lackiert. Die Tür schmückte ein amerikanischer Adler, der seine Schwingen über zwei Drehschlösser und zwei blitzende Messinggriffe breitete.
    «Schwarz und weiß», sagte Geltman ins Telefon. «Die Wände weiß … Sie kennen doch Maitlands Farben, Darling! Unübertrefflich … Richtig … Überlassen wir das Halston, der weiß schon, was er macht… Ja, Teuerste … Wir sehn uns also dann. Auf bald!»
    Er legte auf und schnitt eine Grimasse.
    «Reiche, einsame Witwen», sagte er betrübt. «Die Geschichte meines Lebens.»
    Federnden Schrittes kam er hinter dem Schreibtisch hervor und reichte beiden die Hand. Jetzt erst bemerkten sie, wie klein er war.
    «Behalten Sie Platz,

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