Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
dein Mentor, Söhnchen. Und weil, fürchte ich, es Tage gibt, an denen, wie du es ausdrückst, meine Ecken abgenutzt sind und ich Dinge vergesse und alle die sorgfältig geordneten Fäden sich plötzlich in meiner Hand verheddern. Aus diesem Grund bemühe ich mich, doppelt vorsichtig zu sein, in allem was ich sage und tue.«
»Was war in dem Tee?« Ganz plötzlich interessierte es mich brennend.
»Einige neue Kräuter, die ich ausprobiere. Sie wurden in den Gabenschriften erwähnt. Keine Elfenrinde, sei beruhigt. Ich würde dir nichts verabreichen, was deine Fähigkeiten beeinträchtigen könnte.«
»Aber sie ›schärfen‹ den Verstand?«
»Richtig, aber man muss dafür bezahlen, wie du bereits vermutet hast. Nichts ist umsonst, Fitz, wir beide wissen das. Du und ich werden den heutigen Nachmittag im Bett verbringen, glaub mir, aber vorläufig sind wir munter und wach. So weit, so gut. Nun erzähle.«
Ich zögerte, überlegte wie ich es formulieren sollte.
Ich hob den Blick zu seinem Kaminsims und dem Messer, das er seit damals in dem Balken hatte stecken lassen. Mancherlei ging mir durch den Sinn, und ich wog es gegeneinander ab: Ehrlichkeit und argloses Vertrauen und alles, was ich einst König Listenreich gelobt hatte. Chades Blick folgte dem meinen.
»Es war einmal«, begann ich leise, »da wolltest du meine Treue zu unserem alten König auf die Probe stellen und gabst mir den Auftrag, etwas aus seinen Gemächern zu entwenden, einen beliebigen Gegenstand, nur so zum Spaß. Du wusstest, dass ich dich liebte. Also hast du diese Liebe gegen die Treue zu meinem König in die Waagschale geworfen. Erinnerst du dich?«
Er nickte ernst. »Ich erinnere mich. Und ich bedaure es bis heute.« Wieder seufzte er. »Aber du hast die Prüfung bestanden. Nicht einmal aus Liebe zu mir warst du bereit, deinen König zu hintergehen. Ich weiß, es war eine Feuerprobe, FitzChivalric. Aber es war mein König, der verlangte, dass ich dich prüfe.«
Ich nickte. »Ich verstehe das. Heute. Auch ich habe dem Haus Weitseher meinen Lehnseid geleistet, Chade. Genau wie du. Du hast nicht mir Gefolgschaft geschworen, und ich nicht dir. Zwischen uns ist Liebe, aber kein Vasalleneid.« Er hielt die Augen unverwandt auf mein Gesicht gerichtet, zwischen seinen weißen Brauen stand eine tiefe Kerbe. Ich fing seinen Blick ein und hielt ihn fest. »Meine Treue gehört meinem Prinzen, Chade. Ich denke, er sollte entscheiden, was er dich wissen lassen will.« Mit großem Bedauern trennte ich einen Teil meines Lebens ab. »Wie du gesagt hast, alter Freund. Du bist jetzt der Ratgeber der Königin und nicht mehr mein Mentor. Und ich bin nicht mehr dein Famulus.«
Ich schaute auf den Tisch und sammelte meine Kraft. Zu sagen, was ich sagen musste, fiel mir unsäglich schwer. »Der Prinz wird entscheiden, was ich für ihn sein soll. Aber nie wieder werde ich dir berichten, was der Prinz und ich unter vier Augen gesprochen haben.«
Er stand auf, mit einem Ruck. Zu meinem Entsetzen sah ich Tränen in seinen scharfen grünen Augen glänzen. Seine Lippen bebten. Er kam um den Tisch herum, nahm meinen Kopf zwischen die Hände, bückte sich und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. »Eda und El seien gepriesen«, flüsterte er rau. »Du bist sein. Und ich weiß ihn in guten Händen, auch wenn ich einmal davongegangen bin.«
Ich brachte vor Erstaunen kein Wort heraus. Schweren Schrittes kehrte er zu seinem Sessel zurück und ließ sich hineinfallen. Er nahm die Kanne, goss unsere Becher voll, drehte sich zur Seite, um sich die Augen zu wischen und schaute dann wieder zu mir. Schob mir den Becher hin und sagte: »Nun gut. Soll ich jetzt Bericht erstatten?«
Kapitel 29 · Burgstadt
Ein schönes Beet mit Finkel ist eine segensreiche Ergänzung für jeden Kräutergarten. Es ist nur darauf zu achten, dass er sich nicht zu sehr ausbreitet Man schneide ihn in jedem Herbst zurück und sammle die Früchte, bevor die Vögel Gelegenheit haben, sie durch den ganzen Garten zu tragen, oder man hat das nächste Frühjahr damit zu tun, die zarten, gefiederten Wedel auszuzupfen. Man kennt den süßen Geschmack dieser Pflanze, aber sie besitzt überdies medizinische Eigenschaften. Sowohl Samen als auch Wurzel der Staude fördern die Verdauung. Einem Säugling mit aufgeblähtem Leib gebe man einen Tee von Fenchelsamen, und es wird ihm wohltun. Ein Umschlag von demselben stärkt die Haut. Als Gebinde überreicht bedeutet Finkel je nach Auslegung ›Kraft‹ oder
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