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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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auch sie die Atemschutzmaske aufgegeben. Ihr Blick war gehetzt, die Augen trüb von zu wenig Schlaf. Sie sah April und Tim an. » Was ist mit euch beiden?«
    » Er ist mein Bruder«, sagte April. » Ich bin achtzehn.«
    Die Frau machte ein zweifelndes Gesicht, sagte jedoch nichts.
    » Wir möchten gern alle zusammenbleiben«, sagte Kittridge.
    Die Frau notierte etwas auf ihren Palmtop. » Das darf ich nicht.«
    » Wie heißen Sie?«, fragte Kittridge. Es war immer gut, einen Namen zu kennen.
    » Vera.«
    » Die Streife, die uns hergebracht hat, meinte, man würde uns nach Chicago oder St. Louis evakuieren.«
    Ein Papierstreifen glitt aus dem Schlitz des Palmtops. » Wir warten noch auf Busse. Dürfte aber nicht mehr lange dauern. Zeigen Sie das dem Mitarbeiter am Tisch.«
    Man wies ihnen ein Zelt zu und gab ihnen Plastikscheiben, die als Lebensmittelmarken dienten. Draußen umgaben sie die Geräusche und Gerüche des Lagers: Holzrauch, Chemietoiletten, die Ausdünstungen einer großen Menschenmenge. Der schlammige Boden war übersät von Abfall. Leute kochten auf Campingkochern, hängten Wäsche an die Zeltleinen, warteten an einer Pumpe, um ihre Eimer zu füllen, oder lagen benommen vor Erschöpfung in Liegestühlen. Sämtliche Mülltonnen flossen über, und Wolken von Fliegen summten darüber. Eine grausame Sommersonne brannte vom Himmel. Von den Militärlastern abgesehen konnte Kittridge keine Fahrzeuge entdecken. Anscheinend waren alle Flüchtlinge zu Fuß gekommen und hatten ihre Autos mit leerem Tank zurückgelassen.
    Zwei Leute waren bereits in ihrem Zelt einquartiert worden, ein älteres Ehepaar, Fred und Rita Wilkes. Sie waren aus Kalifornien, aber sie hatten Verwandte in Iowa, die sie wegen einer Hochzeit besucht hatten, als die Epidemie zugeschlagen hatte. Sie waren seit sechs Tagen in dem Camp.
    » Gibt’s was Neues zu den Bussen?«, fragte Kittridge. Joe Robinson war losgezogen, um sich zu erkundigen, wie mit den Essensrationen verfahren wurde. Wood und Delores kümmerten sich um Wasser. April hatte ihren Bruder mit ein paar Kindern aus dem Nachbarzelt loslaufen lassen und ihm eingeschärft, ja nicht zu wei t w egzugehen. Danny hatte ihn begleitet. » Was sagen die Leute?«
    » Es heißt immer: morgen.« Fred Wilkes war ein drahtiger Mann von mindestens siebzig Jahren mit leuchtend blauen Augen. Wegen der Hitze hatte er sein Hemd ausgezogen und einen Daunenfächer aus weißen Brusthaaren entblößt. Er und seine Frau, die ebenso üppig proportioniert war wie er schmal, spielten Rommee. Sie saßen einander gegenüber auf ihren Pritschen und benutzten einen Pappkarton als Tisch. » Wenn es nicht bald passiert, werden die Leute die Geduld verlieren. Und was dann?«
    Kittridge trat hinaus ins Freie. Sie waren umgeben von Soldaten und vorläufig in Sicherheit. Aber es fühlte sich an, als habe alles nur innegehalten und warte darauf, dass etwas passierte. Am Zaun waren in Abständen von hundert Metern Infanterieposten stationiert. Alle trugen OP -Masken vor dem Gesicht. Der einzige Weg hinein und hinaus schien durch das Haupttor zu führen. Im Norden grenzte ein flaches, fensterloses Gebäude ohne erkennbare Markierungen oder Beschilderungen an das Camp. Betonbarrikaden flankierten den Eingang. Kittridge sah, wie zwei schnittige schwarze Apache-Hubschrauber von Osten herankamen, eine weite Schleife drehten und dann auf dem Dach landeten. Vier Gestalten sprangen aus der ersten Maschine, Männer mit dunklen Sonnenbrillen, Baseballmützen und Kevlar-Westen. Sie trugen automatische Gewehre. Soldaten waren das nicht, dachte Kittridge. Eher Leute von einer dieser Sicherheitsfirmen– Blackbird vielleicht oder Riverstone. Die vier Männer gingen an den Ecken des Daches in Stellung.
    Die Luke des zweiten Helikopters öffnete sich. Kittridge beschirmte die Augen mit einer Hand, um besser sehen zu können. Einen Moment lang passierte gar nichts; dann sprang eine Gestalt in einem orangegelben Bio-Schutzanzug heraus. Fünf weitere folgten. Die Rotoren der Hubschrauber drehten sich immer noch. Nach einem kurzen Wortwechsel hoben die Leute in den Schutzanzügen zwei lange Stahlkisten aus dem Cargoabteil ihres Hubschraubers. Sie hatten ungefähr die Abmessungen eines Sarges, und Radgestelle klappten unter dem Boden herunter. Sie schoben die beiden Kisten in einen kleinen, hüttenähnlichen Aufbau auf dem Dach. Kittridge vermutete, dass es ein Lastenaufzug war. Ein paar Minuten vergingen, und dann kamen die sechs wieder zum

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