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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Entschlossenheit
bewiesen, indem Ihr ganz allein hierher nach Córdoba gereist seid. Ich
bin überzeugt, Ihr könnt diese Aufgabe erfüllen, ohne daß Euch jemand
dabei bemerkt.«
    »Nein, Herr. Der Stamm dort ist sehr wild und grausam. Ich
mache es nicht.«
    »Mein Herr und Meister, der mächtige Kalif von Córdoba ist
auch ein wilder, grausamer Mann. Wenn er herausfindet, daß Ihr von
Alexandria gekommen seid, wo seine Feinde, die Fatimiden, herrschen,
dann könnte er Euch verdächtigen, als Spion hier zu sein. Die Strafe
dafür ist der grausamste Tod.«
    Entsetzt schaute Hai von seinem Vater, der so verbissen sein
Ziel verfolgte, zu Ralambo, dem unschuldigen Jungen von der Roten
Insel, der drauf und dran war, auf Da'uds zynische Kniffe und
Hinterlist hereinzufallen. Er brannte darauf, ihm zuzurufen: »Hüte dich
vor den Großen und Mächtigen!« Doch nun war es schon zu spät.
    »Wenn ich es mache«, sagte Ralambo mit bebender Stimme und
zitternden Händen, »verspricht mir dann Euer Herr, der Kalif, daß ich,
wenn ich mit dem Leben davonkomme und nach Córdoba zurückkehre, in
Frieden in seinem Königreich leben kann?«
    »Ohne Zweifel. Ihr habt mein feierliches Versprechen.«
    Mit vor Eifer gerötetem Gesicht und einer Lebensenergie, die
Hai nicht mehr an ihm gesehen hatte, seit ihn Abu'l Kasim im letzten
Herbst am Knie operiert hatte, begann Da'ud die Einzelheiten der
bewaffneten Expedition auszuarbeiten, die Ralambo anführen sollte. Er
beriet sich mit Hai über die beste Art, wie man die Pflanze
transportieren und auf der Reise pflegen sollte, berechnete Gezeiten,
Winde und Jahreszeiten und kam schließlich zu dem Ergebnis, daß das
Schiff unverzüglich in See stechen sollte, um im Laufe des folgenden
Sommers zurückzukehren. Dann hätte er endlich nicht nur einen
hinreichend großen Vorrat an Extrakt, sondern auch die Pflanzen, aus
denen man ihn gewann. Man versprach Ralambo eine beträchtliche Summe,
von der er einen Teil bei der Abreise, den Rest bei seiner Rückkehr
bekommen sollte.
    »Bis die Expedition vorbereitet ist und in See stechen kann,
seid Ihr als Gast in meinem Hause willkommen«, sagte er lächelnd zu dem
armen Tropf, nachdem man ihm alles in klaren und einfachen Worten
erklärt hatte. Eine subtile Form des Hausarrests, begriff Hai, und eine
Mischung aus Bewunderung und Widerwillen über den modus
operandi seines Vaters vertiefte noch die Abneigung, die er
lange schon gegen die krasse Wirklichkeit der Macht hegte. Wenn die
Zeit gekommen war und er eine Entscheidung über seine eigene Zukunft
fällen mußte, würde dann sein Vater in der Lage sein, ihn zu verstehen?
fragte er sich, während er aufstand, um Ralambo dabei zu helfen, sich
im Haus zurechtzufinden.

29
    R alambos Abreise hatte in Da'ud neues Leben
geweckt. Seine Kraft kehrte zurück, und er konnte teilweise seine
Tätigkeit bei Hofe wieder aufnehmen. Al-Hakam war so beeindruckt von
der Entschlossenheit seines Arztes, die Pflanze zu bekommen, aus der
man das sogenannte Wundermittel gewinnen konnte, hatte ein so lebhaftes
Interesse an der Expedition des Malegassen gezeigt, daß er seine
schnellsten und getreusten Sendboten – ausgestattet mit viel
Gold für Bestechungen – in alle Häfen entlang des Weges
geschickt hatte. Sie sollten sicherstellen, daß das Schiff und alle
Mitglieder seiner Mannschaft jede mögliche Hilfe erhielten und daß man
ihnen keine Hindernisse in den Weg stellte. Sie wußten sehr wohl,
welches Schicksal sie erwartete, wenn sie diesen Auftrag nicht
erfüllten.
    Aber Da'uds Energie war nur von kurzer Dauer. Als der Winter
hereinbrach, die eisigen Winde von den Bergen wehten und selbst die
zähesten, sonnendurchtränkten Einwohner von Córdoba bis ins Mark
frieren ließ, wurde allen offenbar, wie gebrechlich Da'ud wirklich war.
Er konnte immer weniger Zeit im Palast verbringen, blieb schließlich
ganz fort. Jeden Morgen stand er ein bißchen später auf, jeden
Nachmittag war seine Siesta länger, so daß er sein Bett täglich nur
noch für wenige Stunden verließ. Sein Interesse an den Dingen schwand,
seine Wünsche schrumpften auf ein Mindestmaß. Seine Welt wurde immer
kleiner, sein allmählich versagender Lebensgeist wandte sich immer mehr
sich selbst zu, beschäftigte sich ausschließlich mit dem Kampf ums
Überleben.
    Hai und Sari waren zutiefst beunruhigt. Nicht nur seine innere
Stärke schwand; auch sein Körper schien sich beinahe vor ihren Augen
aufzulösen. Weder die Gerstengrütze noch die

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