Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
mit einem Kranz eingelegter Äpfelchen. Mit Honig glasierte Aprikosen saßen wie dicke goldene Kissen in kleinen quadratischen Pasteten, die beim ersten Biss butterig-mürbe zerkrümelten. Dutzende kleiner Vogellebern mit gehacktem Knoblauch in Öl mariniert waren nicht mein Geschmack dafür umso mehr die gebratene Entenbrust mit einer Garnitur aus kandierten Ingwerscheiben. Ich schwelgte in kulinarischer Völlerei. Es gab gutes dunkles Brot und einen Würfel Butter, damit es besser rutschte. Lebven brachte einen Humpen mit kaltem Ale und gleich einen Krug dazu, um nachzuschenken. Nachdem sie es, während ich dankend nickte, vor mich hingestellt hatte, trat sie mir gegenüber an den Tisch, streute Mehl aus, nahm einen aufgegangenen Teigklumpen und legte ihn vor sich hin. Sie fing an, ihn zu schlagen und zu wenden, fügte immer wieder eine Handvoll Mehl hinzu und knetete es ein, bis der Teig seidenglatt glänzte.
Eine Zeit lang saß ich nur da und aß und beobachtete und lauschte. Der übliche Klatsch und Tratsch, kleinere Rivalitäten zwischen Knechten, einer spuckte in einen Kübel Milch, der zum Sauerwerden am Herd stand, und die Einteilung der Arbeiten für den nächsten Tag. Die Herrschaften würden sich früh erheben, aber selbstverständlich erwarten, dass ein Frühmahl bereitet war, wenn sie gestiefelt und gespornt herunterkamen, ebenso reichlich und üppig wie das Souper heute Abend. Auch Proviant musste gerichtet werden, dem Auge so angenehm wie dem Gaumen. Ich schaute zu, wie Lebven den Teig ausrollte, ihn mit Butter bestrich, zusammenfaltete, wieder ausrollte, butterte und wieder faltete. Sie spürte meinen Blick, schaute auf und lächelte. »Auf diese Weise entsteht ein Gebäck mit vielen Schichten, blätterig und kross. Aber es ist viel Mühe für etwas, das sie mit zwei Bissen verspeisen werden.«
Hinter ihr stellte ein Knecht einen Deckelkorb auf den Tresen. Er klappte ihn auf, legte ihn mit einem schneeweißen Tuch aus und fing an einzupacken: frische Brötchen, ein Klümpchen Butter, eine Schüssel mit Bratenaufschnitt und einigen der eingelegten Äpfelchen. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, während ich Lebven antwortete. »So ist es wirklich. Die meisten von ihnen verschwenden keinen Gedanken daran, wie viel Mühe es kostet, sie satt zu machen.«
Nach dem zustimmenden Gemurmel allenthalben zu urteilen, hatte ich vielen aus der Seele gesprochen.
»Sieh doch nur dich an«, bekundete Lebven ihrerseits Mitgefühl für meine Situation. »Während des ganzen Mahls auf Wache stehen, als drohte deinem Herrn unter unserem Dach, wo er ein geehrter Gast ist, eine Gefahr. Verquere jamaillianische Denkweise. Sonst hättest du nicht so lange hungern müssen und ein paar Stunden freie Zeit gehabt.«
»Das wäre mir Recht gewesen«, erwiderte ich aufrichtig. »Ich hätte mich hier gern etwas umgesehen. Ich bin noch nie in einer Burg gewesen, wo man statt Hunden Katzen hält.«
Der Knecht ging mit dem Korb zur Hintertür und übergab ihn einem Mann, der dort wartete. Von seiner anderen Hand baumelte ein pelziges Etwas. Es drängte mich aufzuspringen und diesem Korb zu folgen, aber Lebven redete noch weiter.
»Ach ja. Das ist aber erst seit den letzten zehn Jahren so, seit der alte Herr gestorben ist. Davor hatten wir Hunde und nur ein oder zwei Katzen für die Herrin. Aber der junge Herr hat lieber Katzen als Hunde und deshalb hat er die Hunde aussterben lassen. Ich kann nicht sagen, dass mir das Kläffen und Gejaule abgeht, und dass sie einem dauernd zwischen den Füßen herumgelaufen sind. Die großen Katzen bleiben in ihren Gehegen, außer wenn es zur Jagd geht. Und die Kleinen, nun, das sind Zuckerstückchen, keine Frage. Keine Ratte wagt es mehr, die Nase in unsere Küche zu stecken.« Sie warf einen liebevollen Blick auf den gescheckten Kater vor dem offenen Herd. Trotz der sommerlich milden Nacht ließ er sich von dem zusammensinkenden Kochfeuer braten. Lebven war fertig mit dem Falten des Teigs und fing an, ihn zu schlagen, bis er Blasen warf. Es erschwerte das Führen einer Unterhaltung und lieferte mir einen Vorwand zu gehen, ohne beleidigend zu wirken. Ich ging zur Hintertür und schaute hinaus. Der Mann mit dem Korb war nirgends mehr zu sehen.
Lebven rief mir nach: »Wenn du den Abort suchst, da musst du durch die andere Tür gehen und dann um die Ecke. Kurz vor den Kaninchenställen.«
Ich dankte ihr und ging folgsam zur anderen Tür hinaus. Außer mir war niemand unterwegs. Hinter der
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