Diebesgeflüster - Band 3
uns noch kurz den Plan besprechen.«
Bei dem Gedanken an die kostbaren Diamanten des Lords von Willshire ließ Bunlag den Mund kurz offen stehen, was von Samjon nur mit einem genervten Kopfschütteln quittiert wurde.
»Du musst dich konzentrieren, verstehst du? Ein Fehler und wir fliegen auf. Dann stecken sie uns in den Kerker!«, ermahnte Samjon seinen schlaksigen Partner, dem bei diesem weniger angenehmen Gedanken der Kiefer wieder zuklappte.
Der lange Bunlag presste sich augenblicklich so fest gegen den Felsen, dass er an einen Grashalm erinnerte, der sich perfekt der Oberfläche anpasst, auf die er gedrückt wird. Samjon wirkte erleichtert, hatte er nun doch mehr Platz, um auch sich selbst vor den suchenden Blicken der Wachen auf der Dorfpalisade in der Ferne zu verstecken.
»Gut, dann erkläre ich dir meinen Plan. Pass gut auf, damit ich es dir nicht schon wieder zweimal sagen muss!«
Bunlag gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er sich konzentrieren würde, und ließ sich von Samjon wie immer erklären, was er zu tun hatte. Sein dümmliches Grinsen konnte er jedoch nicht ablegen, dafür trug er es bereits zu viele Jahre mit sich.
»Wir fordern die Wachen ganz einfach auf, uns hineinzulassen, als wären wir harmlose Reisende oder Händler. Die kennen uns nicht und wissen nichts von unseren bisherigen Taten. Zudem sollen die Wachen von Willshire ziemlich leichtgläubig sein, und der Lord selbst zeigt angeblich besonderes Interesse an exotischen Gütern. Wenn sie uns nun nicht hineinlassen, sagen wir, dass wir etwas für ihren Lord hätten.«
Bunlag verzog seinen Mund zu einem breiten Grinsen, sodass man das Fehlen dreier Zähne erkennen konnte. Er schien verstanden zu haben: »Und dann gehen wir gar nicht zum Lord, hehe. Nicht wahr?«
»Natürlich gehen wir zum Lord, du Dummkopf! Wie sollen wir denn sonst an die Diamanten kommen?«
»Oh, stimmt. Hehe. Das hatte ich nicht bedacht. Aber was wollen wir dem Lord denn dann anbieten?«
»Du bedenkst so einiges nicht, du törichter Riese! Das Denken überlass mal ruhig mir. Wir werden ihm ein ganz besonderes Produkt anbieten«, schmunzelte Samjon und musste sich die Hand vor die Lippen pressen, da er sein unterdrücktes Kichern beinahe nicht mehr zurückhalten konnte. »Unser Trinkwasser!«
Nun war Samjon vor Lachen nicht mehr zu halten und auch Bunlag, der überhaupt keine Ahnung hatte, warum sein muskulöser Gefährte es lustig fand, einem mächtigen und reichen Lord einer Gegend wie Willshire etwas zum Trinken anzubieten, stimmte in das Gelächter ein, sodass sie sich gegenseitig immer wieder die Hand vor den Mund halten mussten, damit das laute Gelächter nicht bis zu den Holzpfählen der Stadtpalisade vordringen konnte.
Erleichtert atmete Bäcker Bacchus auf. Einen Botengang noch, dann hatte er den langen Arbeitstag endlich hinter sich. Seit der Früh war er nur am Backen und Ausliefern, da der Lord heute ein großes Festmahl zu seinem Geburtstag abgehalten hatte. Bacchus wusste, dass auch morgen die selbe mühsame Prozedur auf ihn wartete, denn mit einer einzigen Feier gab sich der Lord nicht zufrieden. Bereits früh am Morgen mussten die achtzig Brotlaibe die Burg in der leicht erhöhten Mitte des Dorfes hinauf getragen worden sein, die mit ihrem prunkvollen Glanz ein Sinnbild der unersättlichen Gier des Lords war und verdeutlichte, wie er seine ihm untergebene Bevölkerung in dem stark heruntergekommenen Dorf behandelte. Doch an den nächsten Tag wollte Bäcker Bacchus jetzt gar nicht denken. Nur noch der letzte Botengang zur Schildwache Rain, die bestimmt schon ungeduldig auf ihre abendliche Verpflegung wartete, und dann würde er sich todmüde ins Bett fallen lassen.
Ein letztes Mal sammelte Bacchus all seine Kräfte und zog den Leiterwagen mit den Brotkörben in Richtung Dorfpalisade, wo er das lange, rote Haar der Schildwache Rain in der Abenddämmerung aufblitzen sehen konnte. Er hatte vor ihr immer sehr viel Respekt gehabt, als einzige Frau in der Privatarmee des Lords imponierte sie ihm sehr, zudem war sie attraktiv. Der Besuch bei Rain war der tägliche Höhepunkt in Bäcker Bacchus Leben, und er wünschte sich, eines Tages nicht durch den riesigen, weißen Wappenschild mit den Insignien des Lords von ihr getrennt zu sein, den alle Schildwachen stets bei ihrem Dienst tragen mussten und nie ablegen durften. Denn wäre es nicht schon schlimm genug gewesen, dass sich die Wachen des Lords nicht mit niederen Untertanen einlassen durften,
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