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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Magier mit der angeborenen Gabe der Vorahnung oder des
Hellsehens. Schon sehr bald kam Nuris zu der Überzeugung,
daß er mehr als nur das war. Zum Teil lag es an der Lehre
selbst, daß er sich vorschnell wie ein wertvoller und
fähiger Magier zu fühlen begann. Als Lehrling hatte er
unter einem bösartigen, stets höhnischen und nie
zufriedenen Mann zu leiden: dem Meistermagier Corstic. Nuris’
Fähigkeiten wuchsen, ohne daß ihm dafür Anerkennung
zuteil wurde, und so wuchs auch seine Unzufriedenheit und steigerte
sich zur Verbitterung.
    Die Frau seines Meisters mußte genauso leiden wie er, denn
Corstic war ihr gegenüber ebenso gemein und lieblos. Er war ein
Meister seiner Kunst und seines Könnens; ein großer und
mächtiger Mann, der noch mächtiger wurde. Der Tag
würde kommen, an dem er Firaqa beherrschen und Herr der Stadt
genannt werden würde. Die Ehre, seine Frau zu sein, sollte ihr
genügen.
    Natürlich genügte ihr das nicht, und bald empfanden sie
und der Lehrling Nuris Mitleid füreinander. Sie waren zwei
mißhandelte Menschen, die sich gegenseitig trösteten.
Dieses Verhältnis entwickelte sich weiter, ob sie es nun so
gewollt hatten oder nicht, und es dauerte nicht lange, da führte
es sie zusammen in ihr Bett. Wenn sie auch so ihre Probleme und
Sorgen nicht ganz vergessen konnten, konnten sie doch wenigstens sich
selbst und dem anderen ein wenig Freude bereiten.
    Das taten sie, mehrere Monate lang. Bis Corstic ihnen auf die
Schliche kam. Er mußte es schon einige Zeit gewußt haben,
bevor er zur Tat schritt, denn sein Plan war nicht einfach.
    Es fiel ihm nicht schwer, seine verängstigte Frau in ein
Zimmer des Herrenhauses einzusperren. Dort überließ er sie
sich selbst und vergrößerte ihre Angst noch, indem er ihr
so finster wie nur möglich erzählte, daß er sich
jetzt Nuris’ Schicksal annehmen würde. Was für
jämmerliche Fluchtversuche unternahm diese
erbarmungswürdige Frau doch! Shurina brach sich die
Fingernägel und prellte sich die Arme und den Körper, als
sie sich immer wieder gegen die Tür warf. Diese Fluchtversuche
brachten ihr nichts weiter ein als Schmerzen und Verzweiflung. Obwohl
sie als Corstics Frau ein paar Zaubertricks und sogar einige
Zaubersprüche gelernt hatte, hatte Shurina nicht die Kraft, sich
zu befreien oder ihren Ehemann zu beeinflussen, der sich durch seine
eigenen Schutzzauber gut abgesichert hatte.
    Sie konnte auch nichts für Nuris tun und sich nur fragen,
welches Übel ihr Mann dem armen Burschen zufügen
würde.
    Damit beschäftige sich Corstic gerade. Er hatte seinen Plan
bereits ausgearbeitet. Manche wildgewordenen Ehemänner brachten
den einen oder gleich beide der betrügerischen Liebhaber um. Ah,
aber Corstic war ein Hexenmeister! Wie konnten Menschen dafür
leiden, daß sie ihn in seinem Stolz derart beleidigt hatten,
wenn sie schlicht und einfach tot waren?
    (Hanse erschauderte, als er dies von Mignureal hörte –
es war unerklärlich, woher sie dieses Wissen besaß. Er
hatte erst vor Stunden Corstics Verteidigungsmaßnahmen und
seine Vergeltung erlebt. Was für ein eiskaltes Gemüt
mußte dieser Mann besitzen, was für ein Talent für
Verderbtheit und Grauen!)
    In seinem eigenen Zimmer sank der ahnungslose Nuris schon bald in
eine durch einen Zauber hervorgerufene Bewußtlosigkeit. Nun
löste Corstic das Ka des jungen Mannes aus dessen
Körper und nahm es gefangen, diesen unsichtbaren Lebensfunken,
den manche ›die Seele‹ nennen. Dieses menschliche
Bewußtsein hexte der Magier in einen Körper hinein, den er
schon vorbreitete und in einen Käfig gesperrt hatte: einen
ungewöhnlich großen roten Kater.
    Nachdem er den Käfig versteckt, den Körper seines
Lehrlings aber zurückgelassen hatte, der deutlich sichtbar
atmete, als stünde er lediglich unter Drogen, begab sich Corstic
zu seiner Frau. Er schleppte sie in Nuris’ Zimmer. Gefesselt
mußte sie hilflos zusehen, wie ihr Mann ihren Liebhaber
langsam, sorgfältig und blutig zerstückelte. Shurina hatte
keine Ahnung, daß ein Teil von Nuris, die reine Essenz seines
Seins, gerettet worden und im Körper eines Katers gefangen war.
Dieses Wissen hätte Corstics Freude an ihrem Grauen nur
geschmälert. Dann beseitigte der Magier auch noch
geschäftig alle Spuren des Mordes, denn er wußte,
daß es seiner gefesselten Frau noch mehr Qual bereiten
würde, wenn sie gezwungen war, dazubleiben und ihm zusehen zu
müssen.
    Der nächste Teil der Rache und Vergeltung des Hexenmeisters
bestand darin, die

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