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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Meine Schwarze selbst versorgen wolle, und sie waren froh darüber. Man könnte sagen, dass ich ein unnötiges Risiko einging, immerhin bestand die Möglichkeit, dass ich Flink über den Weg lief und er mich durch irgendeine Fügung erkannte, doch in dem Gewimmel der vielen Fremden und der zusätzlichen Tiere, für die Raum gefunden werden musste, war die Gefahr gering. Man wies mich mit Meine Schwarze zum ›alten Stall‹, der für die Reittiere des Gesindes bestimmt war. Ich stellte fest, es war der Stall meiner Kindheit, in dem einst Burrich regiert und ich als seine rechte Hand fungiert hatte. Die altvertrauten Verrichtungen, um die Stute zu versorgen, bevor ich sie in ihrer Box allein ließ, brachten meinem Herzen ein gewisses Maß an Frieden. Heimeliger Stallgeruch, der gedämpfte Schein der in Abständen aufgehängten Laternen und die Laute der Tiere, die sich für die Nacht einrichteten, wirkten ungemein beruhigend. Ich fror, ich war nass und müde, aber hier im Bocksburger Stall, war ich so sehr zu Hause wie seit langem nirgends mehr. Mochte die Welt draußen sich verändert haben, hier war die Zeit stehen geblieben.
    Der Gedanke folgte mir durch den geschäftigen Hof und die Gesindepforte. In der Burg hatte vieles sich verändert und doch war mehr oder weniger alles beim Alten. Wie immer die Hitzeschwaden und das Geklapper und Geschnatter aus der Küche, wie immer der Fliesenboden vor der Wachstube dreckig vom Hin und Her lehmiger Stiefel, und wie früher quoll der Mief von nasser Wolle und schalem Bier und Kochfleisch heraus. Aus der großen Halle trieb Musik heran, Lachen, Stimmengewirr, die Geräusche fröhlich tafelnder Menschen. Vornehme Damen rauschten an mir vorbei, ihre Zofen funkelten mich an, ihre Blicke warnten mich, ich solle es ja nicht wagen, ihren Herrinnen mit meinen nassen schmutzigen Kleidern zu nahe zu kommen. Vor dem Eingang zur Großen Halle neckten zwei Jünglinge einen dritten wegen eines Mädchens, das er nicht anzusprechen wagte. Die Ärmel des einen Knaben waren mit schwarzspitzigen Hermelinschwänzen verbrämt, und der hohe Kragen eines anderen so dicht mit silbernen Ringen besetzt, dass er kaum den Kopf drehen konnte. Ich erinnerte mich an die modischen Ausartungen, mit denen Mamsell Hurtig mich einst gepiesackt hatte und konnte die beiden nur bemitleiden. Mein Leinenkittel mochte derb und schmucklos sein, aber wenigstens konnte ich mich frei bewegen.
    Früher einmal würde man von mir erwartet haben, bei einem solchen Fest zu erscheinen, auch wenn ich nur der Bastard der Familie war. Während der Zeit, als Veritas und Kettricken am Hohen Tisch residierten, war mein Platz manchmal ziemlich weit über dem Salz gewesen. FitzChivalric Weitseher labte sich an raffiniert zubereiteten Delikatessen, pflegte Konversation mit hochedlen Damen und lauschte den besten Musikanten der Sechs Provinzen. Doch heute Abend war ich Tom Dachsenbless und nur ein noch größerer Narr als ich hätte bedauert, unerkannt durch diese Lustbarkeiten zu wandeln.
    In Erinnerungen an früher befangen, hätte ich beinahe den Weg zu meiner alten Kammer eingeschlagen, aber ich merkte es noch rechtzeitig und stieg zu Fürst Leuenfarbs Gemächern hinauf. Ich klopfte und trat ein. Er war nicht da, hatte aber deutliche Spuren einer wirbelsturmartigen Anwesenheit hinterlassen. Er hatte gebadet und frische Kleider angelegt, alles offenbar in großer Eile. Eine Schmuckschatulle stand offen auf dem Tisch, bei der hastigen Suche nach etwas Bestimmtem war anderes herausgefallen und lag auf der glänzenden Holzplatte verstreut. Vier Hemden waren anprobiert, für nicht gut befunden und aufs Bett geworfen worden; verschmähte Schuhe hatte fürstlicher Unmut unter das Bett und in die Ecken geschleudert. Seufzend machte ich mich daran, Ordnung zu schaffen, quetschte zwei Hemden in den übervollen Schrank, packte zwei andere in eine Truhe und schloss die Türen vor überquellenden Stoffmassen und Schuhstapeln. Ich schürte das Feuer, steckte frische Kerzen auf, damit mein Herr, wenn er zu später Stunde heraufkam, nicht im Dunkeln stand, und fegte den Platz vor dem Kamin. Dann schaute ich mich um. Der behagliche Raum wirkte plötzlich bedrückend leer. Ich hielt den Atem an und erforschte noch einmal den Platz in meinem Bewusstsein, wo der Wolf nicht mehr war. Eines Tages, sagte ich mir, würde es ganz normal sein, dort eine Lücke zu finden. Doch gerade jetzt mochte ich nicht mit mir allein sein.
    Ich nahm eine Kerze und trat

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