Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Rollen des leidenden Opfers und des hilflosen
Zuschauers zu vertauschen. Zusammen mit dem lächelnden Corstic
mußte der eingesperrte Kater zusehen, wie Shurina hilflos auf
demselben Bett lag, in dem sie sich mit Nuris Trost gespendet hatte;
»sich schamlos herumgewälzt hatte«, wie sich Corstic
ausdrückte. Nun fielen zehn Männer über die nackte,
weinende Frau her und mißbrauchten sie.
Jeder der Männer erhielt eine Silbermünze, nachdem er
Shurina vergewaltigt hatte, und verschwand wieder. Als sie alle
gegangen waren, ließen sie ein wundes und blutendes
Trümmerfeld von einer Frau auf dem Bett zurück.
Hämisch warf Corstic für jeden ihrer Vergewaltiger eine
Münze auf den bebenden Körper seiner Frau und fügte
noch eine für sich selbst hinzu. Dann überließ er sie
ihrem Elend und nahm den Kater mit. Obwohl er nicht befürchtete,
daß ein Tier etwas ausplaudern könnte, dessen Zähne,
Maul und Rachen so beschaffen waren, daß es auch durch
keinerlei Bemühungen eines Magiers in der Lage gewesen wäre
zu sprechen, wollte Corstic Nuris noch weiter zurechtstutzen. Nuris
sollte sich seiner selbst immer bewußt bleiben, doch nicht in
der Lage sein, wie ein Mann zu handeln, nicht einmal wie ein Mann im
Körper einer Katze. Er wurde zum Gefangenen in diesem
Körper. Er konnte ihn nicht steuern. Er war ein Kater.
Was die gemieteten Schänder anging, diese zehn Männer
hatten gewußten, was sie taten, und sie erinnerten sich daran.
Der einzige Bann, dem sie unterworfen waren, lag auf ihren Zungen;
sie würden niemandem jemals erzählen können, was sie
und Corstic getan hatten. Natürlich konnte das auch der Kater
nicht, der einmal Nuris gewesen war – nein, der die Essenz
von Nuris enthielt. Vor Angst oder Reue oder aus beiden
Gründen flohen einige der Männer aus Firaqa. Andere
blieben. Während die Zeit verging, gelangten einige zu
Wohlstand, wie es einigen immer gelingt, anderen dagegen nicht. Mit
anderen Worten, sie führten das, was das normale Leben normaler
Männer zu sein schien.
Corstic ließ Shurina mit ihrem Schmerz, ihrer Angst und
diesen Silbermünzen, die er als den Preis für ihren
Körper bezeichnete, tagelang allein. Er genoß das Wissen,
daß sie leiden mußte, körperlich und seelisch. Dann
übertrug Corstic das Ka seiner Frau in eine andere
Katze.
»Eine… gescheckte Katze«, murmelte Mignureal und
streichelte Regenbogen.
Niemand wußte, daß ihr Körper bereits entseelt
war, als Shurina aus einem hochgelegenen Fenster in Corstics
palastartigem Haus ›fiel‹. Natürlich zeigte Corstic in
der Öffentlichkeit große Trauer, aber jeder konnte sehen,
wie er darum kämpfte, seine Fassung zu bewahren. Man nannte ihn
tapfer.
Er hatte die Verschwörer besiegt, die er als Betrüger an
seiner Güte betrachtete, die darin bestanden hatte, daß er
ihnen Unterkunft gewährt und es geduldet hatte, daß sie zu
einem Teil seines Lebens geworden waren und unter dem Glanz seiner
Größe hatten leben dürfen. Er hatte ihre
Bewußtseine in den Körpern von zwei Katzen begraben und
ihre menschlichen Hüllen zerstört und in der Erde begraben.
Er hatte sie getötet, sie umgebracht… aber einen Teil
ihres Menschseins, ihrer Menschlichkeit bewahrt. Sie waren nicht
vollständig zu Katzen geworden, und doch waren sie weniger als
Menschen, die in Katzenkörpern gefangen waren.
Corstic hatte vor, sie als Haustiere zu behalten, Haustiere, die
er körperlich und geistig quälen, die er an frühere
Zeiten erinnern und verhöhnen konnte.
»Sie konnten fliehen.«
Hanse fuhr bei Mignureals gemurmelten Worten verblüfft herum.
Sie saß auf dem Boden und starrte blicklos vor sich hin,
während sie Regenbogen streichelte.
Hanse warf Wunder einen kurzen Blick zu, der die Augen fest auf
Malingasa gerichtet hatte. Wunder sah eindeutig hungrig aus. Hanse
betrachtete Regenbogen, die in Mignureals Schoß geblieben war,
seit diese Geschichte langsam abwechselnd von Malingasa und Mignureal
enthüllt worden war. Auch Regenbogen blickte den Mann auf dem
Fußboden aus bösen Augen an. Hanse sah wieder zu den
fünf silbernen Kaisermünzen hinüber. Sie lagen auf dem
Boden, wo sie die ganze Zeit gelegen hatten, während der
Befragung, Malingasas unvollständigem Bericht und der Worte, die
Mignureal in ihrer Trance gesprochen hatte, die noch
merkwürdiger war, als wenn sie gewöhnlich sah.
Die Katzen waren entkommen, hatte Mignureal gesagt.
Unglücklicherweise hatte man das, was einmal Nuris gewesen war,
als entlaufenes Tier
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