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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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jetzt ein Nickerchen machen.«
    Sie beobachtete ihn, wie er schwankend aus dem Salon ging. Der Vorfall mit dem Diadem, dachte sie bei sich, scheint ein Wendepunkt gewesen zu sein, und vielleicht hat dieser bei ihm die Angst ausgelöst, die Kontrolle über mich zu verlieren. Das würde dann auch seine Bemerkung erklären, die Hochzeit so bald wie möglich stattfinden zu lassen.
    Alles Übrige jedoch, sein untypisches Verhalten hinsichtlich der Sheridan-Veranstaltung und diese seltsame Bemerkung darüber, dass Rafe ihn kaum grüßte - sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
    Während sie sich all diese Eindrücke durch den Kopf gehen ließ, durchquerte sie abwesend den Raum, um das Licht auszuschalten, was Paul vergessen hatte. Etwa auf halbem Wege zum Schreibtisch fiel ihr aus dem Augenwinkel heraus etwas auf, das auf der Schreibunterlage lag. Noch bevor sie erkennen konnte, um was es sich handelte, wurde ihr schon klar, dass Paul das Licht nicht vergessen hatte - es war bewusst geschehen, damit sie dies hier sehen konnte.
    Sie beugte sich näher herunter und zitterte am ganzen Körper, nachdem sie erkannte, was dort lag. Sie und ihre dumme, dumme Achtlosigkeit. Diese kleinen, zerrissenen und sorgfältig auf einen Bogen Briefpapier aufgeklebten Papierstückchen waren von ganz unten aus dem Abfalleimer der Eingangshalle herausgefischt worden: Es war der Brief aus Stephen Breaux’ Kanzlei.
    Innerhalb eines Herzschlages fühlten ihre Beine sich schwach an, und sie musste sich in den Stuhl setzen, der noch von Pauls Körperwarm war. »Heilige Maria«, flüsterte sie, zu bestürzt, um überhaupt Angst empfinden zu können.
    »Ich könnte schwören, dass das keine Haare sind, sondern persische Seide«, erging Rose sich in Lob, und ihr Tonfall war genauso übersprudelnd wie ihre Stimmung. Sie kämmte mit einer Haarbürste das dunkelbraune Haar Mysteres und bewunderte seine mahagonifarbenen Schattierungen an den Stellen, wo das Sonnenlicht des späten Nachmittages es durchtränkte.
    Mystere schaute einen Moment in den Schminkspiegel und traf dort mit Roses Augen zusammen. Sie bedankte sich lächelnd für das Kompliment. Die gute Stimmung der älteren Frau hatte zwei Abende zuvor begonnen, und zwar als Rafe angerufen und Rose seine Nachricht entgegengenommen hatte.
    Rose kannte Mystere inzwischen gut und konnte manchmal sogar ihre Gedanken lesen.
    »Oh, ich weiß«, beichtete sie, während sie das Haar geschickt zusammenband und ein schwarzes Netz darüber zog. »Aber das Leben hier ist normalerweise ziemlich unromantisch. Jetzt, da dein vornehmer Herr regelmäßig bei uns anruft, ist es viel aufregender. Das ist schon fast eine richtige Liebesgeschichte.«
    Eine richtige Liebesgeschichte... der grausame Schwindel dieser Worte beeinträchtigte ihr Lächeln, aber Mystere brachte es nicht übers Herz, Roses gehobene Stimmung zu dämpfen. »Du scheinst Rafe Beiloch zu mögen«, war alles, was sie sagte.
    »Er ist gefährlich gut aussehend«, kicherte Rose, »und man sagt, dass seine Vergangenheit furchtbar romantisch und traurig ist.«
    »Warum? Was hast du über ihn gehört?«
    »Nun, da ist... man sagt, dass er noch ein Kind war, vielleicht in Hushs Alter, als sein Vater das Familienvermögen verlor - irgendeine Fehlspekulation bei den ausländischen Banken oder so was in der Richtung. Der alte Mann, sagt man, hat sich eine Kugel durch den Kopf gejagt, nachdem er von Mrs. Astors Gesellschaft auf furchtbare Weise geschnitten worden war. Ihm drohte eine Gefängnisstrafe wegen seiner Schulden, und nicht einer von ihnen wollte ihm auch nur einen Cent leihen. Ich nehme an, er konnte diese Schande nicht ertragen.«
    »Ja«, sagte Mystere. Sie war erstaunt, dass die Version, die durch die Gerüchteküche in Umlauf gebracht worden war, mehr oder weniger mit der übereinstimmte, die sie kannte.
    »Aber wir dürfen nicht ewig an alten Wunden lecken«, betonte Rose und weigerte sich schlichtweg, ihre fröhliche, hoffnungsvolle Stimmung aufzugeben. »Ich weiß, dass dir alles so furchtbar kompliziert vorkommt, Süße. Aber jedes Ding muss in der Tat mal ein Ende haben.«
    Rose wandte sich ab und fing an, vor sich hinzusummen, als sie Mysteres Kleid aus Seide und Spitze für den Abend ausbreitete und es einer abschließenden Kontrolle auf Makel hin unterzog.
    Mystere wurde plötzlich wütend auf sich selbst. Wenn Roses Stimmung durch die Aussicht auf eine Heirat - eine grandiose Heirat, wie sie sie genannt hatte - neu beseelt worden

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