Dieb meines Herzens
erpressen.«
»Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, sprang sie von einer Brücke.«
»So ist es.«
Diese völlig neutrale Antwort ließ bei Leona sämtliche Alarmglocken schrillen. Ihr war klar, dass dieses Thema für Adam erledigt war. Und dies wiederum konnte bedeuten, dass man den Geheimnissen um Adams guten Freund Mr Pierce zu nahe gekommen war.
»Die Frage bleibt, was wir mit Mr Ware machen sollen«, sagte Leona.
»Er schläft jetzt?«
»Ja.«
»Sehr tief?«
»Sehr.«
»In diesem Fall schlage ich vor, dass wir ihn im Wald neben der Straße zurücklassen.«
»Das kann nicht dein Ernst sein. Der Mann rettete mir heute das Leben. Außerdem fängt es zu regnen an. Er würde sich eine tödliche Erkältung holen.«
»Du kannst ihn nicht wie einen streunenden Hund nach Hause mitnehmen«, murmelte Adam entrüstet.
»Vielleicht könntest du ihn für die Nacht aufnehmen?«
»Kommt nicht in Frage. Mr Pierce würde es nicht billigen. Wie du weißt, hatte er von Anfang an ernste Vorbehalte gegen unseren Plan. Wenn er erfährt, dass ich einen Hypnotiseur anschleppte …«
»Also gut, lass mich kurz überlegen.«
»Warum war Ware heute in Delbridges Museum?«
Leona zögerte. »Er wollte den Kristall holen.«
»Deinen Kristall ?«
»Ja, zufällig.«
»Verdammt. In diesem Fall solltest du noch etwas bedenken.«
»Was denn?«
»Du musst davon ausgehen, dass er nach dem Erwachen den verdammten Stein noch immer haben will.«
Leona spürte, wie ihre sonst unerschütterlichen Lebensgeister jäh sanken. Adam hatte recht. Wenn Thaddeus sie suchte, dann nur, weil er den Stein wollte, und nicht, weil er sie wollte. Der elektrisierende Kuss von vorhin war Produkt einer Halluzination, Teil eines Albtraumes. Es war kaum jene Art Begegnung gewesen, die im Herzen eines Gentleman Sehnsüchte weckt.
»Nach dem wenigen, was ich eben von ihm sah«, fuhr Adam fort, »vermute ich, dass er seine Beute nicht aus Galanterie aufgeben und dir gestatten wird, den Stein für dich zu fordern.«
»Du hast recht. Wir müssen Mr Ware loswerden. Ich habe eine Idee.«
5
Die Uhr schlug drei.
Als Richard Saxilby erwachte und in der Galerie um sich blickte, empfand er zunächst Verwirrung. Was hatte er hier oben zu suchen? Er hatte die anderen auf der Besichtigung begleitet, auf der Delbridge früher am Abend bestanden hatte, hatte aber das Erlebnis nicht genossen. Sein Interesse an Antiquitäten war gering und Langeweile vorhersehbar. Aber Langeweile war nicht das Problem, sondern die in der Galerie ausgestellten Antiquitäten, die bei ihm ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl hervorgerufen hatten.
Warum war er zurückgekehrt?
Die Erinnerung stellte sich so jäh ein, dass es ihm den Magen umdrehte. Er war Mollys wegen hier. Das freche kleine Luder hatte vorgeschlagen, sich hier zu treffen, sobald der Tanz begonnen hatte. Hier würde kein Mensch sie suchen, hatte sie gesagt.
Aber Molly war tot. Grausam ermordet.
Er fuhr herum, sein Herz raste. Nein, es war kein Traum gewesen. Sie lag noch immer hier auf dem Boden. So viel Blut, dachte er. Ihre Kehle war durchgeschnitten. Sie war dahingemetzelt worden.
Sein Magen rebellierte. Einen grässlichen Augenblick lang glaubte er, sich übergeben zu müssen. Der Anblick des Leichnams war so unerträglich, dass er sich abwandte.
Jemand musste es Delbridge beibringen, damit dieser die Polizei verständigen konnte.
Die Polizei. Panik ließ seine Brust eng werden. Er konnte sich nicht leisten, mit einem Mord in Verbindung gebracht zu werden. Der Investmentplan, den er so mühsam ausgearbeitet hatte, war eine sehr heikle Sache. Hochrangige Gentlemen standen vor der Entscheidung, ob sie das Projekt finanzieren sollten oder nicht. In den Klubs machte Klatsch rasch die Runde.
Schlimmer noch. Die Polizei glaubte womöglich, er hätte die hübsche Prostituierte getötet. Wie sollte er den Männern von Scotland Yard seine Anwesenheit in dieser verdammten Galerie erklären? Außerdem musste er an seinen Drachen von Frau denken. Helen würde außer sich geraten, wenn der Name der Familie im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungen genannt wurde. Nicht auszudenken, wie sie toben würde, wenn sie erfuhr, dass er sich hier mit einer Prostituierten getroffen hatte.
Er musste weg, ehe jemand kam. Er wollte hinuntergehen, sich unter die Gäste mischen und dafür sorgen, dass ihn alle mit einer der Frauen tanzen sahen, die Delbridge für den Abend besorgt hatte.
Sollte ein anderer die Tote
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