Die zwoelf Gebote
ertragen.
Es gab nur eine Lösung: Selbstmord. Er hatte eine Lebensversicherung auf zehntausend Dollar. Damit hätte Mary genug Geld, um alle Rechnungen zu bezahlen und die Kinder auf eine Schule zu schicken. Und sie konnte sie dazu sogar noch in Restaurants ausführen und ins Kino.
Ja, das ist die Lösung, d achte er. Ich muß mich umbringen, da hilft nichts.
Dann aber fiel ihm plötzlich ein, daß die Versicherung bei Selbstmord nicht galt. Viel besser, es mußte ein Unfalltod sein. Wenn er eines natürlichen Todes starb, wurden die zehntausend Dollar fällig. Bei einem Unfalltod verdoppelte die Summe sich sogar!
Ich muß es also so machen, dachte er, daß es wie ein Unfall aussieht. Und er begann seinen Unfalltod zu planen.
Ich laufe einem schnellfahrenden Bus in den Weg, dachte er. Da können sie nie beweisen, daß es Selbstmord war. Oder ich fahre mit dem Auto in einen Abgrund. Genau, das tue ich. Ich nehme das Auto und verunglücke an einem Abgrund. Er sah hinüber zu Mary, die tief schlief, und dachte: Sie wird mich vermissen, und die Jungs auch. Aber in ein paar Jahren findet sie wieder einen anderen und heiratet noch einmal. Und da begann er sich selbst so leid zu tun, daß er weinte, aber lautlos, damit er seine Frau nicht aufweckte.
Am Morgen fühlte er sich schon wieder sehr viel besser. Er wußte jetzt, was er zu tun hatte, um seine Familie zu retten. Es war entschieden, und er hatte die Absicht, es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Er liebte seine Familie genug, um sein Leben für sie hinzugeben.
Beim Frühstück sagte Mary: „Du bist heute aber sehr guter Laune, Liebling, sicher wegen der Gehaltserhöhung, nicht?" „Ja", sagte Tom. „Ich war schon lange nicht mehr so guter Laune."
Und das stimmte sogar. Der Gedanke an den Tod schreckte ihn nicht mehr, wenn er damit das Glück seiner Familie erkaufen konnte.
Nun, da er seine Entscheidung getroffen hatte, begann Tom, seine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Er vergewisserte sich, daß seine Versicherungspolice in Ordnung war. Er machte eine sorgfältige Liste aller unbezahlten Rechnungen in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit. Zuerst kam die Miete, dann der Fleischer, dann erst alle übrigen. Und er wollte Mary eine Liste mit Anweisungen hinterlassen. Halt, nein, fiel ihm dann aber ein. Das geht ja nicht. Dann wissen sie, daß ich meinen Tod geplant habe.
Er sah sich in der Bank um und dachte: Das ist heute mein letzter Tag hier. Alle diese Leute sehe ich nie wieder. „Gehen wir zusammen essen?" fragte jemand hinter ihm. Es war Gregory, einer der anderen Angestellten der Bank. „Ja, gern", sagte Tom. Es sollte schließlich sein letztes Mittagessen werden.
Sie gingen zu einem Restaurant in der Nähe der Bank. Gregory arbeitete in der Abteilung Fusionen der Bank und war sogar einer der Vizepräsidenten. Aber er haßte Mr. Gable genauso wie Tom.
„Haben Sie schon gehört", fragte er Tom, „was Gable für ein
neues Geschäft gemacht hat?"
„Nein", sagte Tom kopfschüttelnd.
„Er holt einen geheimen Kredit an die Goldene Kaffeegesellschaft von Venezuela zusammen. Wenn das an der Börse bekannt wird, steigen die Aktien dieser Firma wie eine Rakete hoch, tausend Prozent."
Er senkte die Stimme. „Wenn Sie schlau sind, kaufen Sie gleich jetzt ein paar von diesen Aktien. Die Sache wird wahrscheinlich erst am Montag bekanntgegeben."
Aktien kaufen, dachte Tom verbittert, womit denn?
Er hatte doch nicht einmal mehr eine Armbanduhr zum Versetzen.
„Danke für den Tip", sagte er aber. „Das will ich tun."
Sie aßen fertig und Gregory sagte: „Tja, Zeit, zurück zur Arbeit zu gehen."
Zeit, sich zum Sterben fertig zu machen, dachte Tom jedoch. Sein Plan stand fest. Morgen war Samstag, da wollte er dann Mary sagen, er fahre mal kurz weg, um eine Besorgung zu machen. Die kleine Stadt, in der sie lebten, war ringsherum von Bergen umgeben. Da gab es genug Stellen, wo man einen Unfall an einem Abgrund haben konnte, ohne daß jemand sagen konnte, es sei keiner gewesen, sondern Absicht.
Er kehrte in die Bank zurück, für den letzten Nachmittag, seiner Absicht nach. Auf der anderen Seite der Halle sah er Gregory ins Telefon flüstern, und es war ihm klar, daß Gregory heimlich diese Aktien kaufte, die bald tausend Prozent mehr wert sein sollten. Glücklicher Gregory!
Eine Sekretärin kam zu Tom und reichte ihm ein Blatt Papier. „Dieser Transfer ist eben von unserer Bank in Schweden gekommen. Sie sollen es deren Konto gut-
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