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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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Baylis, die Kutsche herauszuholen, und sie bemerkte kaum, dass die ersten dicken, prasselnden Regentropfen fielen. Als es dann richtig anfing zu regnen, bereute sie es, keinen Regenschirm mitgenommen zu haben.
    Ihr Brief zumindest war sicher in ihrer ledernen Handtasche.
    Während der Fahrt zur Wall Street versuchte sie, sich ein wenig besser zurechtzumachen, aber trotz der milden Morgentemperatur zitterte sie. Es war nicht nur die feuchte Luft, die sie frieren Heß. Der Balanceakt, den sie seit einiger Zeit vollführte, war unendHch viel gefährlicher geworden. Wenn ihr Besuch bei den Anwälten irgendwie an die Öffentlichkeit geraten würde, so könnten die Konsequenzen katastrophal sein. Paul, der stets unberechenbar war, war zu jeder verzweifelten Tat fähig, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte. Und wenn Caroline auch berechenbarer war, so war sie doch auf keinen Fall weniger gefährlich.
    Der Regen Heß nach, als die Kutsche auf der Wall Street in östliche Richtung fuhr und sich dem Fluss näherte. Es gelang ihr jedoch nicht, die Erinnerung an Caro li nes Augen abzuschütteln, die wie neuer, harter Stahl gefunkelt hatten, als sie Rafe und Mystere ihren schrecklichen Verdacht mitzuteilen schien, dass nämlich auch sie die Wahrheit über die wahre Identität der Lady Moonlight erraten hatte.
    Wie oder warum sie es erraten hatte war nun irrelevant, obwohl Mystere den Verdacht hatte, dass es mit dieser schockierenden Szene in Rafes Salon begonnen hatte. Caroline musste das verblüffende Rätsel um Mysteres Brustwickel gelöst haben, und diese Spur hatte sie dann weiter verfolgt. Carolines unvermeidliche Schlussfolgerung musste sein, dass Paul der führende Kopf eines großen Schwindels war.
    Mit ihrer durch endlose Überlegungen entstandenen Weisheit hatte Caroline bisher kein äußerliches Zeichen einer Spannung zwischen sich und Paul erkennen lassen. Mystere wusste jedoch, dass das lediglich kosmetische Gründe hatte - sie wollte die Ehrbarkeit der alten Garde retten. Paul würde gesellschaftlich geschnitten werden, aber voraussichtlich nicht vor der Hochzeit, die Caroline unbedingt erzwingen wollte. Da Mrs. Astor sich selbst für die Rillieux’ engagiert hatte, konnte diese Art von Skandal sie und die >oberen Vierhundert für immer besudeln.
    Und darin, sagte Mystere zu sich selbst, lag die größte Ironie von allem. Denn Rafe plante, genau solch einen Skandal anzuzetteln - er plante außerdem, mit Caroline in einem letzten Todeskampf die Klingen zu kreuzen - und es hatte den Anschein, als hätte Caroline angefangen, seine wahren Absichten zu erahnen.
    »Commerce Building, Lady«, verspottete Baylis sie, und Wasser schwappte auf, als das Gefährt am Randstein anhielt.
    Sie erlaubte ihm, hinunterzusteigen und ihr auf den Gehweg zu helfen. Während sie durch und durch nass wurde, wandte sie ihr Gesicht dem vierstöckigen Bürogebäude mit seinen Spitzbogenfenstem und Wasserspeiern im gotischen Stil zu.
    Ihre Beine weigerten sich zunächst, die erste Marmorstufe zu betreten. Sie konnte den Verdruss der Menschen auf dem geschäftigen Gehweg spüren, die dadurch gezwungen waren, um sie herumzusteuem.
    »Für Bram«, flüsterte sie, und durchnässt und verängstigt fand sie die Kraft, die Treppe hinaufzueilen.
     
    »Und was geht Sie das an?«, fragte der Mann mit strenger Miene, nachdem er schließlich an den Schalter gekommen war, um mit ihr zu sprechen, »ob Mr. Sheridans Anwalt zu sprechen ist oder nicht?«
    Dieser Mann war um die dreißig und besser gekleidet als das halbe Dutzend Büroangestellter mit Augenblenden und Ärmelhaltern, die in dem großen Zentralbüro hinter dem Schalter beschäftigt waren. Überall um sie herum klingelten und klapperten Schreibmaschinen, und sie musste lauter sprechen, damit man sie überhaupt verstehen konnte.
    »Sind Sie ein Anwalt?«, fragte sie höflich, denn er hatte nicht einmal den Anstand gehabt, sich vorzustellen.
    »Das geht Sie überhaupt nichts an«, fuhr er sie an, und sie bemerkte, dass sein Spitzbart ihn wie einen Teufel aussehen ließ. »Geben Sie einfach nur Ihr Anliegen an, aus dem Sie hier sind.«
    Ihre nasse Kleidung machte es schwierig für sie, ihr Zittern unter Kontrolle zu halten. Nun war tatsächlich die Zeit gekommen zu sprechen, und sie kam sich ausgesprochen lächerlich vor.
    »Ich versuche herauszufinden«, antwortete sie so tapfer sie konnte angesichts der Tatsache, dass Baylis außer Hörweite am anderen Ende des Raumes auf sie wartete, »ob

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