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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Münzen.«
    Mignureal drehte sich sichtlich bleich um und ließ sich mit
dem Gesicht voraus auf das Bett fallen. Sie sagte kein Wort,
verharrte aber in dieser Haltung. Es hätte aufregend und
verführerisch auf Hanse wirken müssen, aber unter diesen
Umständen tat es das nicht. Als er den Geldbeutel und die
dreimal verfluchte Satteltasche ausgeleert hatte, waren
sämtliche Gedanken an Sex und Erotik aus seinem Kopf
verschwunden. Mignureal sah einfach elend aus. Er setzte sich zu ihr
auf das Bett und streichelte seiner Geliebten über den
Rücken. Ihr Körper zuckte. Hanse begriff, daß sie
weinte.
    Nach einer Weile zeigte sie ihm die Tafel und die verkürzte Liste der Namen:
     
ELTURAS
ESTANE
 
PERIAS
 
THUVARANDIS
     
    Mit einer zitternden Hand zeigte sie, daß Lallias’ Name
von der Liste verschwunden war. Aber der Zwischenraum, den er
eingenommen hatte, war immer noch da.
    Schwitzend und mit einer Gänsehaut am ganzen Körper
riß Hanse ihren Geldbeutel auf. Er enthielt lediglich zwei
Kupfermünzen.
    Er seufzte und starrte die Wand an, während er abwesend
Mignureals Rücken tätschelte.
    Diesmal gab es keine Frage. Beide hatten sie eine dieser Münzen in die Geldbeutel gesteckt, die sie erst heute
gekauft hatten, um sie offen sichtbar zu tragen. Eine dieser
Münzen – wahrscheinlich sogar beide – war in die
Satteltasche zurückgekehrt, wo sie aus irgendeinem Grund sein
›wollten‹, offensichtlich sein mußten. Lallias’ Name hatte auf der zusammenklappbaren Tafel
gestanden, bis er gestorben war. Da war sein Name auf
unerklärliche Weise verschwunden, und das gleiche war mit einer
der Münzen geschehen.
    Eine der Münzen war für Lallias, dachte Hanse. Oder sie repräsentierte Lallias. Sie ist verschwunden, wie
sein Name auf Sinajhals Liste. Dann mußte auch eine Münze
für Sinajhal dabeigewesen sein. Er war gestorben, und eine war
verschwunden. Und Mignureal mußte recht gehabt haben, auch sein
Name war von der Tafel verschwunden.
    Das war eine Erklärung, und es war immer gut, eine
Erklärung zu haben, wie es gut war, wenn man die Dinge benennen
konnte. Doch andererseits ließ diese Erklärung noch eine
Menge Fragen offen und trug nicht dazu bei, die Besorgnis, die Unruhe
und die schlichte Angst zu beseitigen.
     
    Es wurde keine gute Nacht für Liebende. Sie hatten zu viele
Sorgen, und so redeten sie zuviel und taten zuwenig. Was noch
schlimmer war, während Hanse sich noch laut sorgte und über
seine Überlegungen sprach, sank Mignureal in den Schlaf. Die
Spannung, die er sich von der Seele hatte reden wollen, kehrte noch
schlimmer zurück. Und nun gesellte sich auch noch Ärger
dazu, und Hanse fühlte sich verletzt.
    Er war nicht gerade guter Laune, als er kurz nach Sonnenaufgang
erwachte. Er stand sofort auf und saß bereits auf der Bettkante
und zog sich die Stiefel an, als Mignureal schlaftrunken
süße Geräusche von sich gab und sich regte. Ihre Hand
berührte seinen Rücken. Hanse zog sich weiter an.
    »Oh!« machte sie und setzte sich schnell auf. Da sie
nackt war, war das ein Anblick, den Hanse gerade jetzt nicht sehen
wollte. »Der Mann, der wegen der Pferde kommt –
Anorislas«, fügte sie hinzu und sprang eilig aus dem
Bett.
    Auch Hanse stand auf. »Paß auf die Katzen auf,
ja?« sagte er beiläufig. »Ich werde so schnell ich
kann mit guten Nachrichten und einem Eimer voll Silber
zurückkommen.«
    »Oh«, sagte sie mit leiser, enttäuschter Stimme.
»Ich… aber ich… du meinst, du willst
einfach…«
    Sie verstummte, denn Hanse hatte das Zimmer bereits verlassen. Und
er hatte sie nicht einmal angesehen. Es war nicht das erstemal,
daß er sie zum Weinen brachte, aber es war das erstemal,
daß er es mit absichtlicher Grausamkeit getan hatte.
     
    Natürlich fand Hanse Khulna und Chondey bereits auf den
Beinen vor, und sie reagierten nicht im mindesten überrascht,
daß er auch schon auf war. Er aß abwechselnd einen Bissen
Würstchen und Pfirsich, als Anorislas hereinkam. Hanse tat so,
als sei er bei normaler Laune, und kurze Zeit später gingen sie
zu Khulnas Stall. Blödarsch begrüßte sie mit seinem
üblichen Geschrei in voller Lautstärke.
Merkwürdigerweise war es der große Graue, der wieherte und
Hanse seine Nüstern entgegenstreckte.
    Hanse verlor kein Wort darüber, welche Pferde er behalten
wollte, während Anorislas sie untersuchte, und so trennte der
Mann, der sich mit Pferden auskannte, natürlich sofort Inja von
den anderen. Das verbesserte Hanses Stimmung nicht gerade

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