Die Zwölf Türme (German Edition)
das Ding auf die Reiter, wischte ihre Lanzen mit seinen langen Affenarmen einfach wie Strohhalme beiseite und tötete die fünf Männer so schnell, als wären es nicht ausgewachsene, gut bewaffnete Krieger, sondern nur kriechende Mäuse.
"Bleibt zurück!" schrie da Umbras und trieb sein Pferd vor die anderen, die vor Schrecken erstarrt waren. Charles sah, dass das obere Ende des knöchernen Stabes jetzt in grellem, blauweißen Feuer glühte.
Die Bestie erwartete den jungen Zauberadepten in vorgebeugter, regloser Haltung mit gebleckten Reißzähnen, von denen noch das Blut der eben Getöteten herab tropfte. Offenbar spürte das Ding die ihn bedrohende Magie. Und es schien Angst davor zu haben, denn zögernd begann es vor Umbras zurückzuweichen, der sein ängstlich scheuendes Pferd immer weiter vorwärts trieb.
Über ihren Köpfen am oberen Schluchtrand erklang ein zorniger, gellender Schrei, den der Spinnendämon ausstieß, als er sah, dass die von ihm gerufene Bestie den Angriff nicht fortsetzte.
Wie unter einem unsichtbaren Zwang bleckte die Bestie ihre furchtbaren Zähne, senkte den Kopf und stapfte langsam mit vorgestreckten Armen auf Umbras zu.
Der Adept streckte dem Monstrum das flammende Ende seines Stabes entgegen und schrie ein Wort, das Charles nicht verstehen konnte.
Ein gleißender Strahl weißen Feuers raste auf die Bestie zu, hüllte sie vollständig ein und verbrannte den mächtigen Körper in wenigen Sekunden zu einem unförmigen Klumpen verkohlten Fleisches.
Ein triumphierender Schrei kam über Krysanders Lippen, als er sah, wie das Monster vernichtet wurde. Er trieb sein Pferd neben den Adepten und rief: "Mit Eurer Zauberkraft bräuchten wir nicht einmal einen Grodnim zu fürchten! Warum habt Ihr nur so lange gezögert, so dass erst fünf von meinen Männern sterben mussten?"
"Ich ... musste ... erst ... Kräfte sammeln", keuchte Umbras und erst jetzt erkannte der Hauptmann, dass der Adept völlig erschöpft war und sich nur noch mit Mühe im Sattel halten konnte.
"Es ....kostet .....mich ....zu viel ....Kraft", stieß Umbras heiser hervor, "Das Ding ....war ...sehr .....stark. Noch einmal .....geht es nicht, ......muss mich .....erholen."
Bevor Krysander etwas dagegen tun konnte, stürzte Umbras haltlos wie ein nasser Sack aus dem Sattel und schlug hart auf den felsigen Boden.
"Alarm!" brüllte da einer der Reiter, "Der Dämon schickt noch mehr Bestien gegen uns!"
Rauchiger Nebel quoll durch den Engpass in die Schlucht hinein und aus dem Nebel stapften Dutzende unheimlicher Gestalten, bei deren Anblick Charles von Ekel und Grauen erfüllt wurde. Dort kam eine Streitmacht lebender Leichen heran, manche schon halb verwest und welche, die nur noch aus Skeletten bestanden, an deren bräunlich-gelben Knochen vermodernde Stoff- und Hautreste hingen. Sie trugen rostige Waffen verschiedenster Art; einige waren sogar mit uralten Steinkeulen bewaffnet.
Der Dämon oben am Schluchtrand hatte mit nekromantischer Magie längst verstorbene Krieger zu grässlichem Leben erweckt und herbeigezaubert. Charles fragte sich, wie mächtig erst der Dämonenlord sein mochte, wenn schon seine Vasallen solche magischen Fähigkeiten besaßen.
"Umbras kann uns nicht helfen", meinte Krysander, "Er ist bewusstlos. Hebt ihn in den Sattel und bindet ihn daran fest. Wir versuchen durchzubrechen, bevor uns diese Untoten einkreisen können."
Zwei Männer taten, wie er es ihnen geheißen hatte. Dann formierten sich die Reiter zu einem Keil, nahmen Umbras und Charles schützend in ihre Mitte, senkten die Lanzen und ritten schließlich brüllend auf die Horde der Untoten zu, die sich mit eigenartig schwerfälligen und ruckartigen Bewegungen näherten und drohend ihre Waffen schwangen. Die Ersten der unheimlichen Gegner wurden überrannt und von den Pferdehufen niedergetrampelt. Die Reiter drangen tief in den Haufen ihrer grausigen Feinde hinein; fast gelang es ihnen sogar, bis zum Schluchtausgang durchzubrechen. Doch dann wurden sie von vorgehaltenen Lanzen und Spießen aufgehalten und von den Untoten eingekreist, die von allen Seiten nun mit ihren rostigen Waffen auf sie einschlugen. Die Reiter ließen ihre jetzt nutzlosen Lanzen fallen und zogen die Schwerter, mit denen sie blindlings in die Masse der Untoten hinein schlugen.
Sie mussten jeden ihrer Widersacher förmlich in Stücke hacken, bis er endgültig unschädlich gemacht war, denn einfache Schwerthiebe machten den toten Kämpfern nicht das Geringste aus.
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