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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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brachte ihn ohne eigenes Zutun auf einen Gedanken, der ihm
überhaupt nicht gefiel: Gleichzeitig Nachtschatten und
Mignureals Mann zu sein, könnte sich als unmöglich
erweisen.
    Er seufzte, zapfte etwas Bier aus dem kleinen Fäßchen
und war wieder einmal dankbar, daß die kleine aber unglaublich
dicke alte Frau aus dem ersten Stock eine wahre Meisterbrauerin war.
Mit einem Krug voll Bier und einem Löffel ließ er sich vor
der Schüssel nieder.
    »Weißt du, der Unterschied zwischen Hunden und Katzen
besteht darin, daß ein Hund seine Schnauze sofort in das
heiße Fressen stecken und sie sich dabei verbrennen
würde!« rief er. »Katzen aber sehen es sich vorher an
und schnüffeln daran herum. Hmmm! Das schmeckt gut! Guter alter
Quill!«
    Einmal vernahm er Stimmen, aber er begriff, daß sie von
draußen durch das zerbrochene Fenster in dem anderen Zimmer
kamen. Ich muß dieses verdammte Fenster reparieren, überlegte er.
    Mignureal kam in dem langen, bunt bestickten Gewand zurück,
das ihr eine dankbare Kundin geschenkt hatte. Sie hatte ganz
plötzlich die Tasche mit dem Gold gesehen, die der Sohn
der Frau im Hinterhof vergraben hatte, bevor er umgebracht worden
war, und sie hatte ihrer Kundin genau beschrieben, wo sie graben
sollte. Mignureal hatte keine Ahnung, wie das hatte geschehen
können. Es hatte bedeutet, in die Vergangenheit zu sehen, und der einzige, der wissen konnte, wo das Gold war, war ein
toter Mann. »Hexe!« hatte Hanse damals ausgerufen und so
getan, als würde er sich in Furcht vor ihr ducken. Das war eine
schöne Nacht gewesen. Davon hatte es viel zu wenige gegeben.
    Er widmete sich seinem Krug und der Schüssel, um die
Aussprache hinauszuzögern, die ihnen bevorstand.
    »Kann ich dir noch irgend etwas bringen, Liebling?«
fragte Mignureal. »Oh! Ich… ich habe… ich habe heute
überhaupt noch nicht für dich gekocht!«
    »Nein, ich habe alles, was ich brauche. Eigentlich bin ich
auch schon voll und sollte lieber aufhören.«
    Er stand auf und verschloß die Schüssel wieder mit
ihrem Deckel, da er nicht alles hatte essen können, was
Tiquillanshal ihnen mitgegeben hatte. Gegen die Wand gelehnt blickte
er Mignureal an.
    »Nachtschatten ist nicht ganz unsichtbar. Nicht immer. Letzte
Nacht hat ein Mann in einer Gasse gepinkelt, über die ich
gesprungen bin, und er hat mich gesehen. Ich hatte ihn nicht bemerkt.
Als ich zurückkam und du noch wach warst und mich angestarrt
hast, habe ich mich verunsichert gefühlt. Ich wußte nicht,
was ich tun sollte, und mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen
können. Ich habe nie eine Mutter gehabt, eine richtige, meine
ich, aber du warst wie eine Mama, die mich vorwurfsvoll anstarrte,
und da habe ich mich wie ein kleiner Junge gefühlt. Also bin
ich… weggerannt. Nein, warte. Laß mich erzählen. Ich
bin in eine Kneipe gegangen, die Springende Ziege heißt, und
habe getrunken. Aus diesem Grund bin ich in diese Kaschemme gegangen,
um zu trinken und alleine zu sein. Das ist es doch, was man sich
selbst einredet, wenn man sich in Wirklichkeit danach sehnt,
daß jemand da ist, der einen braucht. Aber dieser Mann war da,
und er hat mich wiedererkannt. Vier Männer kamen zu mir. Vier
Männer, die mich brauchten.«
    »O Hanse!«
    Er wandte den Blick ab, denn sie sah so aus, als müßte
sie gegen eine Kette ankämpfen, die sie festhielt, und als
wollte sie die wenigen Schritte zu ihm rennen. Nachdem sie sich die
Augen gewischt hatte, sah er sie wieder an. Zum erstenmal
wünschte er sich, ihr Gewand würde nicht diesen
firaqanischen ›Hals‹ausschnitt besitzen.
    Dann erzählte er ihr auch den Rest der Geschichte,
während er in der Küche stand, gegen die Wand gelehnt, und
sie in der Schlafzimmertür, in ihrem hübschen langen
Gewand, die Augen starr auf ihn gerichtet. Er erzählte ihr
alles, außer der Sache mit Janith. In ihren Augen glänzten
Tränen, bevor er zum Schluß kam:
    »Deshalb bin ich auch überhaupt nicht mehr hiergewesen,
bevor ich in den Basar gegangen bin, um dich abzuholen. Und
übermorgen nacht werde ich in Corstics Haus
einsteigen.«
    »Du… wirst es tun.«
    »Aye. Sie sind zu mir gekommen, als ich das brauchte. Ich
habe mein Wort gegeben. Ich werde gehen.«
    Ihr tiefer Seufzer ließ ihn die Augen schließen, weil
ihr Gewand so tief ausgeschnitten war. Sie wandte den Blick ab und
blinzelte.
    »Und jetzt keine weiteren Geheimnisse mehr«, sagte er.
»Ich habe heute eine wasserdichte Hülle gekauft und meine
schwarzen Sachen auf dem Dach

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