Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
er Recht. Ich legte die Hand auf seinen breiten Schädel und zog geistesabwesend sein Ohr durch meine Finger. Ich dachte an gar nichts.
    Er konnte es nicht auf sich beruhen lassen. Wandel kündigt sich an, Wandler. Ich spüre es am Rand des Horizonts, ich kann es wittern. Es ist, wie wenn ein großer Räuber in unser Jagdrevier eindringt. Spürst du es nicht?
    Ich spüre nichts.
    Doch er bemerkte die Lüge. Sein schweres Schnaufen klang wie ein Seufzer.

Kapitel 3 · Abschiede
    Die Alte Macht ist eine unreine Magie und zeigt sich in den meisten Fällen bei den Kindern eines liederlichen Haushalts. Obwohl es heißt, sie stamme von den Tieren, gibt es andere Wege, sich mit dieser gemeinen Magie zu besudeln. Kluge Eltern werden ihrem Kind nicht erlauben, mit Welpen von Hund oder Katze zu spielen, die noch bei der Mutter trinken, noch gestatten, dass sie schlafen, wo ein Tier sein Lager hat. Eines Kindes schlafender Sinn ist in besonderem Maße wehrlos gegenüber den ihn bedrängenden Träumen von Tieren, und daher ist es in Gefahr, die Sprache eines Tieres zur Sprache seines Herzens zu machen. Oft wird diese verwerfliche Magie auf Grund ihres ungebührlichen Lebenswandels Generationen einer Familie befallen, doch ist es vorgekommen, dass ein solcher Bankert plötzlich in Familien untadeligster Abkunft hineingeboren wird. Wenn dies geschieht, müssen die Eltern ihr Herz verhärten und tun, was erforderlich ist, um der anderen Kinder willen. Sie sollten sich auch unter ihren Dienern und Knechten umtun, auf dass sie erkennen, wessen Bosheit oder Nachlässigkeit der Quell dieser Ansteckung ist, und mit dem Schuldigen entsprechend verfahren.
    SARCOGIN: KRANKHEITEN UND MALAISEN
    Kurz bevor die ersten Vögel anfingen zu zwitschern, schlummerte Harm ein. Ich blieb noch eine Zeitlang am Feuer sitzen und betrachtete ihn. Der Schatten war von seinen Zügen getilgt. Harm war ein ruhiger, gradliniger Junge, niemals aufsässig. Er ergötzte sich nicht daran, Geheimnisse zu hüten. Ich war froh, dass er mir von Merle erzählt und seinen Seelenfrieden wiedergefunden hatte. Mein eigener Pfad zu innerem Frieden würde steiniger sein.
    Ich ließ ihn im Morgensonnenschein neben dem ersterbenden Feuer weiterschlafen. »Pass auf ihn auf«, sagte ich zu Nachtauge. Ich spürte den dumpfen Schmerz in den Hüften des Wolfs, das Gegenstück zu den Stichen in der alten Pfeilwunde an meinem Rücken. Nächte im Freien waren für uns beide nicht mehr das Wahre. Trotzdem, ich hätte mich lieber auf die taufeuchte kalte Erde gebettet, statt zurück zur Hütte zu gehen und Merle gegenüberzutreten. Doch Unangenehmes sollte man nicht auf die lange Bank schieben. Langsam und schwerfällig wie ein sehr alter Mann machte ich mich auf den Rückweg.
    Ich ging am Hühnerhaus vorbei, um Eier fürs Frühstück einzusammeln. Mein Völkchen war schon wach und scharrte. Der Hahn flog auf den First des neuen Dachs, schlug zweimal mit den Flügeln und krähte lustig. Morgen. Ja. Ein Morgen, vor dem mir graute.
    Im Haus schürte ich das Feuer und setzte die Eier auf. Ich holte meinen letzten Laib Brot heraus, den Käse, den Chade mitgebracht hatte und Teeblätter. Merle war von jeher eine Langschläferin gewesen. Ich hatte reichlich Muße, mir zu überlegen, was ich sagen würde und was nicht. Während ich aufräumte, also hauptsächlich ihre verstreut herumliegenden Siebensachen aufhob, verlor ich mich in Erinnerungen. Mehr als ein Jahrzehnt kannten wir uns nun. Glaubte ich, sie zu kennen. Nein, ich wollte mir nichts vormachen. Ich kannte sie. Ich nahm ihren hingeworfenen Umhang vom Stuhl. Ihr Duft hing in dem feinen Wollstoff. Eine ausgezeichnete Qualität. Ihrem Gemahl schien für sein Weib das Beste gerade gut genug zu sein. Ich kannte sie, denn ihre Handlungsweise überraschte mich nicht. Beschämend für mich, dass ich ein Ereignis wie dieses nicht vorhergesehen hatte.
    Nach der Säuberung der Bocksmarken war ich sechs Jahre allein durch die Welt gezogen. Alle Verbindungen zu früher hatte ich abgebrochen. Mein Leben als ein Weitseher, als Prinz Chivalrics Bastard, als Chades Nachfolger im Amt des königlichen Assassinen war vorbei. Ich wurde Tom Dachsenbless und richtete mich vorbehaltlos in diesem neuen Dasein ein. Wie ich es mir lange gewünscht hatte, unternahm ich weite Reisen, und nur mein Wolf hatte Anteil an meinen Entscheidungen. Ich fand eine Art von Frieden in mir selbst. Das soll nicht heißen, dass ich nicht die vermisste, die ich in Bocksburg

Weitere Kostenlose Bücher