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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte, blieben privat, meine Geheimnisse versiegelt hinter den Lippen des Narren.
    Er fügte sich mühelos in mein Leben, füllte eine Leere, die ich vorher nicht gespürt hatte. Während er bei uns war, vergaß ich fast, Harm zu vermissen, außer dass ich Lust hatte, mit dem Jungen vor ihm zu prahlen. Ich weiß, dass ich viel von ihm erzählt habe. Manchmal arbeitete der Narr mit mir im Garten oder wenn ich die Umfriedung der Koppel aus Feldsteinen und Holz ausbesserte. Wenn es nur Arbeit für einen war, wie zum Beispiel das Ausheben der Pfostenlöcher, setzte er sich daneben und schaute zu. Die Unterhaltung dabei drehte sich um die Tätigkeit, die gerade anlag oder wir flachsten auf die Art von Männern, die ihre Knabenzeit miteinander verbracht haben. Sobald sich ein ernsterer Ton einschlich, lenkte er mich mit seinen Possen davon ab. Wir ritten abwechselnd auf Malta, denn der Narr brüstete sich, sie könne jedes Hindernis überspringen, und eine Reihe improvisierter Ricks quer über meinen Zuweg bewiesen, dass er nicht zu viel versprochen hatte. Die lebhafte kleine Stute schien diese Prüfung ihrer Fähigkeiten ebenso zu genießen wie wir.
    Nach dem Abendessen unternahmen wir manchmal einen Spaziergang an den Klippen entlang oder stiegen hinunter, um bei Ebbe am Strand entlangzuschlendern. In der Dämmerung gingen wir mit dem Wolf auf Kaninchenjagd und machten bei der Heimkehr nur der Behaglichkeit wegen Feuer, denn die Nächte waren lau. Der Narr hatte mehr als nur eine Flasche von seinem süß-feurigen Marill mitgebracht und seine Stimme war so melodisch wie eh und je. Die Abende waren seine Zeit, um zu singen und zu plaudern, Geschichten zu erzählen, wundersame wie lustige. Manche schienen selbst erlebt zu sein, bei anderen handelte es sich offenbar um Märchen aus dem Volk, die er unterwegs aufgeschnappt hatte. Seine anmutigen Handbewegungen waren ausdrucksvoller als die Marionetten, die er früher geschnitzt hatte, und sein wandlungsfähiges Gesicht konnte jeden Charakter in den Geschichten darstellen.
    Erst in den späten Abendstunden, wenn das Feuer heruntergebrannt war und sein Gesicht mehr Schatten als Form, lenkte er die Unterhaltung auf Dinge, die ihm wichtig erschienen. An jenem ersten Abend, mit einer vom Marill samtigen Stimme, begann er: »Hast du eine Ahnung, wie schwer es mir fiel, mit Mädchen-auf-einem-Drachen davonzufliegen und dich zurückzulassen? Ich musste mich zwingen zu glauben, dass die Räder sich drehten und es dir irgendwie gelingen würde, am Leben zu bleiben. Es stellte mein Vertrauen in mich selbst auf eine unglaublich harte Probe, wegzufliegen und dich dir selbst zu überlassen.«
    »Dein Vertrauen in dich selbst?«, fragte ich mit gespielter Gekränktheit. »Hattest du kein Vertrauen zu mir?« Der Narr hatte Harms Bettzeug vor dem Kamin ausgebreitet und statt auf den harten Stühlen, machten wir es uns darauf gemütlich. Der Wolf döste, die Nase auf den Pfoten, an meiner linken Seite, rechts lag der Narr mit aufgestützten Ellenbogen, das Kinn in die Hände geschmiegt. Er schaute in die Flammen und wedelte müßig mit den Füßen durch die Luft.
    Die ersterbenden Flammen tanzten diabolisch in seinen Augen. »Zu dir? Hm. Nur so viel sei gesagt, dass es mir ein großer Trost war, den Wolf an deiner Seite zu wissen.«
    Was das angeht, war das Vertrauen gerechtfertigt, bemerkte der Wolf trocken.
    Ich dachte, du schläfst.
    Ich versuche es.
    Mit fast träumerischer Stimme fuhr der Narr fort: »Du hattest jede Katastrophe überlebt, die für dich in den Sternen stand. Also überließ ich dich deinem Schicksal und redete mir ein, vor dir läge eine Zeit der Ruhe. Vielleicht sogar eine Zeit des Friedens.«
    »So war es auch. In gewisser Weise.« Ich atmete tief ein. Fast hätte ich ihm von meiner Totenwache bei Will berichtet. Wie ich mit der Gabe durch den Sterbenden hindurch nach Edel gegriffen, mich seiner bemächtigt, ihn meinem Willen unterworfen hatte. Ich stieß den Atem aus. Für ihn war es nicht wichtig, und ich war nicht erpicht darauf, die Erinnerung aus der Versenkung zu holen. »Ich habe Frieden gefunden. Nach und nach. Frieden hienieden.« Ich griente töricht. Bemerkenswert, was man alles lustig findet, wenn man genug getrunken hat.
    Ich merkte, dass ich von meinem Jahr in den Bergen erzählte. Ich berichtete davon, wie wir in das Tal der heißen Quellen zurückgekehrt waren und von der einfachen Hütte, die ich für uns gebaut hatte, um darin dem Winter zu trotzen. In

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