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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einzutreten?«
    »Selbstverständlich, Jagdmeisterin. Ich dachte nur …«
    Ich ließ sie vorbei und schloss die Tür hinter ihr. Sie blieb stehen und musterte den Prinzen, dann flog etwas wie Erleichterung über ihre Züge, und sie verbeugte sich mit einem Lächeln. »Guten Morgen, Hoheit.«
    »Guten Morgen, Jagdmeisterin.« Seine Erwiderung klang steif, aber wenigstens hatte er etwas erwidert. Ich schaute den Jungen an und erkannte, was sie gesehen haben musste. Der Prinz war wieder er selbst. Sein Gesicht war ernst, die Augen verhangen, doch er war wieder bei uns. Er schaute nicht länger nach innen, in eine Ferne, die niemand außer ihm sehen konnte.
    »Es ist eine Freude, Euch so gut erholt zu sehen, Hoheit. Ich komme, um zu erfahren, wann Hoheit aufzubrechen wünschen. Die Sonne ist aufgegangen und es verspricht ein schöner Tag zu werden, obzwar kalt.«
    »Ich bin bereit, mich darin nach unserem guten Fürsten Leuenfarb zu richten.«
    »Eine sehr kluge Entscheidung.« Ihr Blick flog durch die Kammer. »Der Fürst ist nicht hier?«
    »Er sagte, er wolle ausgehen«, erklärte ich.
    Hätte einer der Stühle das Wort an sie gerichtet, hätte sie nicht überraschter sein können. Siedend heiß wurde mir mein neuerlicher Fauxpas bewusst. In Gegenwart des Kronprinzen hatte ein gemeiner Diener wie ich in demütigem Schweigen zu verharren, bis man ihm gestattete, sich zu äußern. Ich senkte den Blick auf die Stiefelspitzen, um den Verdruss in meinen Augen zu verbergen. Wieder einmal nahm ich mir fest vor, mich besser auf meine Rolle zu konzentrieren. War mir denn die ganze bei Chade gelernte Disziplin abhanden gekommen?
    Sie schaute Pflichtgetreu an, doch als er nicht gesonnen schien, meinen Worten etwas hinzuzufügen, meinte sie nur gedehnt: »Ich verstehe.«
    »Selbstverständlich seid Ihr herzlich eingeladen, hier seine Rückkehr abzuwarten, Jagdmeisterin.« Seine Worte sagten das eine, der Tonfall etwas anderes. Seit dem alten König Listenreich hatte ich es nicht so fein abgewogen gehört.
    »Vielen Dank, Hoheit. Doch wenn es gestattet ist, würde ich mich gern zurückziehen und in meiner Kammer warten, bis man mich ruft.«
    »Selbstverständlich ist es Euch gestattet, Jagdmeisterin.« Er hatte sich umgedreht und schaute aus dem Fenster.
    »Ergebenen Dank, Hoheit.« Sie verneigte sich vor seinem Rücken. Auf ihrem Weg zur Tür trafen sich für einen kurzen Moment unsere Blicke, aber ich konnte nichts darin lesen. Als die Tür hinter ihr zuklappte, drehte der Prinz sich wieder zu mir herum.
    »Da! Verstehst du jetzt, was ich meine?«
    »Sie war nicht unfreundlich zu Euch, Hoheit.«
    Er winkte mich zum Tisch und als ich mich hingesetzt hatte, sagte er: »Sie war gar nichts zu mir. Sie behandelte mich, wie alle anderen es tun. ›Ergebenen Dank, Hoheit.‹ Doch in den gesamten Sechs Provinzen habe ich nicht einen einzigen echten Freund.«
    Ich atmete lautlos ein, dann fragte ich: »Was ist mit Euren Altersgenossen? Den jungen Herren, die mit Euch reiten und jagen?«
    »Von denen umgeben mich viel zu viele. Ich muss jeden einen Freund nennen und darf keinen bevorzugen, damit nicht der Vater eines anderen sich gekränkt fühlt. Und Eda möge verhüten, dass ich eine junge Dame anlächle. Sofort wird sie aus meiner Nähe entfernt, damit es nicht heißt, ich mache ihr den Hof. Nein, ich bin einsam, Tom Dachsenbless. Auf ewig einsam.« Schwer aufseufzend senkte er den Blick auf seine Hände, die die Tischkante umfassten. Die Szene war arg dramatisch für dieses noch bartlose Milchgesicht.
    Meine Zunge war schneller als mein Verstand. »Ach, der arme, um die Freuden des Lebens betrogene Knabe.« Sein Kopf flog hoch, und er funkelte mich an. Ich erwiderte den Blick gelassen. Ganz langsam breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht. »Gesprochen wie ein echter Freund«, sagte er.
    Im nächsten Augenblick trat Fürst Leuenfarb herein. Mit einem flinken Spiel seiner grazilen Finger zeigte er mir die Hülse, worin Brieftauben die ihnen anvertrauten Nachrichten transportieren. Im nächsten Augenblick war sie in seinem Ärmel verschwunden. Natürlich. Er war zu Merle gegangen, um nachzusehen, ob schon Antwort aus Bocksburg eingetroffen war. Und es war tatsächlich eine gekommen. Unzweifelhaft hatte Chade alles für unsere Ankunft vorbereitet. Schon war des Fürsten Blick weitergeflogen zu Pflichtgetreu am anderen Ende des Tisches. Falls er es merkwürdig fand, den Thronfolger mit mir, einem Diener, am selben Tisch sitzen zu

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