Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
FitzChivalric Weitseher beiseite, um meines Wolfes Bruder zu sein.
Ein tiefer Atemzug weitete meine Brust. Ich war schwach vor Erleichterung, Nachtauge bei mir zu haben. Ich klammerte mich an sein Wesen und fühlte, wie es mich zu mir zurückführte. Ich habe dir ein Stück Brot aufgehoben.
Besser als nichts.
So dicht neben mir, dass wir uns berührten, bugsierte er mich zurück zum Feuer und seiner gesegneten Wärme. Er wartete geduldig, während ich den Brotkanten hersuchte. Ich setzte mich dicht neben ihm auf den Boden, ohne mich an seinem nassen Fell zu stören, und reichte ihm das Brot Bissen für Bissen. Als er alles aufgefressen hatte, strich ich ihm mit der Hand über den Rücken und streifte die grobe Nässe ab. Der Regen war ihm nicht bis auf die Haut gedrungen, aber ich spürte seine Schmerzen und seine Erschöpfung. Und doch war es seine große Liebe zu mir, die mich einhüllte und heilte.
Ich fand einen Gedanken, den zu teilen sich lohnte. Wie heilen deine Wunden?
Langsam.
Ich ließ meine Hand unter seinen Bauch gleiten. Hochspritzender Matsch hatte die geschwollenen Risse entzündet, sie fühlten sich heiß an. Sie schwärten. Fürst Leuenfarbs Topf mit Salbe steckte noch in meiner Satteltasche. Ich holte ihn und zu meinem Erstaunen gestattete Nachtauge mir, sie auf die langen wulstigen Schmarren zu streichen. Honig, das wusste ich, war ein Mittel, das Gifte aus Wunden sog, vielleicht half er auch gegen diese Entzündung. Plötzlich wurde mir bewusst, dass der Narr zu uns getreten war. Er kniete sich hin, legte Nachtauge beide Hände wie segnend auf den Kopf und sagte, während er ihm tief in die Augen schaute: »Ich bin so froh, dich wiederzusehen, alter Freund.« Seine Stimme klang erstickt von zurückgehaltenen Tränen, an mich hingegen wandte er sich in einem Ton, als gälte es eine reißende Bestie zu besänftigen: »Wenn du mit der Salbe fertig bist, könnte ich etwas davon für Laurels Schulter haben?«
»Selbstverständlich.« Ich strich eine letzte Schicht auf Nachtauges Wunden und reichte ihm den Topf. Als er sich vorbeugte, um ihn zu nehmen, raunte er: »Ich habe noch nie in meinem Leben solche Angst gehabt. Und ich konnte nichts tun. Ich glaube, nur er konnte dich zurückholen.«
Im Aufstehen streifte sein Handrücken meine Wange. Ich wusste nicht, ob er sich selbst beruhigen wollte oder mich. Einen Moment lang empfand ich abgrundtiefes Bedauern für uns beide. Der Schrecken war nicht vorbei, er war nur aufgeschoben.
Nachtauge streckte sich schnaufend neben mir aus. Er legte seinen Kopf auf mein Bein und richtete den Blick durch den Höhleneingang nach draußen. Doch, es ist vorbei. Ich verbiete es, Wandler.
Ich muss den Prinzen finden. Er dort weiß, wo er ist. Es gibt keinen anderen Weg.
Ich bin dein anderer Weg. Vertrau mir. Ich spüre den Prinzen für dich auf.
Ich fürchte, dieses Unwetter hat keine Spuren übrig gelassen, denen wir folgen könnten.
Hab Vertrauen. Ich finde ihn, ich verspreche es. Nur vergieße nicht dieses Blut.
Nachtauge, ich kann ihn nicht leben lassen. Er weiß zu viel.
Er überging diesen Einwand. Stattdessen warnte er: Ehe du ihn tötest, bedenke, was du ihm nimmst. Bedenke, was es heißt, zu leben.
Schon hatte er mich in seinen Sinnen gefangen und in sein Jetzt hinübergezogen. FitzChivalric Weitseher und alles, was ihn bewegte, blieb zurück. Wir schauten in die schwarze Nacht vor dem Höhleneingang. Der Regen hatte die Gerüche der Hügel geweckt und er deutete sie für mich. Der Regen war ein beständiges Rauschen, das alle anderen Geräusche überdeckte. Das Feuer vor uns brannte nieder. Am Rande war ich mir der Gegenwart des Narren bewusst, der es fütterte, sparsam, damit unser kleiner Holzvorrat bis zum Morgen reichte. Ich roch den Qualm, die Pferde, die anderen Menschen …
Es war seine Absicht, mich aus meiner Menschenwelt herauszuführen, zurück zum Dasein eines Wolfs. Darin war er erfolgreicher als geplant. Vielleicht war Nachtauge erschöpfter, als er wusste, oder der gleichförmig rauschende Regen lullte uns in die Vertrautheit von Welpen, die keine Begrenzung kennt. Ich driftete in ihn hinein, in seinen Verstand, in sein Bewusstsein und schließlich in seinen Körper.
Er hatte keine Reserven mehr. Die Müdigkeit in ihm war so groß, dass sie alles verdrängte. Er schrumpfte wie das Feuer, nahm Nahrung in sich auf und wurde doch immer kleiner.
Leben ist Balance. Wir vergessen diese Wahrheit, während wir gedankenlos von einem Tag
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