Die Zypressen von Cordoba
wurden eigens für den heutigen Anlaß
gefertigt«, gab Rabbi Ezra zu verstehen.
Nach einem zustimmenden Blick auf Abu'l Kasim verkündete Ibn
Zuhr knapp: »Sie sind in Ordnung.« Dabei ließ er ein kleines goldenes
Behältnis in die Hand des Beschneiders gleiten, das ein weißes
alkalisches Pulver enthielt. »Streut ein wenig davon auf die Wunde, ehe
Ihr sie verbindet«, sagte er und mischte sich dann zusammen mit Abu'l
Kasim unter die anderen Gäste.
Eine glänzende Gesellschaft hatte sich versammelt. Der jüngere
Bruder des Kalifen war als al-Hakams persönlicher Vertreter zugegen,
zusammen mit anderen Prinzen aus dem Hause der Omaijaden, alle mit
reichen Gewändern und funkelnden Juwelen geschmückt. Zu bedeutenden
Wesiren gesellten sich Höflinge von geringerem Rang. Rabbis und Richter
von den jüdischen Gerichten waren aus allen Gemeinden von al-Andalus
gekommen. Dichter, Gelehrte und Philosophen in großer Zahl waren
erschienen. Aus den christlichen Königreichen hatten die Herrscher von
Leon und Navarra ihre persönlichen Gesandten geschickt. Königin Toda,
die noch nie jemand der Undankbarkeit hatte bezichtigen können,
schickte dem Sohn des Mannes, dem ihr Enkel Gesundheit und Thron
verdankte, ein Miniaturschachspiel: filigrane Figuren aus Gold und
Silber, das Schachbrett aus rotem und grünem Jaspis.
Als Da'ud den Blick über die zahllosen Gäste schweifen ließ,
erfüllte ihn ein Stolz, der ihn ein wenig ängstigte. Wenn ein Mann den
Gipfel seiner ehrgeizigen Wünsche erreicht hat, wenn die Höchsten des
Landes ihm, dem engsten Vertrauten des Kalifen, dem Gelehrten und Arzt
und dem Höchsten unter den Juden in al-Andalus, ihre Ehrerbietung
erwiesen, was lag dann noch vor ihm? Der Titel eines Wesirs war ihm
verwehrt, um ihn vor der Gegnerschaft der Imame zu schützen, die es
nicht dulden würden, daß ein Jude Autorität über die Moslime bekam. Er
konnte also nicht weiter aufsteigen. Die Zukunft konnte ihm folglich
nur Stillstand oder Niedergang bringen. Andere junge Männer, die so
sehr vom Ehrgeiz getrieben waren wie einstmals auch er, würden
sicherlich auftauchen und mit ihm um die Gunst des Kalifen
wetteifern … Und wer konnte vorhersagen, wie es in der Zukunft
um sein persönliches Glück bestellt sein würde, das heute vollkommen
war, aber doch zugleich äußerst verletzlich, da zwei Frauen, zwei
Kinder einander gegenüberstanden, getrennt durch den harmonischen
Garten, den er zwischen ihnen angelegt hatte. Bis heute war alles
gutgegangen, ermahnte er sich. Genieße deinen Triumph! So wie du in der
Vergangenheit den Gefahren getrotzt hast, so wirst du dich auch in
Zukunft verteidigen, dich und deine geliebte Frau Sari und Hai, euren
langersehnten Sohn.
Nun winkte ihn Rabbi Ezra zu sich. Seine Mutter Sola hatte
Sari den Säugling bereits abgenommen und ihn an Rabbi Samuel
weitergereicht, der auf seidenen Kissen ruhte und das Kind auf dem
Schoß hielt, die Handreichungen des Beschneiders erwartete. Rabbi Ezra
hatte die glänzenden neuen Instrumente sorgfältig auf einer makellosen
Marmorplatte ausgebreitet und näherte sich dem Kind, entfernte die
Windeln und spreizte die winzigen, protestierend strampelnden Beine
weit auseinander. Sari, die vom Fenster ihres Zimmers aus die Zeremonie
beobachtete, unterdrückte einen Angstschrei, ihr Körper krampfte sich
heftig zusammen. Ihr einziger Wunsch in diesem Augenblick war die
Flucht, die Flucht vor dem Anblick Ezras, der mit starker Hand die
Beine des Kindes gegen dessen Willen spreizte, so wie andere,
grausamere, brutale Hände vor vielen Jahren ihre mageren Kinderbeine
mit Gewalt gespreizt hatten … Auch damals hatte sie ihre
Angstschreie unterdrückt, aus Furcht, die Hände der alten Männer
könnten ihr noch größere Gewalt antun … Sola, die sich ihrer
inneren Qual nicht bewußt war, legte mütterlich den Arm um sie, eine
warme menschliche Berührung, die tief in Saris innerstem Wesen etwas
löste. Hemmungslos ließ sie ihren Tränen freien Lauf, und mit ihnen
strömte all der Schmerz aus ihr heraus, den sie seit ihrer Kindheit
stumm in sich verborgen hatte. Es war, als wäre sie durch ihren Sohn
selbst wiedergeboren und hätte sich nun endlich davon befreit. Der
Klang von Hais gesundem, kräftigem Protestgeheul – schwach in
den Ohren anderer, aber ein durchdringender Schrei in den Ohren seiner
Mutter – vermischte sich mit ihren eigenen Schluchzern, mit
ihrem eigenen verspäteten Protest. Erst jetzt war in ihr der Wunsch
nach Flucht
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