Dieb meines Herzens
nicht so, als hätten Sie mich nicht gefürchtet.«
»Mr Ware, hören Sie mir gut zu.« Sie berührte seine Wange und blickte ihn mit der gesamten ihr zu Gebote stehenden Entschlossenheit an. »Was Sie spürten, war meine Angst, dass ich Ihnen nicht helfen könnte.«
Er sagte nichts, stand nur im Dunkel da und sah sie an, als sähe er sie zum ersten Mal.
Als ihr plötzlich die Wärme seiner Haut unter ihren Fingern
bewusst wurde, ließ sie ihre Hand sinken, richtete sich auf und straffte die Schultern. »Ich darf Sie daran erinnern, dass dies mein Beruf ist. Ich weiß sehr wohl, dass meine spezielle Sachkenntnis innerhalb der Arcane Society nicht sehr angesehen ist. Trotzdem … was Kristalle angeht, bin ich Expertin.«
»Hätten Sie den Kristall nicht unter Kontrolle gebracht, wäre die Sache ganz anders ausgegangen.«
»Ich gebe zu, dass die Situation streckenweise ziemlich heikel war«, sagte sie. »Sie sind der stärkste Patient, mit dem ich es je zu tun hatte. Ein paar Minuten im Wagen waren wir beide vom Kristall wie gefangen, da Ihre Energieströme so stark waren. Hätten Sie Ihre Beherrschung total verloren und wären zu dem Ungeheuer geworden, für das Sie sich selbst hielten, hätte das daraus resultierende Chaos sich verheerend ausgewirkt. Gut möglich, dass keiner von uns es überlebt hätte, zumindest nicht mit gesundem Verstand.«
»Sind Sie sicher?«
»Glauben Sie mir, wenn ich sage, dass ich die Kräfte, die wir gemeinsam im Wagen entfesselten, nur beherrschen konnte, weil Sie selbst noch etwas Selbstbeherrschung aufbrachten.«
»Sie glauben, ich hätte mein Verlangen nach Ihnen in der Gewalt gehabt?«, fragte er tonlos.
Gegen seine hypnotischen Talente mochte sie immun sein, doch immer wenn er das Wort Verlangen verwendete, war sie in Gefahr, sich hinreißen zu lassen.
»Ich schlage vor, dass wir das Thema wechseln«, sagte sie leichthin. »Es besteht kein Grund, noch länger zu diskutieren, was in der Kutsche zwischen uns vorging. Eine Entschuldigung Ihrerseits ist nicht nötig, sie können sich Schuldgefühle
sparen. Ich bin ja keine junge Unschuld, deren Empfindsamkeit einen heftigen Schock erlitt.«
»Ich verstehe.«
Sie glaubte, eine merkwürdige Note in seinem Ton herauszuhören, war aber nicht sicher. Er hörte sich an, als versuche er, ein starkes Gefühl zu unterdrücken. Offenbar war sein Schuldgefühl überwältigend. Wieder versuchte sie, beschwichtigende Worte zu finden.
»Wie ich schon sagte, bin ich ein Profi«, sagte sie glatt.
»Ich verstehe«, wiederholte er.
»Zusätzlich habe ich Erfahrung mit dieser Art von Verlangen.«
»Tatsächlich?«
»Vor zwei Jahren war ich verlobt. Das sagt wohl alles. Sie können sicher sein, dass ich in diesen Dingen eine erfahrene Frau bin.« Sie ließ eine nonchalante Handbewegung folgen. »Sie können mir glauben, wenn ich sage, dass ich Ihre Leidenschaft keine Sekunde auf mich persönlich bezog. Mir ist bewusst, dass Sie lediglich einen Brennpunkt brauchten, der Ihnen half, die Halluzinationen zu kontrollieren. Es war ein Zufall, dass ich und mein Kristall zur Hand waren.«
»Ich weiß Ihre Versicherungen zu schätzen, Madam Profi.«
Zum ersten Mal seit mehreren Minuten rührte er sich und trat auf sie zu. Das Licht glitt über sein hartes Gesicht. Nun sah sie zum ersten Mal, dass er lächelte. So also steht es um sein überwältigendes Schuldbewusstsein, dachte sie enttäuscht. Sonderbare Verlegenheit durchströmte sie.
»Tja, nun haben wir das Thema abgehandelt und sollten vielleicht ins Haus zurückgehen«, sagte sie heiser.
Er schob seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf
ein wenig an. »Ein Problem gibt es noch zwischen uns, das es zu besprechen gilt.«
Es fiel ihr schwer, in seiner Nähe normal zu atmen. Sie musste einige Male schlucken, ehe sie wieder Worte fand.
»Und das wäre?«, fragte sie wachsam.
»Die Wirkung des Giftes ist nun schon seit einiger Zeit vergangen, doch ich muss feststellen, dass meine grundlegenden Sehnsüchte sich noch immer zur Gänze auf Sie richten.«
Sie erstarrte. Das Atmen war plötzlich ihr geringstes Problem. Sie konnte nicht mehr klar denken.
Sie benetzte ihre Lippen mit der Zungenspitze.
»Sie sind auf mich gerichtet, sagen Sie«, brachte sie heraus … in professionellem Ton, wie sie hoffte.
»Ja, Miss Hewitt, auf Sie.«
17
»Außerdem«, fuhr Thaddeus fort, und seine Stimme war so verführerisch wie Mondschein auf dunklem Gewässer, »sollten Sie wissen, dass ich Sie
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