Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
hatten einen herrlichen Tag im Staub der Straße. Jetzt liegen wir am Straßenrand und schlafen. Freundlicher fügte er hinzu: Mach dir keine Gedanken um Dinge, die du nicht ändern kannst. Nicht mehr lange, und ich bin bei dir.
Pass auf Harm auf.
Natürlich. Schlaf jetzt.
Ich roch feuchtes Gras und den verwehenden Rauch des Lagerfeuers und sogar den salzigen Schweiß von Harm, der eine Armeslänge entfernt neben Nachtauge schlief. Ich war beruhigt. In meiner Welt war alles in Ordnung. Ich ließ alles los, außer diesen einfachen Wahrnehmungen und sank endlich doch noch in Schlaf.
»Wenn ich mich recht entsinne, hatten wir uns geeinigt, dass du mein Diener bist und nicht umgekehrt.«
Die Worte wurden im Tonfall blasierter Häme gesprochen, aber das Lächeln auf dem Gesicht des Narren war das meines alten Freundes. Er trug mehrere Kleidungsstücke über dem Arm und ich roch den Duft von warmem, parfümiertem Wasser. Er seinerseits war bereits makellos in noch subtilere Schlichtheit gewandet als gestern. Heute waren seine Farben Beige und Elfenbein und Waldgrün, mit einer schmalen goldenen Einfassung an Manschetten und Kragen. Er trug einen neuen Ohrschmuck, eine kleine Kugel aus Goldfiligran. Ich wusste, was sich darinnen verbarg. Er machte einen frischen, hellwachen Eindruck. Ich setzte mich auf und hielt mir mit beiden Händen den schmerzenden Kopf.
»Gabenkater?«, erkundigte er sich mitfühlend.
Ich schüttelte den Kopf, und der Schmerz schlug wie ein Klöppel hin und her. »Das wäre mir lieber.« Ich schaute unter schweren Lidern zu ihm auf. »Ich bin einfach nur müde.«
»Ich dachte, du würdest vielleicht im Turm übernachten.«
»Es kam mir nicht richtig vor.« Ich stand auf und wollte mich recken, aber mein Rücken protestierte mit einem stechenden Schmerz.
Der Narr legte die Kleider über das Fußende der Pritsche und setzte sich dann auf meine zerknüllten Decken. »So. Irgendeine Ahnung, wo unser Ausreißer stecken könnte?«
»Jede Menge. Überall in den Bocksmarken oder mittlerweile jenseits der Grenzen. Es gibt zu viele Fürsten, die ein Interesse daran haben könnten, ihn in die Hand zu bekommen. Wenn er tatsächlich von zu Hause ausgerissen ist, vergrößert sich die Auswahl der Orte, wo er untergeschlüpft sein könnte, noch um einiges.« Das Waschwasser dampfte. Einige Blättchen Zitronenmelisse schwammen in der einfachen Tonschüssel. Ich tunkte dankbar das Gesicht hinein, richtete mich auf und rieb mir das Wasser aus den Augen. Schon fühlte ich mich wacher und unternehmungslustiger. »Ich brauche ein Bad. Existieren die Dampfbäder hinter den Militärbaracken noch?«
»Ja, aber für das Gesinde sind sie nicht erlaubt. Hüte dich davor, in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Kammerdiener benutzen dass gebrauchte Badewasser ihrer Herrschaft. Oder sie holen sich ihr eigenes aus der Küche.«
Ich warf ihm einen schrägen Blick zu. »Dann werde ich heute Abend letzteres tun.« Vorläufig zog ich den besten Nutzen aus dem Handwaschbecken, beobachtet von dem Narren auf der Bettkante. Während ich mich rasierte, äußerte er beiläufig: »Morgen wirst du dich zeitiger erheben müssen. In der Küche weiß man, dass ich Frühaufsteher bin.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Und?«
»Und man erwartet, dass mein Diener herunterkommt, um mein Frühstückstablett zu holen.«
Jetzt dämmerte es mir. Er hatte Recht. Ich musste meine Rolle besser spielen, wenn ich etwas Brauchbares in Erfahrung bringen wollte. »Dann gehe ich jetzt«, machte ich mich erbötig.
Er schüttelte den Kopf. »Nicht wie du aussiehst. Fürst Leuenfarb ist ein stolzer und dünkelhafter Mann. Er würde keinen struppigen Burschen wie dich in seinen Diensten dulden. Wir müssen dafür sorgen, dass du in deinem Aussehen deiner Rolle entsprichst. Komm her und setz dich hin.«
Ich folgte ihm in Licht und Luft seines Empfangsraums. Er hatte auf dem Tisch Kamm, Bürste und Schere bereitgelegt und einen großen Spiegel aufgestellt. Ich wappnete mich für das, was mir bevorstand. Vorsorglich ging ich zur Tür, um zu prüfen, ob der Riegel vorgeschoben war, damit nicht jemand ungebeten hereinplatzte. Dann setzte ich mich auf einen Stuhl und wartete darauf, dass der Narr mir den Kurzhaarschnitt eines Dienstmanns verpasste. Er griff nach der Schere und ich löste meinen Kriegerzopf. Als mein Blick in den prunkvoll gerahmten Spiegel fiel, sah ich dort einen Mann, den ich fast nicht erkannte. Es ist seltsam mit einem großen Spiegel
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