Dieb meines Herzens
Mysteriösen, Geheimnisvollen« , hatte Edward gesagt. »Die Kundschaft will ein wenig Theater, bewusst oder unbewusst. «
»Dr. Goodhew sagte also, dass Ihre Träume auf Stauungen zurückzuführen seien?«, fragte sie wachsam.
»Ja, genau.« Mortons Kopf wippte einige Male auf und ab. »Er erklärte mir alles und versicherte mir, dass Sie dank gewisser Therapien diese Stauungen beheben könnten.«
Harold Morton war ein lüsterner Dummkopf, und nun saß sie mit ihm in dem kleinen Sprechzimmer wie in einer Falle. Was hatte sich Dr. Goodhew dabei gedacht, als er den Kerl zu ihr schickte?
Mit seinem gelichteten Haar, dem gepflegten Schnurrbart und dem konservativ geschnittenen Anzug war Morton jeder Zoll der ehrbare Buchhalter, als den er sich ausgab. Kaum aber hatte sie die Lampe gedämpft und den Smaragdkristall aktiviert, hatte sie gespürt, dass er nicht mehr daran interessiert war, Hilfe gegen die verstörenden Träume zu finden, die ihn angeblich plagten. Nun hatte er anderes im Sinn.
»Leider kann ich Ihnen nicht helfen, Mr Morton«, sagte sie brüsk. Gleichzeitig stoppte sie ihre psychische Energie und ließ sie nicht mehr in den Kristall fließen. Der grüne Schein verblasste.
»Was soll das heißen?« Morton richtete sich verärgert auf. »Dr. Goodhew garantierte mir eine exklusive Therapie in intimem Ambiente.«
»Leider hat man Sie über die Natur meiner Therapie falsch informiert, Sir.«
»Kommen Sie, Mrs Ravenglass, nicht so spröde.« Morton zwinkerte ihr zu. »Ich zahlte Goodhew einen hübschen Betrag für die Gelegenheit, Sie in intimer Umgebung zu konsultieren.«
Sie erstarrte. »Sie haben für diese spezielle Therapie extra bezahlt?«
»Aber sicher.«
»Ich bedaure, aber die Arbeit mit dem Kristall wird Ihr Problem nicht lösen. Vielleicht sollten Sie ein Mittel von Dr. Goodhew versuchen, um Ihre Manneskraft zu stärken.«
»Mit meiner Manneskraft ist alles in Ordnung, Mrs Ravenglass«, sagte Morton rasch. »Deswegen bin ich ja da. Mein Problem ist ein Überschuss männlicher Kraft. Ich brauche Erleichterung … eine Frau wie in meinem Traum. Wir brauchen einander, Mrs Ravenglass. Verzweifelt.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Unsinn.« Wieder beugte Morton sich vor. Seine Aura erhitzter Erregung verstärkte sich. »Lassen Sie mich meinen letzten Traum schildern. Ich träumte ihn in den letzten zwei Wochen mehrmals, sehr lebhaft.«
»Denk daran, Leona, beim Betreten der Bühne muss man das Publikum vom ersten Moment an in der Hand haben …«
»Ich möchte von Ihren Träumen nichts hören, Sir«, sagte sie scharf. »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
Morton ignorierte sie. »Die Frau in meinem Traum wurde in der Hochzeitsnacht Witwe. Ihr Gatte starb, ehe die Ehe vollzogen werden konnte, so dass sie jahrelang ohne die Freuden einer normalen, gesunden ehelichen Beziehung zu leben gezwungen war.«
»Das wäre für heute alles, Mr Morton.« Sie machte Anstalten, sich vom Tisch zu erheben, um die Lampe höher zu drehen.
»Die arme jungfräuliche Witwe erleidet kräfteraubende hysterische Anfälle. Man weiß ja, dass Witwen und alte Jungfern oft darunter leiden, weil ihnen normale eheliche Beziehungen versagt bleiben.«
Der grüne Kristall glühte noch immer, wenn auch schwach. Er hätte schon ganz dunkel sein sollen. Halb auf den Beinen,
setzte Leona sich abrupt und schockiert wieder hin. Harold Morton aktivierte völlig unbewusst den Kristall.
»Ich glaube, dass Sie die Frau meiner Träume sind, Mrs Ravenglass.« Mortons Stimme war heiser vor Verlangen. »Ich sehe jetzt, dass das Schicksal uns zusammenführte, damit ich Ihre Spannung lösen und einen hysterischen Anfall verhindern kann. Diese Behandlung wird auch meine Stauung lösen. Wir können einander befriedigen, Madam.«
»Das Schicksal hat mit unserer Begegnung nichts zu tun«, erwiderte sie kalt.
Sie musste ein ernstes Wort mit Dr. Goodhew reden. Wie konnte er es wagen, männlichen Kunden gegenüber anzudeuten, dass sie zu Liebesdiensten bereit war?
Der Kristall glühte nun heller, aber nicht auf gesunde, heilende Weise. Morton ließ noch immer nicht erkennen, dass er wusste, dass er es war, der die Energie des Steines aktivierte. Dennoch war klar, dass er mehr Energie besaß als der durchschnittliche Klient und diese irgendwie in den grünen Kristall einfließen lassen konnte.
Jeder Mensch besaß bis zu einem gewissen Grad paranormale Fähigkeiten. Die große Mehrheit der Menschen aber lebte ein Leben lang,
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