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Die zwoelf Gebote

Die zwoelf Gebote

Titel: Die zwoelf Gebote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sidney Sheldon
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Rechnung des Zahnarztes oder des Fleischers machen. Auch nicht, ob sie sich die Reparatur ihres Autos leisten konnten. Und sie hatten erst recht nicht zu fürchten, ob sie demnächst noch ein Dach über dem Kopf hatten. Die Sorgen dieser Leute bestanden einzig darin, wo sie denn den nächsten Urlaub verbringen, welchen Pelzmantel sie ihrer Frau kaufen und in welche der teuren Schulen sie ihre Kinder schicken sollten.
    Als er nach Hause kam, fragte ihn Mary: „Nun, Liebling, hast du deine Gehaltserhöhung bekommen?"
    Er wollte schon Nein sagen, aber dann sah er den erwartungsvollen Blick in ihren Augen, und es war ihm klar, daß er es nicht über sich bringen würde, sie zu enttäuschen. „Ja", log er also, „habe ich."
    Da warf sie die Arme um ihn. „Oh, Liebling, das ist wundervoll."
    Tom fühlte sich elend. Wieso, fragte er sich, hatte er sie angelogen? Aber er kannte den Grund natürlich. Er ertrug es nicht, ihr gegenüber einzugestehen, daß er ein Versager war, zu schwach, um darauf zu bestehen, daß er das Gehalt bekam, das ihm zustand.
    „Das feiern wir", sagte Mary. „Wir gehen mit den Kindern heute abend ins Restaurant aus. Wir waren schon so lange nicht mehr in einem Restaurant essen."
    Tom geriet in Panik. Woher sollte er das Geld nehmen, um seine ganze Familie in ein Restaurant auszuführen?
    „Das ist eine gute Idee", sagte er aber, wenn auch schwach. Er suchte in seinen Taschen. „Ich habe keine Zigaretten mehr",
    sagte er. „Ich gehe mal schnell welche holen."
    „Ich mache inzwischen die Kinder fertig", sagte Mary. Tom war verzweifelt. Er ging aus dem Haus, aber statt Zigaretten zu kaufen, ging er in ein Leihhaus, wo man sich gegen ein Pfand Geld borgen kann.
    Der Besitzer blickte auf, als Tom hereinkam. „Kann ich etwas für Sie tun?"
    Tom nahm seine Armbanduhr ab. „Ich möchte mir etwas Geld auf diese Uhr leihen."
    Der Leihhausbesitzer untersuchte die Uhr genau und sagte: „Ich kann Ihnen zehn Dollar dafür geben."
    „Zehn Dollar? Aber die Uhr ist hundert wert!"
    „Tja", sagte der Mann achselzuckend, „allerhöchstens fünfzehn kann ich Ihnen geben."
    Tom wußte, daß er übervorteilt wurde, aber er brauchte das
Geld dringend.
„Also gut", sagte er.
    Der Mann nahm die Uhr und zählte Tom drei Fünfer hin. „Wenn Sie die Uhr nicht in einer Woche wieder einlösen", sagte der Mann, „habe ich das Recht, sie zu verkaufen." Tom war entsetzt,. Er brauchte die Uhr. Eine Woche! Wo sollte er in einer Woche diese extra-fünfzehn Dollar hernehmen? „Könnten wir nicht einen Monat machen?"
    „Absolut nicht! In einer Woche verkaufe ich die Uhr." Und Tom dachte: Wie bin ich da nur hineingeraten?
    Seine Lüge Mary gegenüber brachte ihn tiefer und tiefer in Schwierigkeiten.
    Am Abend ging Tom mit Mary und seinen drei Söhnen in ein chinesisches Restaurant. Das hatte er ausgesucht, weil es billig war. Die Rechnung belief sich auf genau fünfzehn Dollar. Jetzt hatte er keine Uhr und auch kein Geld mehr. Auf dem Heimweg sagte Mary: „Das hat mir und den Kindern wirklich gut gefallen, Tom. Übrigens, wie hoch ist denn deine Gehaltserhöhung eigentlich?"
    Jetzt war es längst zu spät, ihr noch die Wahrheit zu sagen. „Fünfzig Dollar pro Woche", sagte er. Wenn ich schon lüge, dachte er , kann ich auch gleich mächtig lügen.
    Mary umarmte ihn. „Das ist wunderbar, Liebling. Da verdienst du jetzt zweihundert die Woche."
    „Stimmt", sagte Tom. Ja , im Traum. Zweihundert Dollar! Und wenn ich hundert Jahre alt werde, zahlt mir Mr. Gable keine zweihundert die Woche.
    „Jetzt können wir endlich alle Rechnungen bezahlen", sagte Mary überglücklich.
    Ich weiß, was ich mache, dachte Tom. Ich bringe mich um. Dann kann Mary mit dem Geld von meiner Versicherung die Rechnungen bezahlen. Es war der einzige Ausweg, der ihm einfiel. „Wie spät ist es?" fragte Mary.
    Tom wollte ganz automatisch auf die Uhr schauen, als ihm erst einfiel, daß er gar keine mehr hatte.
    „Ich habe meine Uhr zu Hause gelassen", sagte er.

    Tom lag die folgende Nacht wach und zermarterte sich den Kopf über einen Ausweg aus seiner verfahrenen Lage. Wenn er seine Stellung aufgab, mußte er woanders wieder ganz von vorne anfangen, ganz unten. Wenn er sie aber behielt und dazu vielleicht eine zweite Abendarbeit annahm, dann sah er Mary und seine Jungs überhaupt nicht mehr und arbeitete nur noch und sonst nichts. Er liebte aber seine Familie sehr und konnte die Vorstellung, überhaupt nicht mehr mit ihr zusammen zu sein, nicht

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