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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hielt es mir hin. Während wir die Kompressen tauschten, sagte er beherrscht: »Ich werde dafür sorgen, dass Harm seine Lehrstelle bekommt. Du hättest mich einfach fragen können, als ich bei dir zu Besuch war. Oder schon vor Jahren hättest du den Jungen herbringen können, und es wäre dafür gesorgt worden, dass er eine ordentliche Ausbildung bekommt.«
    »Er kann lesen und schreiben und rechnen«, verteidigte ich mich. »Dafür habe ich gesorgt.«
    »Gut.« In eisigem Ton. »Ich bin froh zu hören, dass dein Verstand so weit gereicht hat.«
    Darauf gab es nichts zu antworten. Die Kopfschmerzen und eine abgrundtiefe Müdigkeit nagten an meiner Widerstandskraft. Ich wusste, dass ich Chade verletzt hatte, doch konnte ich nicht einsehen, dass die Schuld bei mir lag. Woher hätte ich wissen sollen, dass er ohne weiteres bereit gewesen wäre, mir zu helfen? Trotzdem raffte ich mich zu einer Entschuldigung auf. »Chade, es tut mir Leid. Ich hätte mir denken können, dass du mir helfen würdest.«
    »Ja«, bestätigte er schonungslos, »das hättest du dir denken können. Und es tut dir Leid. Ich bin überzeugt, dass du es ernst meinst, doch entsinne ich mich, dich gewarnt zu haben, vor vielen Jahren, dass diese Worte sich abnutzen und eines Tages verlieren sie ihre Wirkung. Fitz, es schmerzt mich, dich so zu sehen.«
    »Es wird langsam besser«, log ich.
    »Es geht nicht um deinen Brummschädel, Hornochse. Es schmerzt mich, dass du immer noch so … immer noch so bist wie früher … Verdammt! Seit man dich deiner Mutter weggenommen hat. Argwöhnisch und unzugänglich und misstrauisch. Trotz allem, was ich … In all diesen Jahren, hast du nie jemandem dein Vertrauen geschenkt?«
    Ich schwieg. Ich dachte nach. Molly. Ich hatte sie geliebt, aber nie in meine Geheimnisse eingeweiht. Meine Beziehung zu Chade war für mich so wesentlich wie das Blut in meinen Adern, aber nein, ich hatte nicht geglaubt, dass er für Harm seine Fäden ziehen würde, ohne Gegenleistung einfach nur um der alten Zeiten willen. Burrich. Veritas. Kettricken. Prinzessin Philia. Merle. Nie hatte ich mich ganz geöffnet. »Dem Narren vertraue ich«, antwortete ich schließlich und überlegte dann, ob diese Behauptung tatsächlich der Wahrheit entsprach. Doch, versicherte ich mir. Es gab so gut wie nichts, was er nicht von mir wusste. Das war Vertrauen oder nicht?
    Nach einem Moment sagte Chade schwer: »Nun, das ist schön. Dass du wenigstens einem vertraust.« Er wandte sich ab und schaute ins Feuer. »Du solltest dich zwingen, etwas zu essen. Auch wenn sich dir der Magen umdreht, du weißt, dass du die Nahrung brauchst. Erinnere dich, wie wir Veritas zwingen mussten etwas zu sich zu nehmen, wenn er von der Gabe Gebrauch machte.«
    Der betont nüchterne Tonfall tat fast weh. Mir wurde klar, dass er gehofft hatte, ich würde beteuern, dass natürlich er mein Vertrauen besaß. Es wäre nicht die Wahrheit gewesen, und ich hatte ihn nicht anlügen wollen. Ich kramte in meinem Gedächtnis nach etwas anderem, das ich ihm geben konnte und sprach es aus, ohne nachzudenken: »Chade, ich liebe dich, glaub mir. Es ist nur, dass …«
    Er fuhr zu mir herum. »Lass gut sein, Junge. Sag nichts mehr. Das genügt mir.« Er legte mir die Hand auf die Schulter und drückte so fest, dass es schmerzte. »Ich verlange nicht von dir, was du nicht geben kannst. Du bist, was das Leben aus dir gemacht hat. Und was ich aus dir gemacht habe, Eda sei mir gnädig. Jetzt hör auf mich. Iss etwas. Nase zu und runter damit, wenn es nicht anders geht.«
    Es hätte nichts genützt, ihm zu erklären, dass mir allein vom Anblick und Geruch der Speisen speiübel wurde. Ich nahm den Becher mit der Bouillon, hielt den Atem an und trank. Die Früchte in Rahm glitschten ekelhaft schleimig durch meinen Mund, der Fisch stank und das Brot wäre mir fast im Hals stecken geblieben. Ich holte noch einmal tief Luft und goss den Wein hinterher. Als ich das Glas hinstellte, brodelte mein Magen Unheil verkündend und in meinem Kopf drehte sich alles. Der Wein war stärker, als ich gedacht hatte. Ich hob den Blick zu Chades Gesicht. Seine Kinnlade hing vor Bestürzung herab. »So hatte ich das nicht gemeint«, murmelte er.
    Ich zog die Schultern hoch und breitete die Hände aus. Den Mund aufzumachen erschien mir zu gefährlich.
    »Du solltest zu Bett gehen.«
    Ich nickte und stemmte mich aus dem Sessel. Er machte mir die Tür auf, reichte mir eine brennende Kerze und blieb oben stehen, um mir zu

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