Diebesgeflüster - Band 3
Tierläufen aussahen und in langen Klauenpfoten endeten. Ein langgezogener Fang mit gebogenen, schneeweißen Reißzähnen, eine Wolfsschnauze. Gelbe Augen, dreieckige Ohren.
Tebby schrie entsetzt auf. Bis hierher war das Vieh ihr gefolgt! Des Großfürsten Werwolf.
Das Biest griff an!
Mit einem lässigen Prankenhieb fegte es den Bruder des Fürsten beiseite, sodass der Mann in die ersten Stuhlreihen flog. Weitere Stühle kippten um, erfüllten die große Halle mit Getöse, das unterging im Knurren der Bestie.
Das Vieh sprang die Soldaten an. Der Griff um Tebbys Oberam löste sich, und sofort raffte sie das Banner an sich und rannte um ihr Leben. Vorbei am gefällten Mann in Blau, den umgestürzten Stühlen, den noch stehenden Reihen. Buntes Licht, das durch die Fenster fiel, zauberte Muster vor Tebbys Augen, malte bedrohliche Szenen vor ihre Füße. Der Puls raste. Tebby keuchte, verschwendete keinen Atem auf einen weiteren Schrei. Ihr Körper arbeitete von ganz alleine, richtete alle Muskelleistung auf Flucht aus.
Hinter ihr ein erstickter Aufschrei, der in einem Gurgeln endete, das hechelnde Atmen der Bestie, dann das Geräusch von Klauen auf poliertem Stein.
Tebby beschleunigte noch mehr, bog hinter der letzten Stuhlreihe nach links auf das Portal zu, das sich im gleichen Moment öffnete. Zwei Bewaffnete.
»Hilfe!«, keuchte Tebby und verhedderte sich in der Stofffülle von Kutte und Banner und ging mit einem Schrei zu Boden.
Über sie hinweg flog die Bestie und griff die drei Soldaten an.
Mit einem angsterfüllten Keuchen, das ihr selbst in den Ohren weh tat, rappelte Tebby sich wieder auf, zerrte das Banner an sich und kroch rückwärts fort, als das Scheusal sich zu ihr umwandte und sie aus stechend gelben Augen anstarrte.
Sie brachte doch noch einen Schrei über die Lippen, während das haarige Vieh auf sie zusprang und sie packte. Wie ein Ferkel klemmte die Kreatur sich Tebby unter den Arm und rannte los. An Tebbys Schreien und Zappeln störte das Wesen sich nicht, sondern flog den Weg zurück, den Tebby geflohen war.
Tebby schrie um Hilfe, hielt das Knäuel Banner fest umklammert und strampelte mit den Beinen. Der Blutgeruch, der vom struppigen Fell des Wesens ausging, machte sie benommen und verursachte Brechreiz. Das Pflaster der Halle raste wie ein grauer Schemen unter den gewaltigen Klauen des Biests hinweg.
Ein langer Satz, und sie standen auf dem Altar. Das Biest knurrte tief in der Kehle, und die Vibration übertrug sich von Brustkorb zu Brustkorb.
»Lass mich los!«, schrie Tebby in mittlerweile heller Panik.
Doch menschliche Worte schien das Vieh nicht zu verstehen. Die Kreatur duckte sich zum Sprung und stieß sich ab.
Die freie Klauenhand legte sich wie schützend vor Tebbys Gesicht, die aufgrund dieser Annäherung noch einmal aus voller Lunge schrie.
Bunte Scherben flogen umher, begleitet vom Geräusch tausend zerplatzender Weingläser. Ein kurzer Fall, eine harte Landung, und Tebby rang nach Atem für einen neuerlichen Schrei. Das Vieh war mit ihr durch eines der bunten Fenster gesprungen, hetzte nun auf einem schmalen Sims auf dem Kreidefelsen entlang. Im toten Winkel von der Krone der Wehranlagen, begriff Tebby, als Pfeile niederprasselten und weit fehl gingen.
Schreie auf den Verteidigungsanlagen, gebrüllte Befehle, während das Monstrum auf zwei Beinen und der freien Klauenhand loshetzte, dicht im Schatten der aufragenden Festungsmauer blieb, bis sich ein Weg nach unten öffnete. Ein Pfad, wie Wildtiere ihn benutzten.
Tebby schrie atemlos auf, als die Kreatur in langen Sätzen hinabfegte. Mehr als einmal schienen sie sich zu überschlagen, und doch kamen sie heil unten an. Geduckt hetzte die Bestie weiter, bis der Weg in einem Wäldchen endete, wo der kleine Wagen stand, mit dem Tebby nach Tespins Hald gereist war.
Der stählerne Griff um ihre Mitte lockerte sich, und Tebby fiel zu Boden, wo sie sich auf Hände und Knie aufrappelte und zur Seite flüchtete.
»Kutte ausziehen. Banner in Kiste unter Wagen verstecken. Schnell.« Die Stimme des Wesens klang wie das Heulen und Knurren eines Hundes oder Wolfs. Die Andeutung von Gewalttätigkeit lauerte in jeder Silbe.
»Ich …«, brachte Tebby hervor.
Das Wesen schüttelte den Kopf, wies mit einer Klaue am Ende eines langen, muskulösen und haarigen Arms auf den Wagen und … schrumpfte, krümmte sich.
Tebby nutzte diese Gelegenheit, sprang auf und rannte zur Kutsche, das Banner fest an die Brust gedrückt. Die Enden
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