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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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guter Mann. Du befindest dich hier unter deinesgleichen. Du hast nichts zu fürchten.«
    Erfahrung hatte mich gelehrt, dass Leute, die mir am ähnlichsten waren, für mich die größte Bedrohung darstellten. Dem zum Trotz ließ ich ein langsames Lächeln über mein Gesicht wandern und nahm tatsächlich das Messer von Pflichtgetreus Hals, doch statt es Lutwin zu geben, steckte ich es zurück in den Gürtel. Eine Hand ließ ich auf des Prinzen Schulter liegen und hielt ihn neben mir fest. Hier an dieser engen Stelle der Höhle konnte ich ihn, falls sich die Notwendigkeit ergab, blitzschnell hinter mich schieben. Aber die Notwendigkeit würde sich wohl nicht ergeben. Ich hatte vor, ihn selbst zu liquidieren. Vor zwanzig Jahren hatte Chade mich in vielerlei Methoden geschult, einen Menschen mit bloßen Händen umzubringen. Es gab die leisen Methoden und die schnellen Methoden und Methoden, bei denen es zum Erfolg etwas länger dauerte. Ich hoffte, dass ich heute noch genauso präzise und behände war wie damals. In unserem Fall empfahl es sich zu warten, bis die Frau den Körper des Jungen übernommen hatte und dann Pflichtgetreu so schnell zu töten, dass die Frau mit ihm starb, ohne die Möglichkeit, wieder im Körper ihrer kleinen Katze Zuflucht zu suchen. Ob mir anschließend noch Zeit blieb, mich selbst in Sicherheit zu bringen, bevor man sich auf mich stürzte? Kaum. Aber lieber nicht darüber nachdenken.
    Unerwartet ergriff der Prinz das Wort. »Ich werde keinen Widerstand leisten.« Er schüttelte meine Hand ab und richtete sich so hoch auf, wie die schräge Felsendecke es erlaubte. »Ich bin dumm gewesen. Vielleicht verdiene ich dieses Schicksal für meine Torheit. Aber ich dachte …« Sein Blick wanderte über die Gesichter, die uns umringten und schien zu wissen, wo er verweilen musste. Hie und da wurden Augen niedergeschlagen, malte sich Unsicherheit auf manchen Zügen. »Ich dachte, dass ihr mich wirklich in eure Gemeinschaft aufgenommen hättet. Euer Willkommen und eure Hilfsbereitschaft erschienen mir so aufrichtig. Mein Bund mit der Katze – ich hatte nie zuvor etwas Ähnliches empfunden. Und als die Frau in meinen Gedanken auftauchte und sagte – als sie sagte, dass sie mich liebt …« Seine Stimme drohte zu brechen, doch er gab sich einen Ruck und sprach weiter. »Ich dachte, ich hätte etwas gefunden, das echt und wahr ist, mehr wert als meine Krone oder meine Familie oder sogar meine Verpflichtung gegenüber meinem Volk. Ich war ein Narr. Nun wohl. Ihr Name war also Peladine? Sie hat mir ihren Namen nicht sagen wollen und natürlich habe ich nie ihr Gesicht geschaut.« Er beugte die Knie und ließ sich mit gekreuzten Beinen auf dem Boden nieder, dann breitete er vor der ihn starr musternden Katze die Arme aus. »Komm, Katze. Du wenigstens hast mich um meiner selbst willen geliebt. Ich weiß, dir gefällt das hier ebenso wenig wie mir. Bringen wir es beide hinter uns.«
    Er schaute zu mir auf, in seinem Blick eine Botschaft, die ich nicht zu entschlüsseln vermochte. Mir wurde kalt. »Verachtet mich nicht für meine Willfährigkeit. Die Katze liebt mich, und ich liebe die Katze. Das zumindest ist echt und wahr.«
    Ich wusste, wenn er das Tier in die Arme nahm, stärkte die körperliche Nähe den Bund; die Frau konnte ganz leicht in ihn hinüberwechseln. Seine dunklen Augen blickten unverwandt in die meinen. Plötzlich sah ich Kettricken in seinen Zügen, in seiner Haltung fatalistischer Schicksalsergebenheit. Seine Worte waren für mich bestimmt. »Wenn ich die Katze erlösen könnte, indem ich die Frau in mich aufnehme, täte ich es mit Freuden. Stattdessen teile ich ihre Sklaverei. Wir sind dann zwei, mit denen sie sich verschwistert hat, nur um sich unserer Körper zu bedienen. Sie hatte niemals eine Verwendung für unsere Herzen, außer um sie als Waffe gegen uns zu benutzen.«
    Pflichtgetreu Weitseher wandte sich von mir ab und schloss die Augen. Er neigte den Kopf zu dem herankommenden Tier. Es herrschte Totenstille, nicht ein Atemzug war zu hören. Alle schauten, alle warteten. Einige Gesichter waren weiß und angespannt. Ein Mann kehrte dem Geschehen schaudernd den Rücken, als die Katze Pflichtgetreu auf den Schoß stieg. Sie drückte die getigerte Stirn gegen die des Prinzen, markierte ihn nach Katzenart. Während sie die Wange an seiner rieb, traf mich ihr grün funkelnder Blick Töte mich. Jetzt.
    Der Gedanke fuhr in mein Bewusstsein wie ein Pfeil und derart unerwartet, dass ich vor

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